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Wo Katholiken zu Allah beten: Malta ist das katholischste Land Europas

Ein Hintergrundbericht stellt uns das „katholischste“ Land der EU und seine reiche christliche Vergangenheit vor.  
Europäische Kulturhauptstadt 2018 - Valletta
Foto: Stephen Busuttil (dpa) | Eine Videoprojektion an der Kirche des Heiligen Johannes zeigt ein Malteserkreuz am 20.01.2018 zum Start Vallettas (Malta) in das Kulturhauptstadt-Jahr 2018.

Seit 2004 ist Malta Mitglied der EU, das kleinste Land der Europäischen Union, denn mit seinen 525.000 Einwohnern (Stand: 2020) auf nur 316 Quadratkilometern ist es noch kleiner als Luxemburg, das 632.000 Einwohner hat und eine Fläche von 2.586 Quadratkilometern. Mit 1.447 Einwohnern pro Quadratkilometer ist aber die Republik Malta das am dichtesten bevölkerte Land der EU, weit vor den Niederlanden (416 pro qkm), Belgien (384 pro qkm), Großbritannien (270 pro qkm) und Deutschland (225 pro qkm).

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Obwohl die Zahl der Touristen auch aus Deutschland zunimmt und Malta zu Jahresbeginn 2008 den Euro anstelle des maltesischen Pfundes einführte, ist die Insel im Bewusstsein der Europäer ein unbekanntes Land geblieben. Auch die europäischen Christen wissen kaum, dass Malta das Land mit dem höchsten Prozentsatz an Katholiken in Europa ist.

Einmalige Kultur

Malta ist in vielerlei Hinsicht interessant, ja einmalig. Seine Kultur ist die älteste in Europa, denn die Megalith-Tempel auf der Hauptinsel und auf Gozo, die in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes eingetragen sind, reichen 1000 Jahre weiter zurück als die ägyptischen Pyramiden. Die Sprache der Malteser ist semitisch, ja fast ein arabischer Dialekt, der in Lateinschrift geschrieben und gedruckt wird.

Aber Malta ist auch das am meisten katholische Land der Europäischen Union und in Hunderten von Kirchen wird zu Alla gebetet, denn das arabische Wort Allah ist die Gottesbezeichnung für die Christen Maltas. Wenn heute kleinkarierte, weil kleingläubige europäische Christen in Ermangelung anderer Argumente gegen den Islam gerne behaupten, der Allah der Muslime sei nicht der eine wahre Gott, sollte man nicht nur an die Aussage des Zweiten Vatikanums, sondern auch an das Beispiel Maltas erinnern. Maria ist dort die Mutter Allahs, bei der Messe heißt das Lamm Gottes Lamm Allahs.

Der Herrgott ist Sultan Alla oder auch Sinjur Alla.

Im Glaubensbekenntnis beten die gläubigen Malteser:
Alla min Alla
Alla veru min Alla veru.
Gott von Gott, wahrer Gott vom wahren Gott.

Das oft gebrauchte arabische „Allah akbar“ (Gott ist groß), heißt in Malta: „Kbir Alla“.

Wer das Glück hatte, im Theologiestudium noch Hebräisch zu lernen, wird in Malta echte Erfolgserlebnisse verbuchen, wenn er sich mit der Sprache befasst. Im maltesischen Wort Knisja für Kirche, steckt das hebräische Knesset, nur ist in Malta der Versammlungsort das Gotteshaus, in Jerusalem aber das Parlament. Wer Hebräisch kann, wird in Santa Maria Omm Alla (Muttergottes), Kull (jeder), Qaddis (heilig), o lejl ta‘ skiet (Stille Nacht), ruh, (Seele), ibn (Sohn) und in vielen anderen Worten die semitischen Wurzeln finden, wie in sorpriza, indipendenza, impossibile, responsabbilita, skola, oder teatru die lateinisch-italienischen Entsprechungen.

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Reiche Geschichte

Die Bevölkerung der Inseln, die seit 3600 vor Christus aus gewaltigen Quadern bis zu zehn Tonnen Gewicht ihre Tempel türmte, ist verschwunden. Die seefahrenden Phönizier gaben der Hauptinsel den heutigen Namen, Melita, das „Zuflucht!“ hieß und sicherer Hafen bedeutet. Tatsächlich ist der Hafen von Malta der größte Naturhafen des Mittelmeeres. Römer und Byzantiner, dazwischen auch die Vandalen, waren hier, dann die Araber und Normannen. Es waren aber zwei Ereignisse, die in Malta Weltgeschichte machten: Im Jahre 60 nach Christus strandete hier das Schiff, das den heiligen Paulus nach Rom brachte und 1530 schenkte Karl V. die Inselgruppe dem seit dem Verlust von Rhodos heimatlosen Johanniterorden

Der heilige Apostel Lukas, der Paulus begleitete, schreibt in der Apostelgeschichte über den Schiffbruch: 
„Als wir gerettet waren, erfuhren wir, dass die Insel Malta hieß. Die Eingeborenen erwiesen sich uns gegenüber außerordentlich menschenfreundlich. Wegen des strömenden Regens und der Kälte zündeten sie ein Feuer an und holten uns alle heran. Paulus raffte ein Bündel Reisig zusammen und warf es in das Feuer. Da schnellte infolge der Hitze eine Natter heraus und hing sich an seine Hand.

Sobald die Eingeborenen das Tier an seiner Hand hängen sahen, sagten sie zueinander: ‚Dieser Mensch ist gewiss ein Mörder. Er ist zwar dem Meer entronnen, aber die Gerechtigkeit lässt ihn doch nicht am Leben‘. Doch er schüttelte das Tier ins Feuer, ohne Schaden zu nehmen. Die Leute erwarteten, er werde anschwellen oder plötzlich tot niedersinken. Lange warteten sie. Als sie sahen, dass ihm kein Leid widerfuhr, kamen sie zu anderer Ansicht und meinten, er sei ein Gott. (Kap.28, Vers 1-10). 
Für die Malteser ist dieses Ereignis das wichtigste Datum ihrer Geschichte: Die Einführung des Christentums. Paulus ist Patron des Landes. Das Fest Pauli Schiffbruch ist staatlicher Feiertag; der von Paulus getaufte Publius ist ein Nationalheiliger.

Schenkung des Kaisers

Die Schenkung Kaiser Karls V. brachte dem Johanniterorden den neuen Namen Malteserorden ein.Der Orden hatte wie die anderen Ritterorden nach dem Ende der Kreuzzüge das Heilige Land verlassen müssen und ging über Zypern nach Rhodos, das er bis 1522 heldenmütig gegen alle islamischen Angriffe verteidigte, ehe ihm Sultan Soliman der Prächtige Rhodos entriss. Zwar eroberte Soliman auch Belgrad, Bosnien und Ungarn, aber seine Flotte scheiterte bei dem großen mehrmonatigen Angriff und der Belagerung Maltas.

Die Ritter hielten Malta 268 Jahre, bis sie Napoleon von dort vertrieb. Auf die Franzosen folgten die Engländer, für die Malta bis zu seiner Unabhängigkeit 1964 britische Kronkolonie war. Seit 1798 ist der Malteserorden ohne ein Staatsgebiet, aber ist weiterhin souverän und hat eigene Botschaften in Dutzenden von Staaten, darunter auch in Prag, Preßburg und Budapest.

Malteser auf Malta

Als der Orden 1530 die ersten Ritter zur Inspektion nach Malta schickte, schrieben diese an den Großmeister, dass die Inseln nur Steinhaufen seien. Trotzdem bauten die Johanniter die Inseln als Stützpunkt aus. Damals hatte Malta nur 12.000 Einwohner, die Insel Gozo 5.000. Hundert Jahre später waren es über 50.000. Der Orden ließ sich zunächst an der Ostküste des Großen Hafens nieder, in Birgu, das heute Vittoriosa, „die Siegreiche“, heißt.

Der Name war verdient, denn 1565 landeten die Türken mit einer Riesenflotte, berannten die seit 1530 erbauten Festungen und Forts monatelang und mussten geschlagen abziehen. Die „Große Belagerung“ ist seitdem der Stolz des Ordens und aller Malteser. Sofort nach dem Abzug der Belagerer ging der Großmeister La Valette an den Aufbau und Ausbau. Gegenüber von Birgu wurde eine neue Hauptstadt geplant und in wenigen Jahren errichtet, die bis heute den Namen des Großmeisters trägt: Valletta.

Der Ausbau war nur möglich, weil Europa als Dank für die Verteidigung des Abendlandes Geld und seine Söhne schickte. Der vornehmste Adel war im Orden vertreten, gegliedert nach Landsmannschaften bzw. „Zungen“, also Sprachen der Italiener, Franzosen, Deutschen, aber auch solche der Provence und der Auvergne, von Kastilien, Aragon und Portugal und seit 1792 sogar eine Englisch-Bayerische. Ihre Zentren waren die „Herbergen“, eine Kombination von Kaserne und Kloster.

UNESCO-Weltkulturerbe und lebendige Kirche

Gemessen an der Zahl der Einwohner und dem kleinen Staatsgebiet hat Malta einiges an UNESCO-Weltkulturerbe, nämlich die Altstadt von Valletta, die Tempel von Ggantija und das Hypogäum von Hal-Saflieni. Malta hat auch bezogen auf die Einwohner die meisten und größten Kirchen nicht nur Europas, sondern sogar der Welt, darunter einige mit Kuppeln, die zu den größten der Welt gehören.

Viel Tourismus

Städte wie Valletta, Medina oder Victoria (auf Gozo) ziehen viele Touristen an. Malta hat auch Strände für die vielen Sonnenhungrigen. Aber es kommen auch viele Menschen als Pilger. Sie beten am großen Marienheiligtum Ta Pina auf der Insel Gozo und an den Stätten, die an den Völkerapostel Paulus erinnern, in den Hunderten Kirchen der beiden Inseln. Die Hauptinsel Malta ist ein Erzbistum, Gozo ein Bistum.

Das Erzbistum Malta auf der Hauptinsel hat bei 426.000 Einwohnern 380.000 Katholiken, die in 70 Pfarreien von 270 Diözesanpriestern und 348 Ordenspriestern betreut werden. Auf einen Priester entfallen nur 615 Katholiken. An weiteren geistlichen Berufen hat die Insel 772 Ordensschwestern und 424 Ordensbrüder.  

Das erst 1864 gegründete Bistum Gozo, das die gesamte kleine Insel umfasst, hatte auf 67 Quadratkilometern bei 31.446 Einwohnern 28.000 Katholiken, was einem Prozentsatz von 89 Prozent entspricht. Hier hat Bischof Anthony Teuma 15 Pfarreien mit 144 Diözesanpriestern, denen noch 15 Ordenspriester zur Seite stehen, so dass auf einen Priester 176 Katholiken kommen.

Mariologischer Kongress

Auf der Insel arbeiten noch 23 Ordensbrüder und 95 Ordensschwestern.  Auf Gozo liegt auch das Marienheiligtum Ta’Pinu, das 2008 sein 125-jähriges Bestehen feierte. Damals hörte eine Frau aus dem Dorf Gharb bei der alten Kapelle die Stimme der Muttergottes und erlebte die Heilung ihrer schwerkranken Mutter. Als die kirchlichen Behörden das Geschehen als übernatürlich anerkannt hatten, begann man 1920 mit dem Bau der neuen Kirche, die 1932 eingeweiht und im gleichen Jahr von Papst Pius XI. zur Basilika erhoben wurde.

Der neoromanische Bau ist mit Mosaiken und farbigen Fenstern geschmückt und wird von einem Glockenturm mit einer Höhe von 61 Metern überragt. Ein Kreuzweg mit lebensgroßen Marmorfiguren führt auf einen Hügel mit einem Gebetsplatz in Form eines griechischen Theaters.

Zur 100-Jahrfeier der Erscheinung lud Malta 1983 zu einem Marianischen und Mariologischen Kongress ein. Es kamen Mariologen aus der ganzen Welt, aber es zeigte sich, wie die marianische Weltkarte sprachlich anders strukturiert ist als die politische Weltkarte. Neben Sprachgruppen in den Weltsprachen wie Englisch, Französisch, Spanisch und Italienisch gab es auch eine polnische und eine kroatische Sprachgruppe bei den Vorträgen und Diskussionen. Als Papst Johannes Paul II. 1990 Malta besuchte, war er als Pilger auch in Ta’Pinu.

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Viele Kirchen

Die Zahl der großen Kirchen auf den Inseln geht in die Hunderte. Das Dorf Xewikija auf Gozo besitzt eine Kuppelkirche, die mit 75 Metern Höhe die dritthöchste Kuppel Europas ist und von den 3.000 Dorfbewohnern erst nach dem Zweiten Weltkrieg erbaut und finanziert wurde. Auf der Hauptinsel ist die Kuppel der Kirche von Mosta nicht ganz so hoch, aber ihr Durchmesser beträgt 52 Meter!

Alle Dörfer, Städte und Pfarreien feiern ihre Heiligen mit Kirchweihfesten, Prozessionen und mit Feuerwerken, auf die manchmal sogar der Flugverkehr Rücksicht nehmen muss. Zwei arbeitsfreie Feiertage werden in der Republik zu Ehren des heiligen Paulus begangen: Am 29. Juni als Fest der Apostelfürsten Peter und Paul und am 10. Februar das Fest des Schiffbruchs des heiligen Paulus.

Schiffbrauch Pauli

Außer Paulus wird der von ihm getaufte Publius, der in der Apostelgeschichte genannt wird, sehr verehrt und gilt als erster Bischof Maltas. Viele Kirchen und Kapellen erinnern an Paulus. So ist die Pfarrkirche in St. Paul’s Bay ihm geweiht. Auf der größeren der St. Paul’s Islands mit dem maltesischen Namen Selmunett steht eine zwölf Meter hohe Statue des Apostels aus weißem Marmor. In der alten Inselhauptstadt Medina steht die barocke Kathedrale Petrus und Paulus, in der Apsis ist das Fresko „Pauli Schiffbruch“ zu sehen, als Altarbild die Bekehrung des hl. Paulus.

Auch in Rabas steht eine Paulus-Kirche, deren Altarbild zeigt, wie Paulus die Schlange ins Feuer schleudert. In die Kirche integriert ist eine Publius-Kapelle mit einer Paulus-Reliquie. Unter der Kapelle wird eine Paulus-Grotte gezeigt, in der Paulus Publius zum Bischof geweiht haben soll. Auch die größten der verschiedenen Katakomben von Rabat sind nach Paulus benannt. 

Statthalter Publius

In Valletta ist die Kirche St. Paul’s Shipwreck sehenswert, eine der bedeutendsten Kirchen Maltas, die Lorenzo Gafa erbaute, dessen Brüder Melchior 1657 die Paulus-Statue schnitzte. Auch die Anglikanische Kathedrale aus dem19. Jahrhundert ist Paulus geweiht. In Florina, einem Vorort Vallettas, finden wir eine große Publius-Kirche. Lokale Traditionen der Malteser erzählen, dass Paulus beim Dorf Bur Marrad bei der heutigen Kapelle „St. Paul Milqi“ („Der hl. Paulus ist willkommen“) zum ersten Male Publius den Statthalter traf.

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