München / Ettal

Ein inklusives Camp

Beim Malteser Sommerlager im Kloster Ettal kamen 500 Menschen mit und ohne Behinderung zusammen - so macht soziales Engagement Spaß und Sinn.
Großmeister des Malteserordens, Giacomo Della Torre del Tempio di Sanguinetto.
| Keine Angst vor menschlicher Nähe: Großmeister des Malteserordens, Giacomo Della Torre del Tempio di Sanguinetto.

Immer mehr Menschen verlassen die Theatinerkirche am Münchner Odeonsplatz. Sie alle tragen die gleichen T-Shirts in roter oder grüner Farbe, schlängeln sich einmal quer durch die Münchner Innenstadt. Viele Rollstuhlfahrer sind unter ihnen, Menschen, die Englisch sprechen und Deutsch, Spanisch und Arabisch. Sie singen und jubeln, haben gute Laune, verbreiten eine positive Stimmung. Die 500 jungen Erwachsenen gehören zum „Internationalen Malteser Sommerlager“ (IMS), einem vom Malteserorden getragenen Sommerlager, an dem Menschen mit und ohne Handicap teilnehmen können.

Das weltweit größte Sommerlager dieser Art

Dieses Sommerlager – kurz auch einfach Maltacamp – fand in diesem Jahr zum 36. Mal statt. Die jungen Menschen treffen sich immer in wechselnden Gastgeberländern, um miteinander Spaß zu haben und eine gute Zeit zu verbringen. Das Besondere daran: Es handelt sich dabei um das weltweit größte Jugendlager für Menschen mit und ohne Behinderung. In diesem Jahr fand das Maltacamp in Deutschland statt; knapp 500 junge Erwachsene aus 26 Ländern kamen in die Benediktinerabtei nach Ettal. Das Maltacamp wird vom Malteserorden veranstaltet und von der Gemeinschaft junger Malteser (GjM) organisiert. Hauptverantwortliche dafür war Amelie von Aulock aus München. Sie fasst das Anliegen des Maltacamps zusammen: „Uns ist es wichtig, mit dem Maltacamp zu zeigen, wie Inklusion funktionieren kann.“ Es gehe darum, den Blick für die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung zu schärfen und Aktionen möglich zu machen, die im Alltag der Gäste kaum möglich sind.

Menschen mit und ohne Behinderung verbringen die Woche gemeinsam. 23 Länder entsandten ein Team nach Deutschland – die Teilnehmer kamen aus den USA und aus Albanien, aus der Schweiz und der Ukraine. Jedes Team bringt Gäste und Helfer mit, Menschen, die wegen ihres Handicaps Unterstützung brauchen, und Teilnehmer, die eben diese Hilfe gewährleisten.

Daneben waren knapp 100 Ehrenamtliche vor Ort für den reibungslosen Ablauf zuständig. Die Räumlichkeiten von Schule und Internat in Ettal mussten für Rollstuhlfahrer zugänglich gemacht werden, täglich mussten 1 500 Mahlzeiten auf den Tisch gebracht und Busse koordiniert werden. Ein Team von sieben Ärzten kümmerte sich allein um die medizinische Versorgung der Teilnehmer. Neben dem Besuch in München war das Maltacamp auch geschlossen auf der Insel Herrenchiemsee. Zwei der sieben Tage waren für ganz verschiedene Aktionen reserviert. Eine Gruppe etwa hatte die Gelegenheit, einen Gleitschirmflug zu probieren. Brendan aus Großbritannien war beim Raften: Auf einem Gummiboot fährt man schnell einen wilden Fluss entlang.

„Ich komme gerne hierher zum Maltacamp, um alle meine Freunde zu sehen und neue Freunde kennenzulernen“, sagt er. Vor mehr als zehn Jahren war er zum ersten Mal beim Sommerlager dabei. Tony Sader aus dem Libanon war in der BMW-Welt in München – und hat es sehr genossen; vor allem die elektrischen Autos haben es ihm angetan. Dazu kamen Ausflüge zum Schloss Linderhof, in das Passionsdorf Oberammergau, in die Allianzarena oder auf die Zugspitze.

Für jeden der Gäste war beim breiten Programm des Camps etwas dabei. Constanze Schmidt war zum zweiten Mal als Helferin dabei, ihr Gast war Milena Velkovska aus Bulgarien. Da es beim Maltacamp in diesem Jahr kein eigenes bulgarisches Team gab, konnte sie bei den Deutschen mitfahren. Milena hat Schwierigkeiten mit dem Gehen, ihre Begleiterin Constanze stand ihr helfend zur Seite. Milena hat die Woche sehr genossen: „Ich finde es toll, dass wir hier Dinge erleben könne, die wir sonst nicht tun können – etwa auf einem Kamel zu reiten oder Cabrio zu fahren.“ Viel Spaß hatte auch Gratian Loë. Als Helfer war er im deutschen Team dabei, es war sein erstes Mal bei einem der Maltacamps. „Es ist toll, wie man sich hier um die Gäste kümmert. Jeder darf hier sein, wie er ist.“ Viele seiner Freunde hatten vom Maltacamp geschwärmt, so wollte auch Gratian einmal dabei sein. „Es hat sich toll angehört und ich habe es einfach auf mich zukommen lassen. Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht“, sagt er.

Spiritualität der Malteser: Hilfe für jeden

Weltkirche pur: Maltacamp
| Weltkirche pur: Im Maltacamp geht es international zu.

Die Idee des Maltacamps entspringt der Spiritualität des Malteserordens. Weder die Konfession der Gäste noch ihre Herkunft oder ihr Geschlecht spielen irgendeine Rolle. Wer Hilfe braucht, soll sie auch erhalten. Für die Campteilnehmer spielt dabei der gelebte Glaube eine große Rolle: Am Anfang der Woche stand ein großer Eröffnungsgottesdienst, dem Abt Barnabas vom Benediktinerkloster Ettal vorstand, am Ende feierten die Teilnehmer ebenfalls die heilige Messe. Am Mittwoch feierten alle Teilnehmer des Malteser Sommerlagers die Messe in der Münchner Theatinerkirche, bevor es zum Mittagessen und Führungen durch die Innenstadt ging.

Am Abend versammelten sich die 500 jungen Erwachsenen in Ettal noch einmal in der „silent night“ zur eucharistischen Anbetung vor dem Allerheiligsten. Jedes nationale Team wurde von seinem eigenen Priester begleitet und konnte so täglich die heilige Messe feiern. Viele Gruppen begannen ihren Tag zudem mit einem gemeinsamen Morgengebet.

Auch deshalb war der Austragungsort bei den bayerischen Benediktinern ideal. Abt Barnabas Bögle freute sich besonders über die vielen Gäste in seinem Kloster: „Gastfreundschaft ist ein wesentliches Kennzeichen für einen Jesus-Jünger. Die Benediktiner gehören zu diesen Jesus-Jüngern. Für uns ist es eine ganz großartige Sache, dass mit dem Maltacamp so viele junge Menschen bei uns zu Gast sind.“

Die Organisatoren des Camps wollten ein Zeichen setzen: Menschen können miteinander Spaß haben und Freundschaften schließen, unabhängig davon, ob sie mit einer Behinderung leben oder nicht. Das soll auch eine Botschaft an die Gesellschaft sein. Es braucht verstärkt Menschen, die den Blickpunkt behinderter Menschen einnehmen können, die verstehen, was die speziellen Bedürfnisse von Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung sind. Wer das gelernt hat, kann Grenzen sprengen, Trennungen zwischen den Menschen überwinden. Und vor allem kann er tun, was das Ziel des Sommerlagers war: Unmögliches möglich machen.

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