Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Seligsprechung Johannes Paul I.

Ein Seliger, der das Lächeln lehrte

Mit Johannes Paul I. schloss sich am Sonntag die Reihe der Päpste des vergangenen Jahrhunderts, die von Angelo Giuseppe Roncalli bis zu Karol Wojtyla zur Ehre der Altäre gelangten.
Seligsprechung von Papst Johannes Paul I.
Foto: Paolo Galosi (Romano Siciliani) | Das liebenswürdige Gesicht des 33-Tage-Papstes brachte etwas Wärme auf den verregneten Petersplatz.

Wieder hat die Kirche einen Papst des zwanzigsten Jahrhunderts in das Buch der Seligen und Heiligen aufgenommen. Als sich am Sonntag am Portal des Petersdoms das regennasse Tuch über dem großflächigen Bildnis Albino Lucianis hob, sah man zunächst viel Weiß: Es zeigte den neuen Seligen im Papstgewand. Dann das Gesicht des lächelnden Papstes, der nur 33 Tage Zeit hatte, sich als Nachfolger Pauls VI. in das Gedächtnis der Welt einzuprägen. Das aber hat er getan – mit einem Lächeln, so sollte Papst Franziskus kurz darauf in seiner Predigt sagen, mit dem Lächeln eines „sanftmütigen und demütigen Hirten nach dem Vorbild Jesu, der nie den eigenen Ruhm gesucht hat“. Und die Menschen auf dem Petersplatz applaudierten, wenn sie das überhaupt konnten und nicht damit beschäftigt waren, den Regenschirm zu halten oder das Liederheft unter der Plastikhaut im Trockenen zu halten.

Eine Ironie der Geschichte

Am Ende waren es vielleicht 25.000, die sich zur Seligsprechungsfeier vor dem Sagrato eingefunden hatten, der Petersplatz selber war nur schütter besetzt. Der Himmel hatte an Donnergrollen, schweren Wolken, Blitzen und heftigsten Regengüssen alles aufgeboten, um die Feier zu einer feucht-fröhlichen Angelegenheit werden zu lassen.

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Mit Johannes Paul I. ist nun die ganze Reihe der Päpste von Johannes XIII., der sein Pontifikat 1958 begann, bis Johannes Paul II., der 2005 verstarb, zur Ehre der Altäre gelangt. Ironie der Geschichte: Nach den – nicht seliggesprochenen – Päpsten Benedikt XVI., Pius XI. und Pius XII. stand die Cattholica in Europa als gefestigte Volkskirche dar, nach den folgenden über fünfzig Jahren mit seligen und heiligen Päpsten aber als im Inneren kränkelnde und im fast verzweifelten Abwehrkampf gegen Säkularisierung und Relativismus stehende Kirche, deren Zahlen an Getauften und geistlichen Berufen beständig nach unten weisen.

Doch Johannes Paul I. blieb nicht nur wegen der Kürze seines Pontifikats und seines Lächelns in Erinnerung. Nach seinem plötzlichen Tod veröffentlichte zunächst David Yallop seinen Bestseller „Im Namen Gottes?“, in dem er die These vertrat, Papst Luciani sei vergiftet, das heißt ermordet worden. Diese abenteuerliche Vermutung fand sogar Eingang in Francis Ford Coppolas Film „Der Pate III“. Danach dann kam der britische Journalist James Cornwell mit seiner Gegenrecherche „Wie ein Dieb in der Nacht“ heraus, die zwar der Mordhypothese widersprach, aber der Römischen Kurie ein sehr unrühmliches Zeugnis ausstellte: Der schwer kranke Johannes Paul I. sei im Vatikan ärztlich unzureichend betreut und menschlich vereinsamt gestorben.

Keine Zweifel an natürlicher Todesursache

Auch die Journalistin Stefania Falasca, die als Vizepostulatorin den Seligsprechungsprozess betreut und am Sonntag im strömenden Regen völlig durchnässt die Lesung vortrug, hatte bereits 2017 belegen können, dass weder die Familie des Papstes noch der langjährige Leibarzt des vormaligen Patriarchen von Venedig Zweifel an der natürlichen Todesursache gehegt hatten. Papst Franziskus, der am 13. Oktober 2021 ein auf die Fürsprache von Johannes Paul I. geschehenes Wunder – die Heilung eines todkranken Mädchens – anerkannt hatte, fand in seiner Predigt am Sonntag eher undramatische Worte. Der neue Selige habe nach dem Stil der Jünger gelebt: Dem Herrn nachzufolgen bedeute nicht, „in einen Hofstaat aufgenommen zu werden oder an einem Triumphzug teilzunehmen, und es ist auch keine Lebensversicherung“, so Franziskus.

Und genau das habe Johannes Paul I. verstanden. „So hat der neue Selige gelebt: in der Freude des Evangeliums, ohne Kompromisse, liebend bis zum Ende”, sagte der Papst weiter. „Er verkörperte die Armut des Jüngers, die nicht nur darin besteht, sich von den materiellen Gütern zu lösen, sondern vor allem darin, der Versuchung zu widerstehen, sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen und den eigenen Ruhm zu suchen. Er war, ganz im Gegenteil, ein sanftmütiger und demütiger Hirte nach dem Vorbild Jesu. Er betrachtete sich selbst als den Staub, in den Gott schreiben wollte.“

Gaben und Kerzen im Regen

Im Regen brachten Gläubige zur Opferung die Gaben und Kerzen hoch zum Altar – und auch die Reliquie des neuen Seligen: In einem Reliquiar wurde Franziskus ein handschriftlicher Text von Albino Luciani überreicht, eine Notiz auf weißem Papier aus dem Jahr 1956. Es handelt sich um den Entwurf zu einer geistlichen Reflexion über die drei theologischen Tugenden: Glaube, Hoffnung und Liebe. Den Reliquienschrein hatte ein italienischer Bildhauer hergestellt. Er besteht aus einem Steinsockel aus Canale d'Agordo, dem Geburtsort von Johannes Paul I. Darüber erhebt sich ein Kreuz, das in das Holz eines Walnussbaums geschnitzt wurde, der in einer Nacht im Oktober 2018 durch den Sturm „Vaia“ entwurzelt wurde. Von Weitem durch den Regen betrachtet sah es so aus, als hätte man eine Apfelsinenkiste zum Reliquiar gemacht.

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