Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar um "5 vor 12"

Wenn Christen sich bekriegen

Der Bruderkrieg in der Ukraine stellt der Botschaft des Evangeliums vor der nichtchristlichen Welt ein denkbar schlechtes Zeugnis aus.
Kyrill war wie Putin aktiver Offizier des sowjetischen Geheimdienstes KGB
Foto: Kremlin Pool via www.imago-images.de (www.imago-images.de) | Kyrill war wie Putin aktiver Offizier des sowjetischen Geheimdienstes KGB.

Dass sich der russische Patriarch Kyrill I.mit seinem Brief vom vergangenen Donnerstag an den Ökumenischen Rat der Kirchen erneut hinter seinen Kremlchef Wladimir Putin gestellt hat, verwundert nicht, ist aber eine Katastrophe für die Ökumene. Der von Putin angezettelte Angriff auf die Ukraine ist ein Bruderkrieg, ein Krieg eines christlichen Volkes gegen ein anderes.

Lesen Sie auch:

Nun ist Putin als ehemaliger KGB-Agent, der sein Weltbild als Offizier der Sowjetunion geformt hat, sicher kein überzeugter Christ. Und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist Jude. Aber Russen und Ukrainer sind christliche geprägte Völker. Dass sie im Bruderkrieg liegen – so wie im Ersten Weltkrieg, als christliche Russen und Engländer gegen christliche Deutsche und Österreicher kämpften –, ist das denkbar schlechteste Zeugnis der christlichen Welt für die Wahrheit des Evangeliums, das sie vor Nichtglaubenden wie Chinesen oder der muslimischen Welt ablegen können. Und dass die Sturheit von Kyrill dem auch noch das oberste kirchliche Siegel aufdrückt, ist verheerend.

Eiszeit in der Ökumene

Kyrill war wie Putin aktiver Offizier des sowjetischen Geheimdienstes KGB. Stalin hat die Russisch-Orthodoxe Kirche nicht zerschlagen, weil er sich den Einfluss, den die Kirche auf das religiöse Volk hat, zunutze machen wollte. Aber er hat sie unterwandert. Das Ergebnis sind Kirchenführer vom Schlage eines Kyrill. Papst Franziskus hat mit ihm am 12. Februar 2016 auf dem Flughafen von Havanna in Kuba eine gemeinsame Erklärung unterschrieben. Dabei wird es wohl bleiben. Die ersehnte Reise des Papstes nach Moskau dürfte nun in sehr weite Ferne gerückt sein.  Die Träume von Franziskus, über den „Roten Platz“ zu schreiten, oder im Zuge einer Annäherung an das Regime in Peking auf dem „Platz des himmlischen Friedens“ empfangen zu werden, sind zerplatzt. 

Dagegen war es wohl doch vorausschauend richtig, dass der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. die von Moskau abhängige Orthodoxe Kirche der Ukraine am 6. Januar 2019 als unabhängige Kirche anerkannt hat. Wenigstens sie redet jetzt frei. Es herrscht Eiszeit in der Ökumene.

Am Mittwoch eine Messe für den Frieden

Einer der beiden Kardinäle, die Franziskus in die Ukraine geschickt hat, ist nach einer Stippvisite wieder zurückgekehrt. Der andere sorgt sich um humanitäre Hilfe, gerade für die vom Bombenhagel am stärksten betroffenen Ukrainer. Am Mittwoch findet in Rom eine besondere Messe für den Frieden in der Ukraine statt. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin wird sie am frühen Abend im Petersdom feiern. An ihm soll auch das beim Vatikan akkreditierte Diplomatische Korps teilnehmen, der neue ukrainische Vatikanbotschafter Andrij Yurash könnte dabei sein.

Das ist das, was der Vatikan jetzt machen kann: Warten, beten, humanitäre Hilfen organisieren. Der „Griff nach den Sternen“ einer ökumenischen Zusammenarbeit mit der russischen Orthodoxie zur Beendigung des Kriegs scheitert an den staatskirchlichen Verwicklungen der Nationalkirche im Lande Putins.

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Guido Horst Evangelium Josef Stalin Russlands Krieg gegen die Ukraine Kyrill I. Papst Franziskus Pietro Parolin Päpste Russisch-Orthodoxe Kirche Wladimir Wladimirowitsch Putin Wolodymyr Selenskyj Ökumene

Weitere Artikel

Die Ukraine will nicht kapitulieren, lädt aber Franziskus zur Solidarität mit ihrem Überlebenskampf und zu einem Besuch in dem kriegsgeplagten Land ein.
11.03.2024, 11 Uhr
Meldung
Mit dem jüngsten Interview hat Franziskus viel Porzellan zerschlagen. Statt verworren sollte päpstliche Diplomatie für alle Seiten hilfreich sein.
14.03.2024, 05 Uhr
Guido Horst

Kirche

Die Heilsquelle der Christen betrachten: Das Kreuz steht im Mittelpunkt authentischer Kirchenreformen.
28.03.2024, 21 Uhr
Regina Einig