Der russische Patriarch Kyrill I. hat erneut den Westen für den Krieg in der Ukraine verantwortlich gemacht. In einem Brief an den Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) schrieb das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche am Donnerstag, er sei der „festen Überzeugung, dass weder das russische noch das ukrainische Volk“ die Initiatoren des „Konflikts“ sei. Stattdessen sieht er dessen Ursprung in den Beziehungen zwischen dem Westen und Russland. Von einem Krieg sprach Kyrill indes nicht.
Kyrill: Russen und Ukrainer sind ein Volk
Abermals bekräftigte der Patriarch, der nicht erst seit der russischen Invasion in der Ukraine treu zum Präsidenten Wladimir Putin steht, seine Standpunkt, dass Russen und Ukrainer praktisch ein Volk seien und ein gemeinsames „historisches Schicksal“ teilten, den Ursprung aus der Taufe der Kiewer Rus. Man sei vereint durch einen „gemeinsamen Glauben, gemeinsame Heilige und Gebete“.
Während der Westen lange garantiert habe, dass man Russlands „Sicherheit und Würde“ respektieren werde, hätten die Mitgliedstaaten der NATO ihre militärische Präsenz an der Grenze zu Russland über die Jahre hinweg immer stärker ausgebaut und russische Bedenken ignoriert. Die Ukraine habe man dabei mit Geld und Waffen unterstützt und so aus den russischen und ukrainischen „Brüdervölkern“ Feinde gemacht. Am schlimmsten seien jedoch nicht die westlichen Waffen, sondern der Versuch, „Ukrainer und Russen, die in der Ukraine Leben, im Geiste zu Feinden Russlands umzuerziehen“.
Kritik an Wirtschaftssanktionen
Kritik übte Kyrill zudem an den vom Westen auferlegten Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Diese hätten zum Ziel, „nicht nur Russlands politischen und militärischen Führungskräften Leid zuzufügen, sondern gezielt dem russischen Volk“. In der westlichen Welt verbreite sich eine „Russophobie“ mit noch nie dagewesener Geschwindigkeit.
Der geschäftsführende ÖRK-Generalsekretär Ioan Sauca hatte Patriarch Kyrill bereits Anfang März in einem Brief aufgefordert, zwischen den Kriegsparteien zu vermitteln und an die russischen Verantwortungsträger zu appellieren, „das Leid und das Blutvergießen“ zu stoppen. DT/mlu
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