Das war dann wohl ein kleines Missverständnis: Nach der aufsehenerregenden Stellungnahme der beiden großen Christlichen Kirchen zum „Zustrombegrenzungsgesetz“, das die CDU am Freitag in den Bundestag einbringen will, und mit den Stimmen der AfD-Fraktion bestätigt werden könnte, stellt sich heraus, dass das Schreiben nicht im Sinne der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) war. Im Begleitschreiben zur gemeinsamen Stellungnahme des Katholischen Büros Berlin, vertreten durch Prälat Karl Jüsten, und der Bevollmächtigten des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Prälatin Anne Gidion, das am Dienstag an Parlamentarier verschickt worden war, hatte es geheißen, die Kirchen seien „sehr befremdet“ von Zeitpunkt und Tonlage der aktuellen CDU-Vorstöße zur Begrenzung der Migration.
Schließlich hätte die von Friedrich Merz ins Auge gefasste Verschärfung „nach aktuellem Wissensstand keinen der Anschläge verhindert“, habe es sich doch bei den Tätern um psychisch Kranke gehandelt, so die Stellungnahme. „Massiven Schaden“ für die Demokratie erwarteten Jüsten und Gidion gar, sollten AfD-Stimmen im Bundestag den Ausschlag geben. Überdies sei die Debatte dazu geeignet, „alle in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten zu diffamieren, Vorurteile zu schüren und trägt unserer Meinung nach nicht zur Lösung der tatsächlich bestehenden Fragen bei“.
Das Schreiben hatte zwar bislang keinen Effekt – der Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion, der die fünf Merz’schen Punkte zur Asylverschärfung enthalten hatte, ist am späten Mittwochnachmittag tatsächlich mit AfD-Stimmen durch den Bundestag angenommen worden –, die Resonanz aber war groß gewesen. „Die katholische und die evangelische Kirche haben gestern in einem Brandbrief eindringlich vor Ihren Vorschlägen gewarnt, Herr Merz“, bezog sich in seiner Regierungserklärung Bundeskanzler Olaf Scholz auf die kirchliche Intervention. Vertreter der Union hatten die kirchliche Kritik im Vorfeld zurückgewiesen. CDU und Kirche müssten nicht „immer eins zu eins“ einer Meinung sein, sagte CDU-Vize Karin Prien dem Deutschlandfunk.
Weitere bischöfliche Stellungnahmen unerwünscht
Mittlerweile ist aber klar, dass das Schreiben in der Bischofskonferenz nicht abgestimmt war. So berichtet das Magazin „Communio", dass die deutschen Bischöfe, die sich erst Anfang dieser Woche im Rahmen ihres „Ständigen Rates“ getroffen hatten, über die Intervention des Katholischen Büros nicht informiert war. Der Text sei dort „im Alleingang“ entstanden und versandt worden, zitiert „Communio" einen namentlich nicht genannten Insider. Die Bischöfe hätten beim Ständigen Rat einen solchen Schritt erwogen, ihn aber mehrheitlich abgelehnt. „Communio" zitiert auch den Regensburger Oberhirten Rudolf Voderholzer, der sich ausdrücklich von dem Schreiben distanziert. Er halte „die parteipolitische Positionierung von Bischöfen für falsch“ und sei „verärgert über das Vorgehen des Katholischen Büros.“
Pikant: Am heutigen Mittwochnachmittag tauchte im Netz dann auch noch ein Schreiben der Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz, Beate Gilles, auf. In diesem heißt es: „Die mehrheitliche Meinung im Ständigen Rat war, dass es in der aktuellen Situation nicht sinnvoll ist, in die Debatte und damit in den Wahlkampf öffentlich einzugreifen. Von daher empfehle ich, von weiteren Stellungnahmen abzusehen.“ Die Authentizität des Schreibens hat die DBK dieser Zeitung mittlerweile bestätigt.
Und einer scheint sich auch schon einmal daran zu halten: Der DBK-Vorsitzende Bischof Georg Bätzing kommentiere die Stellungnahmen des Berliner Büros nicht, habe dies auch noch nie gemacht, schrieb der DBK-Pressesprecher Matthias Kopp dieser Zeitung. Was die Inhalte der gemeinsamen Stellungnahme betreffe, so Kopp weiter, seien dies aber „jene Positionen, die in den zurückliegenden Monaten immer wieder öffentlich benannt wurden und hier – mit Blick auf das Gesetzesvorhaben – in einer Stellungnahme des Katholischen und Evangelischen Büros zusammengeflossen sind.“
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