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Friedrich  wirkt wie ein Katholikenfreund

Kaum ein Monarch spottete so sehr über organisierte Religion wie Friedrich der Große. Doch den Katholiken erging es gut unter dem toleranten Preußenkönig.
Friedrich II., König von Preußen
Foto: dpa | "Friedrich II. von Preußen hat in seinen ersten Wochen als König mehr bewegt als die meisten Monarchen in ihrer gesamten Regierungszeit", meinte Richard von Weizsäcker.

Egal, ob man ihn nun vor allem als Militärstrategen, Philosophen, Musiker, Tierfreund oder als primär dem eigenen Geschlecht zugewandten aufgeklärten absolutistischen Herrscher im Gedächtnis hat: der Preußenkönig Friedrich II. (1712-1786) war sowohl eine ungemein vielseitige, als auch durch und durch widersprüchliche Persönlichkeit.

In seinem beinahe 50 Jahre währenden "Königtum der Widersprüche" (Theodor Schieder) von 1740 bis zu seinem Tode 1786 gelang es ihm, das von ihm regierte Königreich Preußen neben Großbritannien, Frankreich, Österreich und Russland in den Rang einer europäischen Großmacht zu erheben. Allerdings waren hierfür drei Kriege um die österreichische Provinz Schlesien nötig, welches Friedrich gleich zu Beginn seiner Herrschaft aus Ruhmsucht (wie er selbst zugab) von der österreichischen Monarchin Maria Theresia (1717-1780) raubte. Diese Kriege führten nicht nur auf lange Sicht zum preußisch-österreichischen Dualismus, der erst 1866 mit der Niederlage Österreichs gegen Preußen im Deutschen Krieg endete, sondern brachte Preußen mehrfach an den Rand des Abgrundes. Vor allem im letzten dieser Kriege, dem Siebenjährigen Krieg (1756 bis 1763), laut Winston Churchill der "allererste Weltkrieg" überhaupt, hing das Schicksal des Königs und seines Königreiches oftmals am seidenen Faden und ließ den einstmals strahlenden und pausbäckigen "Roi Charmant" frühzeitig zum verhärmten und hageren "alten Fritz" mutieren.

„Friedrich II. überließ den Katholiken nicht irgendeine Fläche am Rande Berlins,
sondern Bauraum mitten im Zentrum der preußischen Hauptstadt.“

Doch am Ende blieb das Kriegsglück den Preußen treu –  und Friedrich konnte in vielen Jahrzehnten Regierungszeit seinen bekannten Worten "Hier muss ein jeder nach seiner Façon selig werden" vor allem innenpolitisch Taten folgen lassen. Gleich in seinen ersten Wochen als König schaffte er die Folter bei Verhören ab, verbot das bis dato erlaubte Ertränken von Kindsmörderinnen, schränkte die Prügelstrafe bei der Armee ein und ließ zwei Zeitungen gründen. Die Hexenverfolgung in seinem Herrschaftsgebiet hingegen musste der Monarch nicht mehr verbieten – dies hatte bereits sein Vater und Vorgänger als preußischer König, der "Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I. (1688-1740), im Jahre 1714 getan. Es ist Richard von Weizsäcker zuzustimmen, der 1986 als amtierender Bundespräsident bei einer Rede im Schloss Charlottenburg anlässlich des 200. Todestages von Friedrich dem Großen sagte: "Friedrich II. von Preußen hat in seinen ersten Wochen als König mehr bewegt als die meisten Monarchen in ihrer gesamten Regierungszeit."

Auch mit Blick auf das Miteinander der Religionen in seinem Königreich ging der Monarch – gerade im Lichte der damaligen Zeit und trotz seiner persönlichen Aversion gegenüber jeglicher Form von organisierter Religion – erstaunliche Wege. Sie begann mit einer kleinen, aber gerade für katholische Christen äußerst folgen- und segensreichen Notiz vom 2. Juni 1740: "Die Religionen müssen alle tolerieret werden." Das Interessante an dieser Notiz: Friedrich II. stellte diese Maxime nicht nur auf, kurz nachdem er auf den preußischen Thron gekommen war, sondern antwortete damit ausgerechnet auf eine die preußischen Katholiken immens tangierende Frage: Nämlich, ob die katholischen Schulen im mehrheitlich protestantischen Preußen wieder abgeschafft werden sollten. Eine Schließung der oftmals von Jesuiten betriebenen Schulen lehnte der König jedoch nicht nur ab, sondern nutzte ausgerechnet diese die katholischen Schulen im Königreich Preußen betreffende Frage als Vorlage zur exemplarischen Entfaltung seines Toleranzverständnisses. Apropos Jesuiten: Bezeichnenderweise gewährte der Preußenkönig einigen von ihnen Zuflucht, nachdem ihr Orden 1773 von Papst Clemens XIV. auf Druck der Könige von Frankreich, Spanien und Portugal – also katholischer Herrscher – verboten worden war.

In den Nachwehen des Dreißigjährigen Krieges

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Man darf zudem nicht vergessen: Zum Zeitpunkt der Herrschaft Friedrichs des Großen waren die Folgen des Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) noch allgegenwärtig  – gerade die Mark Brandenburg litt besonders unter den Greueln dieses Krieges. Und während seine Vorgänger als Kurfürsten von Brandenburg und preußische Könige vor allem innerhalb der protestantischen Konfessionen für gegenseitige Toleranz und Akzeptanz sorgten (1739 schuf Friedrichs Vater zudem erstmals Gebetsräume für Muslime), hob Friedrich trotz aller fortbestehenden konfessionellen Streitigkeiten die Frage der religiösen Toleranz auf eine neue Stufe.

Denn mit der Eroberung Schlesiens ab 1740 wuchs die Zahl katholischer Untertanen in Preußen enorm, ein weiteres Mal mit der Angliederung Westpreußens und des Ermlands nach der ersten polnischen Teilung 1772. In konfessioneller Hinsicht wurde Preußen nun multikulturell – und auch wenn dem Preußenkönig nicht verborgen blieb, dass vor allem in Schlesien nicht wenige Katholiken während der Kriege mit Österreich weitestgehend zu Maria Theresia und dem Haus Habsburg hielten (später jedoch sollten die schlesischen Katholiken, wie es der Historiker und Preußen-Experte Hans-Joachim Schoeps beschrieb, "fritzisch" gesinnt sein), hielt Friedrich am Grundsatz der religiösen Toleranz gerade gegenüber den Katholiken fest und ließ sie in vollkommener Freiheit ihren Glauben praktizieren.

Die Hedwigs-Kathedrale ist heute ein Wahrzeichen Berlins

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Bestes Beispiel für Friedrichs Religionspolitik wurde der Bau eines Großprojektes, das mittlerweile zu den Wahrzeichen Berlins gehört: Die Sankt Hedwigskirche, die der Schutzpatronin Schlesiens, der heiligen Hedwig von Andechs, geweiht ist. Es war das erste repräsentative Gotteshaus der Berliner Katholiken seit der Reformation und wurde ab 1747 nach Plänen von Friedrichs Haus- und Hofarchitekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, der unter anderem auch Schloss Sanssouci erbaute, und des Monarchen selbst im Stil des römischen Pantheons errichtet. Bemerkenswert war nicht nur überhaupt das Zustandekommen dieses Baus, sondern auch der Ort des Bauplatzes: Denn Friedrich II. überließ den Katholiken nicht irgendeine Fläche am Rande Berlins, sondern Bauraum mitten im Zentrum der preußischen Hauptstadt.

Dort, am heutigen Bebelplatz und in unmittelbarer Nähe zum Boulevard Unter den Linden, wurde die Kirche in das vom König initiierte Forum Fridericianum integriert, welches heutzutage unter anderem die Staatsoper Unter den Linden sowie die Humboldt-Universität beinhaltet. Zudem ist das Gotteshaus mittlerweile bekanntermaßen die Kathedrale des Erzbistums Berlin. Für den Kirchenbau stellte Friedrich das Grundstück zur Verfügung, finanziert wurde der Bau vornehmlich von Katholiken aus Italien, Portugal und Spanien. 1773 vollzog Ignatius Krasicki, Fürstbischof von Ermland und ein enger Freund des Königs, die Kirchweihe.

Beim Bau der Sankt Hedwigskirche wurden sowohl die pragmatischen, als auch die für damalige Verhältnisse durchaus als kühn zu bezeichnenden Motive von Friedrichs Religionspolitik deutlich: Denn obwohl er den römisch-katholischen Kult "für den lächerlichsten von allen" hielt und seiner Meinung nach alle Religionen sowieso "auf einem mehr oder weniger widersinnigen System von Fabeln" beruhten und ihm kirchenpolitisches Gezänk und "Pfaffengeschwätz" zuwider waren, erkannte er sowohl zum ökonomischen Wohle des preußischen Staates als auch als ein den Werten der Aufklärung verpflichteter Monarch die Notwendigkeit, den ihm persönlich verhassten Katholizismus zu tolerieren. Und er bewies mit dem Bau der Sankt-Hedwigskirche auch Mut: Denn in anderen mehrheitlich protestantischen Ländern wäre in jener Zeit das Errichten einer katholischen Kathedrale auch für einen absolutistisch regierenden Monarchen ein buchstäblich selbstmörderisches Unterfangen gewesen, wie nicht wenige Kenner der damaligen Verhältnisse anmerken. Was im Gegenzug wiederum sowohl für Friedrich II. selbst als auch umso mehr für seine damaligen preußischen Landsleute spricht.

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