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Berliner St.-Hedwigs-Kirche: Altarweihe auf der Baustelle

Genau 250 Jahre nach der ursprünglichen Kirchenweihe wurde der neue Altar in der katholischen Kathedrale von Berlin geweiht.
Sankt-Hedwigs-Kathedrale in Berlin
Foto: IMAGO/Zoonar.com/Erich Teister (www.imago-images.de) | Die Sankt-Hedwigs-Kathedrale wird voraussichtlich im Advent 2024 wiedereröffnet, zu diesem Zeitpunkt wird auch die zu Beginn der Arbeiten abgebaute Orgel wieder eingebaut.

Am 1. November, exakt 250 Jahre nach der ersten Weihe der Sankt-Hedwigs-Kirche, hat der Berliner Erzbischof Heiner Koch die Weihe des neuen Altars in der katholischen Kathedrale in Berlin vorgenommen. Die Kirche war während einer fünfjährigen Schließung einer umfassenden Renovierung des Innenraums unterzogen worden. 

Während seiner Predigt beim Pontifikalamt zur Weihe des Altares sprach der Berliner Erzbischof über die weltweit besorgniserregenden Lage: „Die Welt scheint aus den Fugen geraten, so empfinden viele Menschen. Wir fragen uns als Kirche, was wir tun können, um den Glauben, die Hoffnung den Menschen heute nahezubringen in dieser säkularen Gesellschaft, in der es nicht mehr selbstverständlich ist, Christ zu sein.“ 

Koch: Jesus Christus ist die Mitte

Koch betonte, dass in einer solchen Situation die Altarweihe ein Bekenntnis dazu sei, „dass die Welt eine Mitte hat, und jedes menschliche Leben eine Mitte hat: Jesus Christus. Eine Mitte, die da ist und die bleibt. Eine Mitte, die uns hält und Orientierung gibt, und die alles in die Vollendung führt. Jesus Christus ist die Mitte. Davon zeugt dieser Altar“.

 

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Erzbischof Koch erinnert daran, dass „im Opfer des Kreuzes er die Gemeinschaft mit Gott für Zeit und Ewigkeit, Himmel und Erde zusammengehalten, uns Erlösung geschenkt“ habe. Auf dem Altar werde sein Tod gefeiert, nicht nur als Erinnerung, sondern als wirkliche Gegenwärtigkeit: real, wirklich präsent. „Hier wird gegenwärtig, was am Kreuz und im Abendmahlssaal geschah, da Er die Seinen liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung. Das wird hier an diesem Altar Gegenwart. Wenn der Priester, durch die Weihe berufen, im Namen Jesu, in seiner Vollmacht, die Worte der Wandlung spricht. Christus ist mitten unter uns.“ Der Altar halte die Gemeinschaft mit dem Himmel: Communio, Gottes Gemeinschaft, die allein den Frieden schenke. Er halte die Gemeinschaft „auch mit uns und untereinander.“

Der neue Altar hat eine Halbkugelform, die der Kuppel des Gebäudes entspricht, sagte der österreichische Künstler Leo Zogmayer, der für die Innenausstattung der „neuen“ Hedwigs-Kathedrale verantwortlich ist, bei einem Pressebesuch. Eine besondere Eigenschaft dieses Altars bestehe darin, dass er aus „lebenden Steinen“ gefertigt ist, die von Gläubigen aus Berlin, anderen Teilen Deutschlands und auch aus anderen Ländern gespendet wurden. 

Erste katholische Kirche in Berlin seit der Reformation

Zogmayer erklärte, dass der Altar im Steingussverfahren hergestellt worden sei: „Die gespendeten Steine werden einem Gemisch aus Sand, Kies und Weißzement beigefügt. Diese Masse wird in eine Negativform gegossen. Nach dem Aushärten der Masse und dem Entfernen der Form muss der Rohguss noch handwerklich bearbeitet werden, um die Steine, die nahe der Oberfläche liegen, sichtbar zu machen.“  Der Altar wiegt etwa zweieinhalb Tonnen, wirkt jedoch nahezu schwebend und vermittelt gleichzeitig eine massive Präsenz. In die Mensa wurde bei der Altarweihe eine Reliquie der heiligen Hedwig von Andechs, der Patronin der Kirche, eingelassen. Der Ambo ist aus dem gleichen Stein wie der Altar gefertigt; seine reduzierte Quaderform entspricht der minimalistischen geometrischen Halbkugel des Altars.

Neuer Altar der Hedwigskathedrale
Der Altar wiegt etwa zweieinhalb Tonnen, wirkt jedoch nahezu schwebend und vermittelt gleichzeitig eine massive Präsenz.

Die katholische Sankt-Hedwigs-Kathedrale befindet sich im Zentrum der Stadt als Teil des so genannten „Forum Fridericianum“, eines Platzes, der von König Friedrich II. von Preußen (1712-1786) am Anfang der berühmten Allee Unter den Linden geplant wurde. Dieser Platz wurde nach den Plänen eines der bedeutendsten deutschen Architekten des 18. Jahrhunderts, Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, gestaltet, der auch der Architekt der Kirche war.

Der Bau der Kathedrale begann im Jahr 1747 und markierte die Errichtung der ersten katholischen Kirche in Berlin seit der Reformation. Friedrich II. beschloss, die Kirche der heiligen Hedwig zu widmen, um die neuen katholischen Einwohner Berlins zu ehren, die nach dem Zweiten Schlesischen Krieg in die Stadt kamen. König Friedrich II. stiftete das Grundstück und schlug die runde Form vor, die sich am römischen Pantheon orientierte. Der Bau erstreckte sich jedoch bis in den November 1773, und die Fertigstellung der Kuppel und des Giebelfrieses erfolgte erst Ende des 19. Jahrhunderts. Im Jahr 1927 verlieh Papst Pius XI. der Kirche den Titel einer Basilika minor. Die Kirche wurde zur Kathedrale erhoben, als das Bistum Berlin am 13. August 1930 gegründet wurde.

Starke Bindung an die umgestaltete Kathedrale

Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde die Sankt-Hedwigs-Kathedrale, die sich nun in Ost-Berlin befand, zwischen 1952 und 1963 von dem westdeutschen Architekten Hans Schwippert rekonstruiert. Er gestaltete den Raum auf ungewöhnliche Weise um und schuf eine kreisförmige Öffnung in der Kirche, die zur Krypta führte, in der acht Kapellen eingerichtet wurden. Das Äußere wurde nach historischem Vorbild wieder aufgebaut.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurde die Sanierung des Gebäudes beschlossen. Nach einem Wettbewerb wurde das Projekt des Fuldaer Büros Sichau & Walter in Zusammenarbeit mit dem Künstler Leo Zogmayer im Jahr 2013 ausgewählt, um die Öffnung zur Krypta zu schließen, den Abstieg in die Krypta an den Eingang zu verlegen und einen großen Raum in der Oberkirche zu schaffen, in dessen Mitte der Altar steht. Dieses Projekt war umstritten, insbesondere unter den Katholiken, die unter der Verfolgung während der kommunistischen Zeit gelitten hatten und eine starke Bindung an die von Hans Schwippert umgestaltete Kathedrale hatten. Nach jahrelangen Beratungen, Protesten und Studien genehmigten der Berliner Erzbischof Heiner Koch und das Domkapitel das Projekt, und die Arbeiten begannen 2018.

Bei einem Presserundgang über die Baustelle im September 2022 betonte Domdekan Tobias Przytarski das Prinzip der „neuen“ Kathedrale: In der Krypta steht das Taufbecken im Mittelpunkt, darüber der Altar mit zwei Metern Durchmesser. Direkt über dem Altar, in der Kuppel, befindet sich das Oberlicht, das von einem durchsichtigen Glasfenster bedeckt ist, das sich zum Himmel hin öffnet: Taufe und Eucharistie führen in den Himmel. Die Beichtstühle befinden sich in der Unterkirche.

Renovierung der Kathedrale noch nicht abgeschlossen

Die wichtigsten äußerlichen Änderungen bestehen darin, dass das neue, drei Meter hohe goldene Kreuz auf dem Tympanon des Portikus statt auf der Kuppel angebracht wird, wodurch es besser sichtbar wird. Außerdem werden die bisherigen schweren Bronzetüren durch transparente Glastüren ersetzt, die eine leuchtende Durchsichtigkeit bieten und Transparenz symbolisieren sollen. Przytarski erwähnte auch eine Besonderheit der Buntglasfenster, die zwar undurchsichtig sind, aber Luftblasen enthalten, die den Berliner Sternenhimmel am Tag der Geburt Jesu zeigen werden.

Die Renovierung der Kathedrale ist jedoch noch nicht abgeschlossen, weshalb sie nach der Altarweihe für die Öffentlichkeit erneut geschlossen wurde. Die Sankt-Hedwigs-Kathedrale wird voraussichtlich im Advent 2024 wiedereröffnet, zu diesem Zeitpunkt wird auch die zu Beginn der Arbeiten abgebaute Orgel wieder eingebaut.

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