Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete und Innenexperte Wolfgang Bosbach hat in einem Interview mit Radio Horeb zur bevorstehenden Bundestagswahl Stellung genommen. Er äußerte sich besorgt über die zunehmende gesellschaftliche Polarisierung und kritisierte den Umgang der Regierung mit der Migrationspolitik.
Bosbach zeigte sich überrascht über die Schärfe der jüngsten Debatten. Er betonte, dass es in der Migrationsdebatte entscheidend sei, wieder zu den ursprünglichen Vereinbarungen zwischen Union und SPD zurückzukehren. Das Aufenthaltsgesetz diene der Steuerung und Begrenzung der Migration, was auf Druck der Grünen geändert worden sei. Er verwies darauf, dass die von der Union eingebrachten Gesetzesvorschläge von allen 16 Ministerpräsidenten gewollt worden seien – auch aus SPD-geführten Ländern.
Polarisierung nimmt zu
Besorgt zeigt sich Bosbach über die zunehmende politische Polarisierung. Die Art der Auseinandersetzung werde „immer übler“. Es sei bedenklich, dass sich deshalb zunehmend informierte und interessierte Bürger von der Politik abwenden. Früher habe die Bevölkerung gegen die Regierung demonstriert, heute „putscht die Regierung gegen Teile, genauer gesagt gegen eine große Mehrheit in der Bevölkerung“. Die Mehrheit wünsche sich eine andere Migrationspolitik, doch die Regierung ignoriere diesen Wunsch und organisiere stattdessen Demonstrationen gegen den Mehrheitswillen.
Kritik übt Bosbach auch an der politischen Rhetorik, insbesondere am Umgang mit der sogenannten „Nazikeule“. Dabei ging es um eine Äußerung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf der Plattform X im Zusammenhang mit den von der Union eingebrachten Anträgen zur Migration im Bundestag. Lauterbach hatte CDU-Chef Friedrich Merz vorgeworfen, im Prinzip als erster Demokrat zu sagen, dass er sich dort, wo es ihm helfe, von Nazis unterstützen lasse. Bosbach plädiert dafür, Nazi-Vergleiche generell zu unterlassen. „Alle Vergleiche mit Hitler, Goebbels oder Göring sind schief“, betonte er.
In der Debatte um die Abgrenzung von Rechts und Rechtsextremismus sieht Bosbach eine bedenkliche Entwicklung: Während früher gegen Rechtsextremismus demonstriert wurde, richte sich der Protest nun zunehmend pauschal gegen „rechts“, wobei mittlerweile auch die CDU und FDP mit einbezogen würden. Links gelte als politisch korrekt, während rechts automatisch mit Rechtsextremismus gleichgesetzt werde.
Es geht um unser Land
Auch zur Frage der Grenzkontrollen äußerte sich Bosbach deutlich. Die Union habe mit ihrem Kurswechsel einen Bruch mit Angela Merkels Satz „Wir schaffen das“ vollzogen. Mittlerweile sei klar, dass es so nicht weitergehen könne. Die Einführung von Grenzkontrollen sei kein Bau von Mauern, es gehe um unser Land. Auch nicht Deutschland verfüge über eine unbegrenzte Aufnahme- und Integrationskraft. Eine Überdehnung dieser Kapazitäten könnte dazu führen, dass sich die politische Landschaft in Deutschland grundlegend verändere.
Abschließend äußerte sich Bosbach zur Haltung der Kirchen in der Migrationspolitik. Hintergrund ist eine Stellungnahme des katholischen Büros in Berlin und der Evangelischen Kirche, in der davor gewarnt wurde, migrationspolitische Gesetzesänderungen mit Stimmen der AfD zu verabschieden. Bosbach warnte, dass die Kirchen an gesellschaftlicher Prägung und Wirkung verlieren würden, wenn sie die mehrheitliche Meinung der Bevölkerung in der Flüchtlingsfrage ignorierten. DT/jna
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