Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar um „5 vor 12“

Eingebrochen auf dünnem Eis

Der „Brandbrief“ in Richtung CDU war unabgesprochen, aber inhaltlich konsequent. Die Mehrheit der Bischöfe war wohl nicht dafür – wieso eigentlich? 
Bätzing, Kopp
Foto: IMAGO/Peter Back (www.imago-images.de) | In der Migrationsdebatte kommunikativ verunglückt: der DBK mit ihrem Vorsitzenden Bischof Georg Bätzing. Im Hintergrund Pressesprecher Matthias Kopp.

Ist Prälat Jüsten schuld, hat hier einfach ein Einzelner einen Fehler gemacht? Nach dem unautorisierten Schreiben des Katholischen Büros in Berlin zur Asylverschärfung im Bundestag ist der Schaden für die Glaubwürdigkeit der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) nicht eben klein. Aber das Problem sitzt nicht nur in Berlin, und es hat eine Vorgeschichte.

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Noch einmal der Vorgang in aller Kürze: Die CDU unter Friedrich Merz beschließt unter dem Eindruck des Attentats von Aschaffenburg und unter politischem Druck von Rechtsaußen, Anträge und einen Gesetzentwurf einzubringen, die zu einer Reduktion der irregulären Migration führen sollen. Der Ständige Rat der Bischöfe, der zu Wochenbeginn tagt, erwägt einem „Communio“-Bericht zufolge eine intervenierende Stellungnahme, nimmt aber mehrheitlich davon Abstand – man will nicht in den Wahlkampf eingreifen. Das Katholische Büro Berlin schreibt gemeinsam mit dem evangelischen Büro trotzdem einen solchen „Brandbrief“, der vom geplanten Gesetz abrät, angesichts von AfD-Zustimmung „massiven Schaden“ für die Demokratie prophezeit und zudem befindet, schon die Debatte sei geeignet, „alle in Deutschland lebenden Migrantinnen und Migranten zu diffamieren“ und „Vorurteile zu schüren“. Als der Brief versandt, und die Aufregung im politischen Berlin groß ist, distanzieren sich die Bischöfe Voderholzer und Hanke von dem Schreiben. Die DBK-Spitze schweigt, ihr Pressesprecher jedoch bestätigt, dass die Inhalte des vom Leiter des Katholischen Büros, Prälat Karl Jüsten, versandten Schreibens ebenjene Positionen seien, „die in den zurückliegenden Monaten immer wieder öffentlich benannt wurden“.

Wieso die kalten Füße?

Und das ist zweifellos die Wahrheit. Wann immer es um Migration, Asyl, oder eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit der AfD ging, war die DBK kristallklar, ob in Äußerungen ihres Flüchtlingsbeauftragten, Erzbischof Stefan Heße, oder ihres Vorsitzenden, Bischof Georg Bätzing. Jeder noch so minimalen Idee zur Einschränkung der Flüchtlingsaufnahme wurde stets mit Ablehnung begegnet, ein Zusammenhang zwischen Zuwanderung und Kriminalität von Heße konsequent bestritten. Auch politisch war sich die DBK zuletzt keiner expliziten Parteinahme zu schade, wenn es gegen die AfD ging. Höhepunkt der Verdammung war vor etwa einem Jahr die Veröffentlichung des Papiers zum völkischen Nationalismus. Die Bischöfe legten sich auf eine Unwählbarkeit der AfD fest, während die mediale Landschaft noch in Empörung über die später stark kritisierte AfD-„Geheimplan“-Enthüllung von „correctiv“ badete.

Wieso also jetzt die kalten Füße? Offenbar befällt einen Gutteil der Bischöfe– vielleicht auch angesichts der drehenden politischen Großwetterlage – doch Zweifel, wenn es darum geht, nach der AfD auch die CDU zu maßregeln. Das aber wirft nicht nur gutes Licht auf die Entscheidung zur Parteinahme gegen die Rechtspopulisten. Im Herbst 2023 hatte der Augsburger Bischof Bertram Meier noch gesagt, die Zeiten, in denen es Wahl-Hirtenbriefe mit Empfehlungen gab, seien vorbei – „und das ist gut so“. Wäre die DBK bei dieser zurückhaltenden Linie geblieben, die ja politische Äußerungen zur Sache keinesfalls ausschließt, dann würden jetzt Distanzierungen, in denen „die parteipolitische Positionierung von Bischöfen“ als „falsch“ bezeichnet wird, weniger dissonant klingen.

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