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Kanzlergesang hinterm Duschvorhang

In der von links hochgejazzten Stadtbild-Debatte hat Friedrich Merz recht. Es wird Zeit, dass der Bundeskanzler auch ohne Umfragedruck klar formuliert und handelt.
Friedrich Merz und die Stadtbild-Diskussion
Foto: IMAGO / Chris Emil Janßen | Bei der von Friedrich Merz losgetretenen Stadtbild-Debatte geht es nicht um ein kulturell-ästhetisches Problem oder fragwürdige Präferenzen in Bezug auf Herkunft und Hautfarbe.

Große Filmsequenzen können mitunter zu politischen Metaphern werden.  „To Rome with Love“ heißt ein Woody-Allen-Film von 2012. Der erfolglose Opernregisseur Jerry trifft bei einer Romreise auf den Beerdigungsunternehmer Giancarlo, ganz nebenbei ein begnadeter Laiensänger italienischer Opernarien. Jammerschade, dass Giancarlo nur unter der Dusche wirklich gut singen kann. So inszeniert Jerry notgedrungen eine Oper um eine Duschkabinen-Bühne herum, mit Giancarlo als Bajazzo. Trotz Seifenschaum und Wasserschauer tobt das Publikum vor Begeisterung – hingerissen von der betörenden Stimme Giancarlos.

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Cineasten, die gleichzeitig aufmerksam die innenpolitischen Entwicklungen hierzulande verfolgen, müssen unweigerlich an Bundeskanzler Friedrich Merz denken. Anscheinend nur unter der kalten Dusche aktueller AfD-Umfragewerte findet seine Stimme zu der wirkmächtigen Qualität, die Parteigänger und Wähler viel zu oft vermissen. In der Vorausschau auf fünf Wahlen im kommenden Jahr entwickelt der AfD-Zuspruch eine für die Union beängstigende Dynamik. Und ganz plötzlich wird des Kanzlers kräftige Stimme wahrgenommen und die aus Ampelzeiten wohlbekannte Koalitionslethargie durchbrochen.

Zeichen eines breiten und lang anhaltenden Politikversagens

Auch wenn in Berlin am Dienstagabend 2.000 Demonstranten gegen Friedrich Merz demonstrierten: In der von links hochgejazzten Stadtbild-Debatte hat Merz recht. Diese Ansicht kann man vertreten, auch ohne Rassist oder Nazi zu sein, wie von bestimmten Kräften unterstellt wird. Aber Fehlentwicklungen, die sich im Stadtbild vieler Ballungszentren für jeden sichtbar abzeichnen, gehen vor allem zurück auf falsch gesteuerte Einwanderung und schlecht gemanagte Integration. Das ist die politische Verantwortung derjenigen, die in den letzten Jahren aus demokratischen Wahlen mit einem Regierungsauftrag hervorgegangen sind.

Wenn also Asylbewerber ohne Beschäftigung herumlungern und das Bild der Innenstädte prägen, dann ist das vor allem Zeichen eines breiten und lang anhaltenden Politikversagens in der Vergangenheit. Wer zu uns kommen darf, muss auch arbeiten dürfen, wer Leistungen empfängt, der muss auch Leistungen erbringen, wer von gesellschaftlichen Regeln profitiert, muss sich auch an diese halten. Kriminelle wie Drogendealer, Zuhälter und Gewaltverbrecher gehören, wie geplant und inzwischen auch umgesetzt, konsequent abgeschoben.

Jeder lokale Polizeireporter weiß, wovon die Rede ist. Erst am Wochenende wurde der Großteil einer 20-köpfigen, syrischen Großfamilie abgeschoben. Die anerkannten Asylbewerber oder zumindest Aufenthaltsberechtigten mit Duldungsstatus sorgten in Stuttgart seit Jahren für Schlagzeilen, jetzt haben sie Deutschland verlassen. Als Abschiedsprämie gab es für jeden der 20 Clan-Mitglieder 1.350 Euro plus Flug.

Auch die Kirchen müssen jetzt handeln

Den Familienmitgliedern werden insgesamt über 160 Straftaten zur Last gelegt. Jeder Tag länger in Deutschland wäre teurer gewesen – und gefährlich dazu. „Zum jetzigen Zeitpunkt war die kontrollierte Ausreise die einzige Möglichkeit, den Aufenthalt der Familienmitglieder zu beenden“, so Baden-Württembergs christdemokratische Justizministerin Marion Gentges. Für verurteilte Straftäter gelte ein Wiedereinreiseverbot, welches zwischen fünf Jahren und einer unbefristeten Sperre variiere. Bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen muss wohl nachgesteuert werden.

Insgesamt geht es bei der Stadtbild-Debatte nicht um ein kulturell-ästhetisches Problem oder fragwürdige Präferenzen in Bezug auf Herkunft und Hautfarbe. Es geht darum, dass die deutsche Bürgergesellschaft diejenigen willkommen heißt, die sich freudig und dankbar zu ihr bekennen und einen Beitrag zu einem gelingenden Miteinander leisten wollen. Das ist Deutschland auch denjenigen schuldig, die besonders unter der derzeitigen Situation leiden. Es geht um die gut integrierten, fleißigen und respektvollen Einwanderer, die zu Unrecht mit denen in einen Topf geworfen werden, die durch Straftaten und gesellschaftliche Verweigerung das Zusammenleben belasten.

Das muss Bundeskanzler Friedrich Merz künftig noch klarer aussprechen und zum Maßstab seiner Politik machen, auch ohne die kalte Dusche schlechter Umfragewerte. Die Kirchen, katholisch oder evangelisch, sollten diesen Kurs unterstützen, der sich bei gebotener Akzeptanz für Migranten ein friedliches Zusammenleben in einem Rechtsstaat zum Ziel setzt. 

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