Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar um "5 vor 12"

Missionsland Deutschland

Warum der Weltmissionssonntag auch ein Aufruf zur Selbstevangelisierung ist. Und was manche Amtsträger und Theologen übersehen.
Lichterprozession Adoratio
Foto: Medienportal Bistum Passau | Weshalb verzichtet die Deutsche Bischofskonferenz auf ermutigende Stellungnahmen für Priester und Laien, die Initiativen wie „Nightfever“ oder „Adoratio“-Treffen oder „Focus“-Missionare ermöglichen?

Der Weltmissionssonntag rückt in diesem Jahr resiliente Christen in den Fokus: Sowohl auf den Philippinen und in Myanmar, den Schwerpunktländern der deutschen Bistümer, als auch im Südsudan, dem Schwerpunktland von Missio Österreich, zeigt sich, welche Widerstandskraft zur Nachfolge Jesu gehört.

Lesen Sie auch:

Angesichts der Selbstverständlichkeit, mit der auch viele Katholiken in den muttersprachlichen Gemeinden nördlich der Alpen ihren Glauben bekennen, springt das Unbehagen deutscher Kirchenkreise mit missionarischen Initiativen besonders ins Auge. Just am Weltmissionssonntag stellt das ZDF erstmals die Übertragung eines Queer-Gottesdienstes in Aussicht und legt damit unfreiwillig offen, wo derzeit die größte missionarische Herausforderung für die Katholiken in Deutschland liegt: in der Ortskirche selbst, die mit dem Missionsauftrag nicht mehr viel anzufangen weiß. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf brachte die Befindlichkeiten des kirchlichen Establishments unlängst präzise auf den Punkt: Evangelisierung sei zum „Kampfbegriff“ geworden. Und diese Sicht teilen nicht zuletzt Hauptamtliche mit dem Argument, sich um die intellektuelle Anschlussfähigkeit der Kirche zu sorgen. 

Weshalb verzichtet die DBK auf ermutigende Stellungnahmen für Priester und Laien

Warum aber hadern Theologieprofessoren und Hauptamtliche mit Initiativen, die keine Strukturdebatten fordern, sondern die Eucharistie, die Anbetung und das persönliche Zeugnis für Christus in den Fokus rücken? Weshalb verzichtet die Deutsche Bischofskonferenz auf ermutigende Stellungnahmen für Priester und Laien, die Initiativen wie „Nightfever“ oder „Adoratio“-Treffen oder „Focus“-Missionare ermöglichen? Warum entscheidet sich nur eine Minderheit im deutschen Episkopat für eine explizit evangelisierende Seelsorge? Die Rituale deutscher Kirchenkritik sind inzwischen zur Routine geworden: Auf Weltjugendtreffen mit dem Papst folgt das standardisierte Murren von Verbandsjugendlichen, während sich Geistliche und Laien, die in der Pfarrseelsorge Land für Lobpreisgruppen gewinnen, professorale Schelte ob vermeintlicher theologischer Defizite ihres Engagements einhandeln.

Aus der Kritik, die überzeugte Christen heute mitunter über sich ergehen lassen müssen, weil sie in der eucharistischen Anbetung oder in der überlieferten römischen Liturgie eine adäquate Form, ihren Glauben zu bekennen, sehen, spricht der fehlende Realitätssinn für das Wirken Gottes in der Gegenwart: Wenn die Sozialethikerin Ursula Nothelle-Wildfeuer befürchtet, Lobpreis könne zur Evangelisierung instrumentalisiert werden, übersieht sie, dass es in erster Linie Gott ist, der den Funken des Glaubens überspringen lässt, nicht der noch so gut gemachte Lobpreis der Gemeinde. 

Ist es Zufall, dass das Interesse an der akademischen Theologie hierzulande bei jungen studierfähigen Katholiken auf einem Tiefpunkt angekommen ist? Vielerorts fehlt in deutschen Kirchenkreisen die Erfahrung und Gelassenheit im Umgang mit der Weltkirche. Für den Verkündigungsauftrag zählen aber beide Säulen der Universalkirche: solide theologische Grundlagen und lebendige Spiritualität. Christus handelt wie ein guter Lehrer, der seinen Jüngern angemessene Spielräume gibt, Weltkirche eingeschlossen. Auch in geistlichen Biografien darf es Lernphasen und Umwege geben; sie diskreditieren die Redlichkeit eines Getauften nicht. Mehr Geschichtsbewusstsein wäre ein Fortschritt: Die Botschaft des Evangeliums selbst und der Missionsauftrag Jesu sind traditionell angefochten, die Getauften heute verdanken ihren Glauben Menschen, die ihn gegen Widerstände weitergegeben haben. Dieses Erbe verpflichtet. 

Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.

Themen & Autoren
Regina Einig Deutsche Bischofskonferenz Jesus Christus Katholikinnen und Katholiken Kirchenkritik Nightfever Deutschland Peter Kohlgraf Päpste Päpstliches Missionswerk Weltmissionssonntag

Weitere Artikel

Netto ändert sich durch die Ansagen des Papstes erst einmal nichts: Der DBK-Vorsitzende Bischof Georg Bätzing kündigt in Fulda eine Fortsetzung synodaler Beschlüsse an.
24.09.2025, 21 Uhr
Regina Einig
Das DBK-Kommissionpapier zur Vielfalt sexueller Identitäten an Schulen bleibt umstritten. Nun wurde bekannt, dass das Dokument ohne finale Abstimmung veröffentlicht wurde.
17.11.2025, 13 Uhr
Meldung

Kirche

Vom „Reis aus der Wurzel Jesse“ spricht der Prophet Jesaja in der Lesung des 2. Adventssontags. Was hat es damit auf sich?
07.12.2025, 00 Uhr
Redaktion
In der Adventszeit geht es auch um das Volk Gottes, das sich von seinen Sünden ab- und dem erwarteten Erlöser zuwendet.
06.12.2025, 00 Uhr
Redaktion
Der Papst hebt die von Franziskus eingerichtete „Commissio de donationibus“ auf und stellt die Mittelbeschaffung des Heiligen Stuhls auf eine neue Grundlage.
05.12.2025, 11 Uhr
Meldung
Dolce Vita zwischen Mode und Moderne: Wenn der Römer essen geht, sorgt die Kurie auch dann für Stoff, wenn der Papst auf Reisen ist.
07.12.2025, 05 Uhr
Mario Monte