Damals Stalin, heute Putin: Nicht nur der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wagte rund um das Holodomor-Gedenken am Wochenende diese Parallele: Josef Stalin habe vor 90 Jahren die Ukrainer durch Hunger zu brechen versucht, Wladmir Putin versuche es heute durch Dunkelheit und Kälte. Selbst Bundeskanzler Olaf Scholz sagte in deutlicher Anspielung auf Putins Vorgehen, Hunger dürfe nie wieder als Waffe eingesetzt werden. Papst Franziskus erinnerte in einem auf Ukrainisch verfassten Brief an den Holodomor vor 90 Jahren, um dann den aktuellen „absurden Wahnsinn des Krieges“ sowie Terror und Aggression scharf zu verurteilen.
Offensichtlich aufgerüttelt durch die aktuellen, von Putin vorsätzlich herbeigeführten Tragödien in der Ukraine, hat sich der Deutsche Bundestag jetzt dazu entschlossen, den Holodomor als „Menschheitsverbrechen“ anzuerkennen. Endlich! Denn wenngleich noch immer darüber diskutiert wird, wie viele Millionen Menschen damals ums Leben kamen, so ist eines doch unbestreitbar: Stalin versuchte gezielt, die Ukrainer und ihre kulturelle Identität durch einen Genozid zu brechen.
Auch der Vatikan anerkannte den Völkermord
In der Sowjetunion war das Thema völlig tabuisiert, über den Holodomor durfte nicht gesprochen werden. Mittlerweile haben neben der Ukraine, einigen ihrer Nachbarstaaten (Polen, Ungarn) und Leidensgenossen (Estland, Lettland, Litauen) mehr als ein Dutzend Staaten weltweit den Holodomor als Völkermord verurteilt – auch das Repräsentantenhaus der USA und das Europäische Parlament. Und natürlich der Heilige Stuhl. Deutschland ist in der Anerkennung dieses Verbrechens kein Vorreiter, sondern ein Nachzügler.
Übermorgen wird der Deutsche Bundestag den Holodomor der Jahre 1932/33 als Genozid am ukrainischen Volk anerkennen. Darauf haben sich die Koalitionsfraktionen und die CDU/CSU-Fraktion geeinigt. Dieses „Menschheitsverbrechen“ reihe sich ein „in die Liste menschenverachtender Verbrechen totalitärer Systeme, in deren Zuge vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa Millionen Menschenleben ausgelöscht wurden“, heißt es in dem Text, der am Mittwochabend in Berlin zur Abstimmung steht.
Die Resolution wagt auch den Brückenschlag zur Gegenwart: „Mehr denn je treten wir in diesen Tagen des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine, der gleichzeitig einen Angriff auf unsere europäische Friedens- und Werteordnung darstellt, dafür ein, dass für Großmachtsstreben und Unterdrückung in Europa kein Platz mehr sein darf.“ Das sind klare Worte, die klare Taten erhoffen lassen.
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