Donald Trump hat die Ukraine, die sich nach Frieden sehnt, an den Verhandlungstisch gezwungen – aber längst noch nicht Russland, das den Krieg weiterhin offensiv führt. Darum verhandelte die Ukraine in Berlin gar nicht mit dem Kriegsgegner Russland, sondern mit dem angeblichen Verbündeten USA.
Irgendwie scheint das kaum aufzufallen: Wolodymyr Selenskyj wird permanent genötigt, öffentlich Zugeständnisse zu machen, doch Wladimir Putin hat noch kein einziges gemacht. Im Gegenteil: Trotz aller Lügengebäude, die der Kreml rund um den Ukraine-Krieg errichtet hat, ist Moskau immerhin so ehrlich, einzugestehen, dass sich die russischen Kriegsziele nicht geändert haben – und auch nicht ändern werden.
Unterdessen haben Trumps Unterhändler in Berlin dem zunehmend verzweifelt wirkenden Präsidenten der Ukraine zwei Kapitulationen gegenüber Putins Forderungskatalog bereits abgerungen: Die Ukraine wird wohl auf einen NATO-Beitritt verzichten und sich stattdessen mit „robusten Sicherheitsgarantien“ zufriedengeben, obwohl bereits das (unter anderem von Russland und den USA unterzeichnete) „Budapester Memorandum“ von 1994 der Ukraine Sicherheitsgarantien gegeben hat, die – wie wir seit 2014 sehen – keinerlei Sicherheit garantiert haben. Und die Ukraine wird auf Teile ihres Staatsgebietes zugunsten des Aggressors verzichten. Die Frage ist nur noch, ob sie lediglich von Russland erobertes und besetztes Gebiet aufgibt oder auch noch verlustreich verteidigtes Staatsgebiet preisgeben muss.
Was lernt Taiwan aus der Tragödie?
Beides widerspricht der ukrainischen Verfassung, die das Ziel des NATO-Beitritts (aus berechtigter Angst vor Russland) ebenso festgeschrieben hat, wie die territoriale Integrität des Landes. Da Selenskyj – im Gegensatz zu Putin – kein Diktator ist, der sich über die eigene Verfassung hinwegsetzen kann, muss der ukrainische Präsident nun also eine Verfassungsänderung erwirken – und zwar gegen die Interessen des eigenen Landes. Dass ihm das die eigenen Bürger, deren Väter, Kinder und Ehepartner in der Verteidigung des Landes starben, nicht durchgehen lassen, stört weder Trump noch Putin.
Nicht geringer ist der Schaden, der weltpolitisch entsteht: Wenn sich Völkerrechtsbruch, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in diesem Fall für Putin auszahlen, was sollte andere potenzielle Aggressoren daran hindern, ihre imperialen Träume gewaltsam umzusetzen? Wenn der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen den russischen Diktator die weltpolitischen Akteure nicht daran hindert, so zu tun, als sei nichts passiert, wer sollte den Gerichtshof in Den Haag noch ernst nehmen? Xi Jinping und Kim Jong-un beobachten den Westen jedenfalls sehr genau. Und das auch hinsichtlich der real existierenden neuen US-Sicherheitsstrategie: Im Fall der Ukraine haben sich die Vereinigten Staaten vom größten Unterstützer zum nicht mehr ganz neutralen Vermittler, ja zu Putins wirkmächtigstem Deal-Maker entwickelt. Wollen und können sich Taiwan, Japan und Südkorea dennoch weiterhin auf ihre Schutzmacht USA verlassen?
Die Ukraine auf dem Silbertablett
Wladimir Putin jedenfalls kann und will seinen Vernichtungskrieg einfach weiterführen, denn was er auf dem Schlachtfeld nicht erreicht, das serviert ihm Donald Trump anschließend in „Verhandlungen“ auf dem Silbertablett. Schon haben Putins Lakaien die nächsten Bedingungen präsentiert: Moskau sagt Njet zu einer Kampfpause oder einem Waffenstillstand, und es lehnt Soldaten aus NATO-Staaten – und damit aus dem „Kreis der Willigen“ – als Sicherheitsgaranten in der freien Rest-Ukraine kategorisch ab. Die Ukraine darf auch nach Berlin weder auf Frieden noch auf Sicherheit hoffen, aber für Trumps Chefverhandler Steve Witkoff liegt jederzeit ein roter Teppich im Kreml bereit.
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.









