Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Kommentar um "5 vor 12"

Meloni ante portas

Die Rechtspartei der „Fratelli d’Italia“ gewinnt die Wahl und wird im politischen Rom alles auf den Kopf stellen. Europa erlebt die Stärkung einer neuen Rechten.
Parlamentswahlen in Italien
Foto: Gregorio Borgia (AP) | Eine vergleichsweise junge Frau, die aus der rechtsnationalen, postfaschistischen Jugendbewegung kommt, hat die Neuwahlen in Italien gewonnen: Giorgia Meloni.

Nicht ein Mitte-Rechts-Bündnis hat bei den vorgezogenen Neuwahlen in Italien gewonnen, sondern die rechtsnationale Giorgia Meloni und ihre kometenhaft aufgestiegene Partei der „Fratelli d’Italia“. Die „Lega“ Matteo Salvinis ist halbiert, gleiches gilt für die „Forza Italia“ Silvio Berlusconis, die beide historische Tiefststände erreicht haben. Aber zusammen können die drei wohl in Abgeordnetenkammer und Senat alleine regieren, ohne sich weitere Bündnispartner suchen zu müssen. Der linke „Partito democratico“ mit Ex-Regierungschef Enrico Letta kommt auf bescheidene 25 Prozent.

Und die Wahlbündnisse, die sich während des Wahlkampfs links und in der Mitte gebildet hatten, bekämpften sich gegenseitig, anstatt mit dem „Partito democratico“ einen starken Block gegen die Rechten zu bilden. Und der große Wahlgewinner von 2018, die „Bewegung der 5 Sterne“, erzielt mit 15 Prozent einen Achtungserfolg, muss aber ebenfalls in die Opposition. 

Das Ende der Linkspopulisten

Für eine vergleichsweise junge Frau, die aus der rechtsnationalen, postfaschistischen Jugendbewegung kommt, ist die Aufgabe der Regierungsbildung, die ihr Staatspräsident Sergio Mattarella mit hoher Wahrscheinlichkeit übertragen wird, eine fast übermenschliche Herausforderung. Sie muss nicht nur eine Regierung bilden, sondern auch Vertrauen im Ausland schaffen. Von Viktor Orbán und PiS in Polen über AfD bis zu Marine Le Pen werden ihr die Rechten zujubeln, die Linken werden das Schreckgespenst einer Rückkehr Mussolinis an die Wand malen.

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Meloni wird zeigen müssen, dass sie jetzt, da die gesamte politische Führungsriege Italiens der letzten Jahrzehnte in der Versenkung verschwindet, neue Köpfe präsentiert, denen man vertrauen kann. Nach den fünf Jahren eines linken Populismus der „Bewegung der 5 Sterne“ dürfen keine fünf Jahre eines rechten Populismus folgen. Die Bedrohung der Wirtschaft durch Inflation und Explosion der Energiekosten verlangt Sachverstand und politisches Augenmaß, nicht eine Politik der Straße.

Klar auf der Seite der Ukraine

Dass sie nicht ganz dem Klischee entspricht, hat Meloni schon gezeigt, indem sie sich im Ukraine-Krieg klar auf die Seite Kiews und des transatlantischen Bündnisses stellt und Waffenlieferungen für das angegriffene Volk der Ukraine fordert. Das Liebäugeln mit Putin, mit dem sich Berlusconi und Salvini lächerlich gemacht haben, findet in ihrer Regierung keine Fortsetzung. Man wird die künftige Rolle Italiens im europäischen Konzert erst dann beurteilen können, wenn Meloni ihr neues Kabinett vorstellt.

Insgesamt aber ist das geeinte Europa nach dem Schwenk in Schweden und jetzt mit der Wahl Melonis nach rechts gerückt. Italien und auch die politische Klasse Europas werden zeigen müssen, dass sie mit einer gestärkten Rechten leben und zusammenarbeiten können, ohne gleich mit ideologischem Schaum vor dem Mund einem linken Populismus neuen Auftrieb zu geben, der das Trugbild einer Rückkehr des Faschismus bekämpft.

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