Wäre der Bericht, in dem es in diesem Text geht, ein Krimi, könnte der Klappentext dazu lauten: „Sie sind mitten unter uns. Und sie werden stärker. Sie geben sich als unbescholtene Staatsbürger aus. Aber sie sind gefährlich. Sehr gefährlich. In Deutschland haben sie es gerade erst wieder unter Beweis gestellt: Christliche Fundamentalisten haben eine unbescholtene Frau diffamiert und ihre Ernennung zur Bundesverfassungsrichterin torpediert. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Denn es geht um viel mehr, nämlich eine rechts-religiös-extremistische Weltverschwörung, hochprofessionell, milliardenschwer finanziert. Dunkelmänner, die angetreten sind, um gegen alles zu kämpfen, was das Leben lebenswert macht.
Doch es gibt Hoffnung. Ein Kreis von mutigen Widerständlern bemüht sich seit Jahren, dieses Netzwerk und seine geheimen Schliche aufzudecken.“ Räuberpistolen lesen sich so viel besser als trockene Prosa. Trotzdem reklamiert das neueste Werk aus der Feder des europäischen Lobbyisten Neil Datta für sich, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit zu enthalten. Datta ist Generalsekretär des „European Parliamentary Forum for Sexual and Reproductive Health and Rights” (EPF), einer NGO, die durch Name und Logo eine Nähe zu den Institutionen der Europäischen Union suggeriert. Mitglieder sind Europaabgeordnete und Abgeordnete nationaler Parlamente. Dattas neuester Bericht „The Next Wave. How Religious Extremism is Reclaiming Power“ warnt vor dem Erstarken einer „religiös-extremistischen Agenda“ unter dem Deckmantel einer „säkularisierten, bereinigten Sprache von Tradition, Familie und Ordnung“. Zu den Antihelden des Berichts gehören vor allem christliche Organisationen und Lebensschützer bis hin zu Papst Franziskus höchstpersönlich.
Datta verzeichnet nach eigenen Angaben 270 „rechtsfeindliche und religiös extremistische Akteure in Europa“ und zeichnet „ihren zunehmenden Zugang zu politischer Macht, ihre Professionalisierung, ihre internationale Vernetzung und – in einigen Fällen – ihre Vereinnahmung ganzer Institutionen, politischer Parteien und Staaten“ nach. Deren Ziel? Ein „antifeministischer, gegen die Gleichstellung der Geschlechter gerichteter Pushback“, der Jahrzehnte sozialen Fortschritts zurückdrängen wolle, es vor allem auf die Rücknahme der „sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte“ abgesehen habe und dazu starke Summen aus dem außereuropäischen Raum und zunehmend auch aus Quellen öffentlicher europäischer Finanzierung empfange.
Diffamieren statt diskutieren
Was der Datta-Bericht elegant auslässt: Das EPF ist selbst eine Lobby-Organisation, die sich seit Jahren dafür einsetzt, ein europaweites Recht auf Abtreibung zu schaffen und die unter anderem von der „International Planned Parenthood Federation“, der „Open Society Foundation“ und der Europäischen Kommission finanziert wird. Kurz gefasst heißt das: Ein gut vernetzter internationaler Lobbyist, Neil Datta, wirft seinem politischen Gegner vor, ein internationales Netzwerk von Lobbyisten zu bilden. Das könnte man mit einem Schmunzeln als ganz normales Business unter Lobbyisten einordnen. Aber die Sache ist ernster, denn der EPF-Bericht zeichnet das Bild einer dunklen Bedrohung der freien europäischen Gesellschaft durch extremistische Christen. Ein Bild, das sich bei näherem Hinsehen freilich in seine Einzelteile auflöst. Trotzdem oder gerade deswegen lohnt es sich, es unter die Lupe zu nehmen, denn Neil Datta arbeitet mit rhetorischen Kniffen, kontextlosen Infos, Fehlinformationen bis hin zu bewusster Suggestion – Tricks, mit denen konservative und christliche Akteure in Europa immer häufiger in Misskredit gebracht werden sollen.
Dazu gehört an erster Stelle, dass eine Auseinandersetzung auf argumentativer Ebene völlig unterbleibt. Das moniert auch die österreichische Nationalratsabgeordnete Gudrun Kugler, die zu den in Dattas Report namentlich genannten Personen gehört. „Dieser Text ist kein Bericht oder Sachtext, sondern ein politisch aufgeladenes Dossier, das kritische oder konservative Positionen systematisch delegitimieren will. Meinungen werden kaum bis gar nicht porträtiert, stattdessen Andersdenkende mit abwertenden Begriffen wie ,extremistisch‘, ,anti-rights‘, ,hate‘, ,wolves‘, ,infiltrating‘ oder ,sectarian‘ etikettiert. Das ist keine demokratische Auseinandersetzung, sondern Ausgrenzung“, erklärt Kugler im Interview mit dieser Zeitung. Genauso widersprüchlich sei, dass der Bericht ausgerechnet unter dem Banner „liberaler Demokratie“ versuche, bestimmten Weltanschauungen pauschal die Legitimität abzusprechen. „Demokratie lebt vom Wettbewerb der Ideen – auch unbequemer. Wer konservative, christlich motivierte Positionen als extremistisch abtut, verengt den öffentlichen Raum“, ist Kugler überzeugt.
Als ideologische Stichwortgeberin der so gebrandmarkten internationalen christlich-extremistischen Rechten fungiert in der Logik des Berichts niemand anderes als die katholische Kirche selbst. Deren jüngstes Corpus delicti: die im März 2024 erschienene Erklärung „Dignitas infinita“ über die Menschenwürde aus dem Dikasterium für die Glaubenslehre, welche intensiv Bezug nimmt auf die Äußerungen von Papst Franziskus zu Abtreibung und (Trans-)Genderideologie. „Die Bekräftigung zuvor vertretener Positionen zur ,Gender-Theorie‘ und die Klarstellung zu neuen Themenbereichen wie Leihmutterschaft ebnen den Weg für eine theologische Untermauerung menschenrechtsfeindlicher Aktivitäten“, heißt es im EPF-Bericht wörtlich. Über seine Vertretung bei internationalen Organisationen wie der UN, der Weltgesundheitsorganisation und der EU wirke der Vatikan auch in die Politik; ebenso durch informelle Kontakte mit Politikern, speziell aus der Europäischen Volkspartei (EVP), der etwa die EU-Abgeordneten der CDU/CSU und der ÖVP angehören.
Über kirchennahe NGOs, denen Neil Datta den zweifelhaften Titel „Wölfe im Schafspelz“ gibt, greife die katholische Kirche außerdem in die Zivilgesellschaft ein. Auch die „Föderation der katholischen Familienverbände in Europa“ (FAFCE) – Dachverband des Familienbunds der Katholiken in Deutschland und des Katholischen Familienverbands in Österreich – erscheint als eine Vatikan-Marionette, die ihre Befehle direkt aus der Schaltstelle katholischer Macht empfange, was nur in bewusster Verzerrung oder völliger Ignoranz in Bezug auf die kirchlichen Strukturen passieren kann. Gleiches gilt für die französische „Fondation Jérôme Lejeune“, benannt nach dem Entdecker der Trisomie 21, den Papst Johannes Paul als ersten Präsidenten an die Päpstliche Akademie für das Leben berief und dessen Seligsprechungsprozess läuft.
Auf dem islamischen Auge blind
Die dezidiert antichristliche Zielrichtung des EPF-Berichts wird nicht zuletzt auch dadurch deutlich, dass nur ein einziges Mal auf eine islamische Organisation eingegangen wird. Dabei geht es um die Organisation for Islamic Cooperation (OIC) die gemeinsam mit der amerikanischen NGO Family Watch International (FWI) die Annahme eine homosexuellenfeindliche Gesetzgebung befördert habe. Dass es mehrheitlich muslimische Länder sind, in denen Homosexuelle zum Teil die Todesstrafe zu befürchten haben, spart Neil Datta aus.
Dabei wäre eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem aus der Scharia abgeleitete Gedankengut eines Teils auch der Muslime in westlichen Ländern nun wirklich einmal ein Ansatz, um die leibliche Sicherheit und Akzeptanz von Frauen, Homosexuellen und Transpersonen zu verbessern. Für Deutschland hält auch der Verfassungsschutz fest, dass für islamistische Gruppierungen die Ablehnung von „sexueller und geschlechtlicher Vielfalt“ weit verbreitet sei.
Beispielhaft sei auch erinnert an die bundesweite Studie der Universität Münster über die Einstellungen künftiger islamischer Religionslehrer von 2024. Ein Viertel der Befragten – größtenteils deutsche Staatsbürger, darunter eine weibliche Mehrheit – unterstützte darin Aussagen wie „Die Gesellschaft wäre besser dran mit einer strikteren Trennung von Männern und Frauen“, „Die islamischen Gesetze der Scharia, die Handlungen wie Ehebruch oder Homosexualität hart bestrafen, sind viel besser als die deutschen Gesetze“ und „Die Muslime sollten sich um eine Rückkehr zu einer Gesellschaftsordnung bemühen, wie sie zur Zeit des Propheten Mohammed herrschte“. Über die Hälfte der Befragten war der Ansicht, dass das Händeschütteln zwischen Frauen und Männern vermieden werden sollte.
Auch die Natürliche Familienplanung ist böse
Für Neil Datta alles offenbar kein religiöser Extremismus. Stattdessen gehören für ihn all die dazu, die sich aus christlicher Sicht für Ehe, Familie und behinderte Menschen einsetzen – und seit Neuestem auch das, was im Bericht unter „Anti-gender Services“ firmiert: natürliche Familienplanung, Schwangerschaftskonfliktberatungen, entwicklungssensible Sexualpädagogik. Der Bericht sagt dazu: „Religiöse Extremisten gehen mittlerweile über die Ablehnung sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechte (SRHR) hinaus und entwickeln eigene Alternativen. Diese pseudowissenschaftlichen Dienste, die auf religiösen Dogmen basieren, richten sich an junge Menschen, schwangere Frauen und LGBTQI-Gemeinschaften, um den Zugang zu Verhütungsmitteln, Abtreibung, umfassender Sexualaufklärung und gleichgeschlechtlichen Beziehungen subtil zu untergraben.“
Der Bericht unterschlägt an dieser Stelle vieles. Zum Beispiel, dass funktionierende Methoden der natürlichen Familienplanung durch die Arbeit von in Fachkreisen hoch angesehenen Ärzten wie John Billings und Josef Rötzer wissenschaftlich abgesichert sind. Oder dass die von Neil Datta gepriesenen sexualpädagogischen Leitlinien der Weltgesundheitsorganisation auf den Thesen des deutschen Pädophilie-Befürworters und Täters Helmut Kentler beruhen. Besonders krude wird es, wenn Neil Datta erklärt, mit steigender politischer Unterstützung für „Anti-Gender-Dienste“ ergäben sich „zunehmend Möglichkeiten zur Monetarisierung“ durch den Verkauf von Lehrplänen und Schulungsmaterialien, „wodurch Einnahmequellen für die weitere Expansion geschaffen werden“.
Tatsächlich ist es wohl eher so, dass Menschen, die auf Methoden der natürlichen Familienplanung oder die natürliche Behandlung von Fruchtbarkeitsstörungen (zum Beispiel NaPro-Technologie) zurückgreifen, der milliardenschweren Verhütungsmittel- und Fertilitätsindustrie als Kunden verloren gehen.
Zitieren statt definieren
Voraussetzung für eine demokratische Auseinandersetzung wäre eine gemeinsame begriffliche Grundlage. Doch auch hier Fehlanzeige: Die wesentlichen Begriffe werden im Bericht nicht definiert, sondern vorausgesetzt. Unter der Chiffre des „religiösen Extremismus“ fasst Neil Datta wahllos alles zusammen, was der Agenda des EPF widerspricht und rückt alle damit bezeichneten Organisationen und Einzelpersonen in die Nähe von Gewalt und Kriminalität. Gleiches gilt für das zentrale Konzept der „sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte“. Der Bericht spricht hier von „unseren hart erkämpften Rechten“, die dann im Laufe des Berichts einfach mit „Menschenrechten“ gleichgesetzt werden. Wer also ein Problem mit dem hat, was sich hinter der Chiffre verbirgt, wird im Lichte des Berichts zum Feind von Menschenrechten, Frauen und LGBT-Personen.
Was Neil Datta unterschlägt: Vor 30 Jahren etablierte die UN-Weltbevölkerungskonferenz von 1994 in Kairo das Konzept der „sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte“ (SRGR), das seitdem für die weltweite Förderung von Abtreibung, Verhütung und sexueller Vielfalt steht. Darauf berufen sich die Beförderer der Legalisierung von Abtreibung seitdem. Nur: „Die sogenannten ,sexuellen und reproduktiven Rechte‘ sind nicht als solche in irgendeinem völkerrechtlich bindenden Primärtext ausdrücklich garantiert. Sie werden aus mehreren garantierten Rechten wie zum Beispiel dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, auf Privatsphäre und auf Gleichheit vor dem Gesetz abgeleitet“, erklärt der Jurist Felix Böllmann von ADF International. „Die konkrete Ausgestaltung als ,sexuelle und reproduktive Rechte’ ergibt sich vor allem aus Interpretationen und Soft Law, nicht aus dem Wortlaut der Rechtsgarantien, erst recht nicht der Europäischen Union, denn in Fragen der Gesundheitspolitik sind vor allem die Mitgliedstaaten kompetent.“
„Alliance Defending Freedom“ (USA) und ADF International (weltweit) setzen sich für das Recht auf Leben, Elternrechte, Meinungs- und Glaubensfreiheit sowie für die unveräußerliche Würde aller Menschen ein. Die Juristenvereinigung gehört ebenfalls zu den von Neil Datta anvisierten Gruppierungen. Zu ADF bemerkt Datta, die Organisation werde „als Hassgruppe betrachtet“ und bezieht sich auf einen Bericht des „Global Project on Hate and Extremism”. Später im Text heißt es dann einfach nur noch „die Hassgruppe ADF“. Hier wird besonders deutlich, welche Methoden das EPF anwendet: Es ist Teil eines Netzwerks von linken Organisationen, die mithilfe von Berichten wissenschaftlichen Anstrichs Begriffe einführen und umdeuten, um sich dann gegenseitig zu zitieren und auf dieser Basis die Gegenseite zu diffamieren.
Tricks, Täuschung, Halbwahrheiten
Auch Gudrun Kugler bezeichnet die Methode des Berichts als pauschale Diffamierung: „Christlich orientierte Organisationen, Intellektuelle oder Abgeordnete, die sich für Lebensschutz, Elternrechte oder Familienförderung, Meinungsfreiheit oder Gewissensfreiheit einsetzen, laufen Gefahr, als Bedrohung für die Demokratie abgestempelt zu werden.“ Für die Betroffenen sei das rufschädigend: „Die Methode erinnert an Cancel Culture inklusive Kontaktschuld so à la ,A kennt B, und B war mal auf einer Demo mit C‘.“
Glaubt man Neil Datta, arbeiten katholische Lebensschützer und Politiker also Arm in Arm mit russischen Oligarchen, Patriarch Kyrill und Wladimir Putin höchstpersönlich an der Demontage liberaler Demokratien. So führt der Bericht auch den russischen Oligarchen Konstantin Malofejew auf, deren zweite Ehefrau Maria Lvova-Belova als russische Kinderrechtsbeauftragte neben Putin hauptverantwortlich ist für die zwangsweise Entführung von etwa 20.000 ukrainischen Kindern, die nach Russland verschleppt wurden. Einen Zusammenhang zwischen solch verbrecherischen Machenschaften und Lebensschützern in Europa konstruiert Neil Datta über die Petitionsplattform CitizenGO, die angeblich von Konstantin Malofejew finanziert worden sei. Laut dem deutschsprachigen Kampagnenleiter Eduard Pröls, ist die angebliche Finanzierung der Plattform durch Malofejew frei erfunden. „CitizenGO wurde und wird ausschließlich von Kleinspendern finanziert“, erklärt er gegenüber dieser Zeitung. „Wie man auch auf unserer Website nachlesen kann, beliefen sich unsere Einnahmen im Jahr 2024 auf 6,5 Millionen Euro, davon zu 57 Prozent aus einmaligen Kleinspenden und zu 43 Prozent aus monatlichen Spenden. In der Regel handelt es sich um zehn, 20 oder 50 Euro, manchmal 100. Höhere Beträge sind sehr selten“, so Pröls.
Am Ende geht’s ums Geld
Apropos Finanzen: „Zwischen 2019 und 2023 wurden von 275 Organisationen, die sich in Europa in Anti-Gender-Initiativen engagieren, Finanzmittel in Höhe von insgesamt 1,18 Milliarden US-Dollar generiert“, hält Neil Datta fest, wobei es sein Geheimnis bleibt, wie genau sich diese Zahl berechnet. Das ist aber fast unerheblich verglichen damit, dass er suggeriert, es handle sich hierbei um eine horrende Summe. Um das Ganze in die richtige Perspektive zu rücken: Allein der UN-Weltbevölkerungsfonds, auf dessen Agenda die Förderung „sexueller und reproduktiver Gesundheit und Rechte“ ganz oben steht, besaß zwischen 2022 und 2025 ein Budget von über sechs Milliarden Euro. Auch die UN-Frauenorganisation „UN Women“ – weltweiter Spitzenförderer der „sexuellen und reproduktiven Rechte“ und der Genderideologie – erhielt alleine für das Doppeljahr 2024-2025 mehr als eine Milliarde. Vor diesem Hintergrund erscheint die geballte Finanzkraft der herbeifantasierten christlich-extremistischen Weltverschwörer doch eher lächerlich.
Trotzdem wird spätestens hier klar: Am Ende geht es ums liebe Geld. Das soll möglichst nicht aus öffentlichen Quellen in die genannten Organisationen fließen. Deshalb stellten Mitglieder des European Parliamentary Forums, unter anderem die deutsche Grünen-Abgeordnete Alexandra Geese, den Datta-Bericht Ende Juni im Europäischen Parlament vor. Von den Mitgliedern des EPF aus dem Europäischen Parlament, dem Deutschen Bundestag und dem österreichischen Nationalrat war kein einziger zu einer Stellungnahme zum Datta-Bericht zu bewegen. Will dort niemand mit offenem Visier kämpfen, wo das EPF doch gerade der Gegenseite vorwirft, unterhalb der öffentlichen Aufmerksamkeitsgrenze vorzugehen?
Die Taktik lautet Einschüchterung
Neil Dattas Bericht ist kein Einzelfall. In der gleichen Weise operierte beispielsweise auch der Rechtsextremismusbericht des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW). Anja Hoffmann, die Geschäftsführerin des „Observatory on Intolerance and Discrimination against Christians in Europe” (OIDAC) – ebenfalls im Datta-Bericht aufgeführt – zeichnete zuletzt detailliert nach, wie diese Art von Einschüchterung über den sogenannten „chilling effect“ (Abschreckungseffekt) die Meinungs- und Religionsfreiheit in Europa nachhaltig einengt: OIDAC fand heraus, dass nicht nur Christen, sondern ein immer größerer Teil der europäischen Bevölkerung aus Furcht davor, als Rechtsextremist abgestempelt zu werden, mit den eigenen Positionen hinterm Berg halten. Das Statistische Bundesamt bestätigt: 2023 waren 44 Prozent der Deutschen der Meinung, dass es besser ist, vorsichtig zu sein, wenn es um die Äußerung der politischen Meinung geht. Die Zahl derer, die sich frei fühlen, ihre politische Meinung zu sagen, fiel von 78 Prozent in den späten 90ern auf 40 Prozent im Jahr 2023.
Ein nicht von Argumenten, sondern von negativen Zuschreibungen geprägter Umgang mit politisch Andersdenkenden, wie er durch das EPF, aber in Deutschland aktuell auch mit den Kritikern von Frauke Brosius-Gersdorf passiert, trägt zu einem solchen Klima der Angst bei. Wer bei Neil Datta also etwas über eine rechts-religiös-fundamentalistische Weltverschwörung sucht, wird enttäuscht. Stattdessen erfährt man viel über Pro-Abtreibungs-Lobbyismus und seine Funktionsweise. Und wenn heute irgendwo Aufklärung nottut, dann offensichtlich hier.
Dieser Artikel wurde am 6. August korrigiert.
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