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Hirte: Widerspruchslösung gefärdet Schutz der Selbstbestimmung

An der sogenannten „doppelten Widerspruchslösung“ bei der Organspende, zu der Bundesgesundheitsminister Spahn heute einen Gesetzesentwurf präsentiert, kommt Kritik aus den Reihen der eigenen Partei.
Jens Spahn stellt Gesetzesentwurf zur Widerspruchslösung vor
Foto: Daniel Maurer (dpa) | Der Organspendeausweis wäre wohl nicht mehr nötig, wenn das Parlament den Vorschlag von Gesundheitsminiser Jens Spahn (CDU) zur Widerspruchslösung annehmen würde.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn stellt heute im Bundestag seinen Gesetzesentwurf zur Widerspruchslösung beim Thema Organspende vor. Der Vorschlag des CDU-Politikers sieht vor, dass jeder Bürger nach seinem Tod automatisch Organspender wird, wenn er dies zuvor nicht ausdrücklich abgelehnt hat. Von einer „doppelten Widerspruchslösung“ ist die Rede, da auch Angehörige nach dem Tod eines Verstorbenen noch widersprechen können.

Hirte: Spahns Vorschlag gefährdet postmortalen Schutz der Selbstbestimmung

Der Vorstoß des Gesundheitsministers Spahn sorgt bereits seit Monaten für kontrovers geführte Debatten. Kritik kommt nun auch aus der eigenen Partei: Der Kölner CDU-Bundestagsabgeordnete Heribert Hirte verwies in einer Erklärung, die der "Tagespost" vorliegt, auf das vom Grundgesetz garantierte Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper, das auch über den Tod hinaus reiche. Dieses Recht könne zwar verhältnismäßig eingeschränkt werden, „doch der von Minister Spahn vorgelegte Entwurf überschreitet diese Verhältnismäßigkeit offensichtlich und gefährdet den postmortalen Schutz der Selbstbestimmung“.

Hirte ist der Meinung, dass es effektivere und mildere Mittel gebe, um die Zahl der Organspender zu erhöhen. Daher wolle er einen fraktionsübergreifenden Gesetzesentwurf vorlegen, der die Selbstbestimmung über den eigenen Körper achte und gleichzeitig auch die bestehende Zustimmungsregelung stärke.

Gemeinsame Erklärung gegen Spahns Vorstoß von Politikern aller Parteine außer AfD

Hierzu veröffentlichten Politiker von CDU, CSU, SPD, FDP, Linkspartei und den Grünen bereits eine gemeinsame Pressemitteilung, in der sie für bessere Aufklärung, verbindliche Ansprache und freiwillige Entscheidung plädieren. „Wir wollen die Organspende nach dem Tod als eine bewusste und freiwillige Entscheidung beibehalten und stärken, die nicht durch den Staat erzwungen werden darf. Die Selbstbestimmung über den eigenen Körper ist ein zentrales Element menschlicher Würde“, heißt es in der Erklärung. Dieses Menschenrecht dürfe nicht durch ein nachträgliches Veto ausgehebelt werden.

Zu den Abgeordneten, die sich der Mitteilung anschlossen, gehören unter anderen Stephan Pilsinger (CSU), Hilde Mattheis (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne).

DT/mlu

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