Den ehemaligen Bundesgesundheitsministern Jens Spahn (CDU) und Karl Lauterbach (SPD) steht neuer Ärger ins Haus. Grund ist die Antwort des Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf eine „Kleine Anfrage“ des AfD-Abgeordneten Kay-Uwe Ziegler. Das Mitglied des Gesundheitsausschusses des Bundestags wollte von der Bundesregierung wissen, „wie viele der rund 183.000 in Deutschland im Zusammenhang mit Corona gemeldeten Todesfälle auf Personen entfielen, die nicht gegen COVID-19 geimpft waren?“
Die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs bei Bundesgesundministerin Nina Warken, Georg Kippels (beide CDU), macht sprachlos. Denn danach war der Impfstatus „in rund 115.000 Fällen“ – 62,8 Prozent – „unbekannt“. Rund 39.000 (21,3 Prozent) waren „ungeimpft“, rund 33.000 (18 Prozent) „mindestens einmal geimpft“. Die Daten beträfen, so Kippels in der Antwort der Bundesregierung, „die Kalenderjahre 2020 bis 2040 (Datenstand: 1. März 2025)“ und seien „im Meldesystem gemäß Infektionsschutzgesetz an das Robert-Koch-Institut (RKI) übermittelt“ worden. Recherchen der „Neuen Zürcher Zeitung“ zufolge, die Anfang der Woche als erste über die Kleine Anfrage und die Antwort der Regierung berichtete, fallen rund 36.291 der 39.000 „ungeimpften“ Corona-Toten in das Jahr 2020, als in Deutschland noch kein Impfstoff zur Verfügung stand.
Welche Datenbasis verwendete Spahn?
Die Antwort des BMG wirft erneut die Frage auf, auf welcher Datenbasis Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die Behauptung, es gäbe eine „Pandemie der Ungeimpften“ eigentlich getroffen und damit die Spaltung der Gesellschaft massiv befördert hat. Bereits die geleakten RKI-Protokolle hatten gezeigt, dass Spahns Behauptung der fachlichen Einschätzung des RKIs widersprach. In einem mit „Ergebnisprotokoll vom 5. November 2021“ überschriebenen Dokument heißt es: „In den Medien wird von einer Pandemie der Ungeimpften gesprochen. Aus fachlicher Sicht nicht korrekt, Gesamtbevölkerung trägt bei. Soll das in Kommunikation aufgegriffen werden?“ Weiter heißt es in dem Protokoll: „Sagt Minister bei jeder Pressekonferenz, vermutlich bewusst, kann eher nicht korrigiert werden.“ Vor der Bundespressekonferenz hatte Spahn am 3. November 2021 erklärt: „Wir erleben gerade vor allem eine Pandemie der Ungeimpften - und die ist massiv. Die Infektionszahlen steigen. Zur Wahrheit gehört: auf den Intensivstationen würden deutlich weniger COVID-19-Patienten liegen, wenn alle, die es könnten, sich auch impfen lassen würden.“
Auch der auf Spahn folgende Gesundheitsminister Karl Lauterbach hatte am 11. September 2021 als SPD-Gesundheitsexperte getwittert: „(…) Die Pandemie wird zu einer Pandemie der Ungeimpften. 2G ist Teil der Lösung.“ Im Juli 2021 hatte Spahn per Verordnung das Infektionsschutzgesetz geändert und die Krankenhäuser verpflichtet, den Impfstatus sämtlicher auf den Intensivstationen Verstorbener zu notieren, um den Erfolg der Impfstoffe besser beurteilen zu können. Die nun von der Bundesregierung vorgelegten Zahlen zeigen jedoch, dass die Kliniken entweder nicht in der Lage oder nicht willens waren, die Vorgaben zu erfüllen.
Auch Lauterbach bewirkte keine Änderung der laxen Praxis
Lauterbach hat offenbar keine Änderung der laxen Praxis bewirkt. FDP-Urgestein Wolfgang Kubicki, der während der Pandemie zu den härtesten Kritikern vieler Maßnahmen zählte und einen Untersuchungsausschuss forderte, misst dem „politische Brisanz“ bei. Der Grund: Das Bundesverfassungsgericht habe seine „Urteile zu den Corona-Maßnahmen auf der Grundlage unvollständiger oder verzerrter Informationen fällen“ müssen. Virologen wie Ulf Dittmer (Essen), Alexander Kerkulé (Halle), Jonas Schmidt-Chanasit (Hamburg), Klaus Stöhr (München) und Hendrik Streeck (Bonn) hatten während der Pandemie immer wieder deutliche Kritik an der mangelhaften Datenerhebung in Deutschland geübt und sie als „unzureichend“ oder gar „grauenhaft“ bezeichnet.
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