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Das Toben der SPD nach dem Rückzug Brosius-Gersdorfs

„Skalp hängt am Gürtel von Björn Höcke“: Während Fraktionschef Miersch die Koalition anzählt, spricht Ralf Stegner vom Triumph des rechten „Mobs“.
Berlin, Deutschland, 07.07.2025: Deutscher Bundestag: SPD-Fraktionssitzung: Matthias Miersch, SPD *** Berlin, Germany, 0
Foto: IMAGO/dts Nachrichtenagentur (www.imago-images.de) | Fragt sich mit seinen Abgeordneten, „wie belastbar diese Koalition überhaupt noch ist, wenn sich der andere Partner nicht an Absprachen hält": SPD-Fraktionsvorsitz Matthias Miersch.

Die SPD hatte sie nominiert, am Donnerstag hat Verfassungsrichterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf dann nach wochenlanger Diskussion und der geplatzten Wahl in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause einen Rückzieher gemacht. Die Sozialdemokraten erwarten nun im Bundestag mehr Verlässlichkeit ihrer Koalitionspartner CDU und CSU, welche zur Wahl der Juristin wiederholt Zustimmung signalisiert hätten.

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In einem Brief an die Abgeordneten bedauert SPD-Bundestagsfraktionschef Matthias Miersch den Rückzug von Brosius-Gersdorf: „Sie ist eine herausragende, fachlich exzellent qualifizierte Juristin von großer persönlicher Integrität und mit einer klaren demokratischen Haltung“, lobt Miersch. „Dass sich zentrale Teile der CDU/CSU-Fraktion am Ende“ von ihrer Zustimmung distanziert hätten, erschüttere nicht nur Vertrauen, sondern stelle das Fundament infrage, auf dem demokratische Zusammenarbeit überhaupt möglich sei, so Miersch weiter. „Vielleicht fragen sich einige von euch, wie belastbar diese Koalition überhaupt noch ist, wenn sich der andere Partner nicht an Absprachen hält.“ Diese Frage stelle sich zu Recht, mit Blick auf den „Zustand, in dem sich die Unionsfraktion bei der Richterwahl präsentiert“ habe.

„Triumph des rechten Mobs"

Als Niederlage für demokratische Parteien bezeichnete SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner Brosius-Gersdorfs Rückzug gegenüber deutschen Medien. „Der Tag wird in die Geschichte eingehen als der Tag, an dem der rechte Mob erstmals einen Triumph gefeiert hat“, so Stegner. Die Parteien hätten sich „demgegenüber als wehrlos erwiesen“. „Der politische Skalp hängt am Gürtel von Björn Höcke“, so der Abgeordnete. Er hoffe, dass dies als „Warnschuss“ verstanden werde. Von Bundeskanzler Friedrich Merz fordere er ein deutliches Bekenntnis gegen Rechts. Merz solle Fraktionschef Jens Spahn (CDU) auswechseln und die Mehrheitsfähigkeit der Koalition sicherstellen. „Wenn die Union keine demokratische Mehrheit garantieren kann, stellt sich die Führungsfrage“, so Stegner. „Eine Wiederholung eines solchen Vorgangs muss ausgeschlossen werden.“

Auch Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) bedauerte den Rückzug der Richterin. Seine Partei sehe die Verantwortung für den Rückzug bei der Union. „Die SPD hat immer zu dieser exzellenten Kandidatin gestanden. Diejenigen, die am Ende nicht zu ihrem Wort innerhalb der Koalition gestanden haben, müssen dringend aufarbeiten, was da passiert ist“, so der Finanzminister wörtlich. „So ein Vorfall darf sich nicht wiederholen.“ Jens Spahn hatte Brosius-Gersdorf bereits am Donnerstag „größten Respekt“ für ihre Entscheidung gezollt. Es habe auch „herabsetzende und beleidigende Kritik“ an der Juristin gegeben, welche die Unionsfraktion verurteile, so Spahn. Weiter bedauerte er, „dass diese Lage auch durch die zu späte Ansprache unserer inhaltlichen Bedenken entstehen konnte“.

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Am Donnerstag hatte Brosius-Gersdorf in einem Schreiben ihrer Anwaltskanzlei bekannt gegeben, das Amt der Bundesverfassungsrichterin nicht mehr anzustreben. Sie stehe nicht mehr zur Verfügung, denn ihr sei aus der Unionsfraktion „sehr deutlich signalisiert“ worden, dass ihre Wahl „ausgeschlossen“ sei. „Teile der CDU/CSU-Fraktion lehnen meine Wahl kategorisch ab“, so die Rechtsprofessorin. Die Juristin sieht sich als Opfer einer medialen Kampagne: Gegen sie sei „Desinformation und Diffamierung“ betrieben worden, man habe sie als „ultralinke Aktivistin“ bezeichnet, beklagt sie in ihren Ausführungen. DT/elih

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