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Biden und der Vatikan: Die Chemie stimmt

Joe Biden und Papst Franziskus hatten einen traurigen Anlass, um sich persönlich näher kennenzulernen. Das Verhältnis der beiden fußt auf einigen Gemeinsamkeiten.
Joe Biden und Papst Franziskus
Foto: Vatican Media (X01934) | 2013 trafen sie zum ersten Mal zusammen: Der damalige Vizepräsident Joe Biden und Papst Franziskus.

Bereits ein kleines Detail macht den Unterschied deutlich: Papst Franziskus hat den Glückwunsch abgewartet, den Erzbischof José Horacio Gomez von Los Angeles im Namen der Bischofskonferenz der Vereinigten Staaten nach der Präsidentschaftswahl in einer Grußadresse an Joe Biden gerichtet hatte. Dann aber griff Franziskus selber zum Telefon und sprach länger mit dem gewählten Präsidenten, was das Team Biden-Harris in einer längeren Note öffentlich machte, während Vatikansprecher Matteo Bruni das Gespräch anschließend nur kurz bestätigte. Nach der Wahl von Donald Trump 2016 hatte es ein solches Telefonat nicht gegeben. Da hatte Franziskus den Tag der Amtseinführung abgewartet, um dann in einem offiziellen Gratulationstelegramm nach den üblichen Segenswünschen gleich auf die Trennungslinie anzuspielen: „Möge die Größe Amerikas unter Ihrer Führung vor allem an der Sorge für die Armen, die Ausgegrenzten und für die, die wie der arme Lazarus vor unserer Tür stehen, gemessen werden können.“

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Förmliche Distanz in den Trump-Jahren

Bei der förmlichen Distanz war es dann vier Jahre lang geblieben, daran konnte auch der Vatikan-Besuch Trumps im Mai 2017 nichts ändern. Franziskus, dessen „Wer Mauern errichtet, ist kein Christ“ klar gegen den damaligen Präsidenten gerichtet war, fand keine Gemeinsamkeit zu dem Herrn im Weißen Haus.
Von der Klima-Politik Trumps über dessen mexikanische Mauer bis hin zur „America first“-Politik statt des von Franziskus gepriesenen Multilateralismus ließen sich nur Gravamina finden. Bis hin zu dem Punkt, dass Trump ausgerechnet den verbissenen Papst-Gegner Erzbischof Carlo Maria Viganò zum katholischen Gewährsmann seiner Präsidentschaft machte. Und am Ende erteilte noch Außenminister Mike Pompeo der China-Politik des Vatikans unter Franziskus einen öffentlichen Rüffel, der alles andere als diplomatisch war.

Von diesem Null-Verhältnis zwischen Trump und Franziskus kann beim neuen Präsidenten keine Rede sein. Joe Biden, der als Vizepräsident Barak Obamas an der Amtseinführung des Papstes teilgenommen hatte, sollte diesen dann auch persönlich kennenlernen – unter traurigen, aber umso bewegenderen Umständen. Im Mai 2015 war Bidens Sohn Beau an einem Gehirntumor gestorben.

Lackmustest Lebensschutz-Politik

Ende September desselben Jahres traf Franziskus in Philadelphia zum Weltfamilientreffen ein und empfing den damaligen Vizepräsidenten mit Familie privat in einem Hangar des Internationalen Flughafens. Bei einem Rombesuch im April 2016 hat Biden daran erinnert: „Ich will Seiner Heiligkeit für seine Großzügigkeit und persönliche Zeit danken, die er uns gewidmet hat. Ich wünsche jeder Familie in Trauer, Kindern, Brüdern und Schwestern, Vätern und Müttern, in den Genuss seiner Worte und seines Gebets zu kommen. Er hat uns mehr gestärkt, als er selber weiß.“ In Rom nahm Biden 2016 an einer Vatikan-Tagung über „Regenerative Medizin“ in Anwesenheit von Papst Franziskus teil. Er kam gerade aus Bagdad und erzählte vor Journalisten, dass, als er vor sunnitischen, schiitischen und kurdischen Führern von seinem nächsten Reiseziel gesprochen habe, alle nur über den Papst reden wollten.

Die Voraussetzungen sind also gegeben, dass zwischen dem Katholiken Biden, der sonntags in die Messe geht, und Papst Franziskus die Chemie stimmt.
Der Lackmustest wird die Lebensschutz-Politik des neuen Präsidenten sein. Papst und Vatikan werden hier dem Urteil der Bischöfe der Vereinigten Staaten nicht vorgreifen wollen – und die sind, was Biden angeht, gespalten.

Arbeitsgruppe zu kritischen Themen

Also haben sie eine „Arbeitsgruppe“ gebildet, die sich mit Themen befassen soll, bei denen Präsident Biden „in Konflikt mit der Lehre der Kirche und den Prioritäten der Bischöfe“ kommen könnte. Leiter dieser „Working Group“ ist Erzbischof Allen H. Vigneron von Detroit, derzeit auch stellvertretender Vorsitzender der Bischofskonferenz, mit der Aussicht, die Nummer Eins zu werden.

Vigneron gehört zum Flügel der gemäßigten Neokonservativen, die Trump durchaus wohlwollend begleiteten. Sollte Biden kämpferische „Pro choice“-Töne anschlagen, wird dieser Flügel Kritik anmelden.

 

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