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Auf in die Schlacht, Herr Bundeskanzler!

Besuch des europäischen Quartetts in der Ukraine. Olaf Scholz & Co. haben in Kiew richtig geblinkt, jetzt müssen sie aber auch mutig abbiegen.
Ukraine-Krieg - Bundeskanzler Scholz in der Ukraine
Foto: Kay Nietfeld (dpa) | Bundeskanzler Scholz, Frankreichs Präsident Macron, der italienische Ministerpräsident Draghi und der rumänische Staatschef Iohannis waren am Donnerstagmorgen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew zu Gesprächen.

Zweierlei braucht die Ukraine ganz dringend: Schwere Waffen, um die eigene Heimat gegen den russischen Aggressor zu verteidigen und die okkupierten Gebiete zu befreien. Und eine europäische Perspektive – als Signal an Moskau und an die eigenen Landsleute. Bei den Waffen war Deutschland – historisch verständlich, aktuell jedoch problematisch – zögerlicher als andere. Damit hat Berlin einiges an Prestige verspielt, nicht nur in Kiew, sondern auch bei den an Russland grenzenden EU-Partnern.

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EU- Annäherung

Die Reise von Olaf Scholz nach Kiew kam spät, war aber ein wichtiges Signal: Deutschland steht zur Ukraine, zu ihrer Verteidigung gegen die russische Aggression und auch zu ihrer EU-Annäherung. Wichtig war ebenso, dass Scholz nicht alleine reiste, sondern mit Emmanuel Macron und Mario Draghi zwei Schwergewichte der EU-Machtarchitektur einband.

Die international wahrnehmbare Botschaft dieser Reise lautete: Die Granden der Europäischen Union lassen die Ukraine nicht fallen, sondern stehen an der Seite Kiews. Gut auch, dass sich die Spitzen Deutschlands, Frankreichs, Italiens und – mit Staatspräsident Klaus Johannis – auch Rumäniens in Irpin die Barbarei des russischen Zerstörungs- und Vernichtungskriegs persönlich ansahen.

EU- Gipfel muss liefern

Doch nach der Reise ist vor der Schlacht: Jetzt müssen die starken Männer des vereinten Europas auch auf jenem Schlachtfeld kämpfen, auf dem die Ukraine nicht selbst agieren kann – auf dem EU-Gipfel nämlich. Dort wird es in der kommenden Woche darum gehen, der Ukraine offiziell den Status eines EU-Beitrittskandidaten zu gewähren. Das ist zunächst vor allem eine politische Geste und Symbolhandlung, denn alle Akteure wissen, dass der Kandidatenstatus nur der Beginn einer sehr, sehr langen Reise zur Vollmitgliedschaft ist. Dennoch zeichnen sich bereits erste Widerstände ab.

Hindernisse ausräumen

Diese Widerstände müssen Scholz & Co. in Allianz mit der EU-Kommission in Wochenfrist überwinden, sonst lacht sich Wladimir Putin ins blutige Fäustchen. Die 27 EU-Mitgliedstaaten müssen in einer Woche in veto-freier Einstimmigkeit und Geschlossenheit grünes Licht für die Ukraine geben. Alles andere wäre eine politische und diplomatische Niederlage mit weitreichenden psychologischen Folgen.

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