Jetzt also doch: Olaf Scholz will nach Kiew reisen. Zusammen mit Emmanuel Macron und Mario Draghi. Warum jetzt? Scholz selbst hat die Maßstäbe für den Besuch eines deutschen Regierungschefs in der ukrainischen Hauptstadt hoch gehängt: Nur kein bloßer Fototermin, es müsse schon um „konkrete Dinge“ gehen. Aber was kann das sein?
Vertrauen zu Olaf Scholz auf dem Tiefpunkt
Was die Ukraine will, ist klar: schwere Waffen.schwere Waffen. Aber will das auch der Bundeskanzler? Das Vertrauen zu ihm ist in der Ukraine mittlerweile auf einen Tiefpunkt gesunken. Sein Zögern und sein Zaudern empfindet man in Kiew als unsolidarisch. Will Scholz nun versuchen, hier etwas gut zu machen? Er könnte es, wenn er zusammen mit seinen beiden Kollegen ein klares Signal in Richtung EU-Beitritt der Ukraine setzen würde. Ende des Monats könnte beim EU-Gipfel das Land den Beitrittskandidatenstatus erhalten.
Unsicher ist aber immer noch, wann die Reise überhaupt stattfinden kann. Frankreichs Präsident Macron hat im Moment innenpolitisch allerhand zu tun, befindet sich mitten im Wahlkampf. Und im Moment sieht es nicht so aus, dass er mit außenpolitischen Akzenten da besonders punkten kann. Die Achse Deutschland-Frankreich ist aber in der Ukraine-Politik des Kanzlers ein entscheidender Faktor. Scholz hält sich einiges auf sein systematisches Denken zu Gute. Man muss daher seinen Kiew-Besuch im Zusammenhang mit seinen jüngsten Reisen nach Afrika und auf den Balkan sehen.
Keine Wende zu erwarten
Zwei Ziele verfolgte er: Einmal will er die afrikanischen Staaten in die Anti-Putin-Koalition besser involvieren – beim bevorstehenden G7-Gipfel auf Schloss Elmau, der unter deutschem Vorsitz steht, werden auch afrikanische Staatschefs dabei sein. Dann hat Scholz deutlich gemacht, dass aus seiner Sicht auch die Interessen der potentiellen EU-Kandidaten auf dem Balkan gegenüber der Ukraine nicht vernachlässigt werden dürfen.
Diese Punkte, so viel scheint sicher, werden dann auch in Kiew eine Rolle spielen. Klar scheint bis jetzt: Die große Wende in der Ukraine-Politik der Bundesregierung wird der Besuch des Kanzlers nicht einleiten.
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