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Der heilige Unheilsprophet Micha

Die letzte Adventswoche ist von Erwartung erfüllt. Der Prophet Micha kündigt einen künftigen Herrscher an: aus Bethlehem.
Heiliger Prophet Micha
Foto: IN | Micha warnte im achten Jahrhundert vor dem drohenden Gericht und Unheil, das Gott über Jerusalem bringen könne, übte harte Sozialkritik und klagte die Oberen in Jerusalem an.

Die letzte Adventswoche ist eine liturgisch besonders intensive Zeit, in der alles von der Erwartung der Geburt des Erlösers durchdrungen ist. In der Vesper stehen vor dem „Magnificat“ die feierlichen O-Antiphonen, die seit dem 7. Jahrhundert belegt sind. Sie sind auch Teil der Weihnachtsnovene, mit der die Kirche sich seit dem 17. Jahrhundert auf das große Hochfest vorbereitet. Die Heiligengedenktage treten in dieser hohen Zeit in den Hintergrund, aber das „Martyrologium Romanum“ verzeichnet auch in dieser Woche einige Selige und Heilige, darunter am 21. Dezember den Propheten Micha: „In den Tagen der Könige Jotam, Ahas und Hiskija von Juda verteidigte er durch seine Verkündigung die Unterdrückten, verurteilte die Götzenbilder und Verderbnisse. Er verkündete dem von Ewigkeit her auserwählten Volk, welches aus Ägypten ausgezogen war, dass zu Betlehem in Juda ein Fürst geboren werde, der Israel in der Kraft des Herrn weiden werde.“

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Micha lebte in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts vor Christus; er war ein etwas jüngerer Zeitgenosse der Propheten Jesaja, Hosea und Amos. Er stammte aus dem Dorf Moreschet-Gat im Hügelland von Judäa, südwestlich von Jerusalem, das zum Südreich gehörte. Dieses war von den Philistern bedroht, gegen die es sich jedoch durch Befestigungen erfolgreich verteidigen konnte, während das Nordreich um dieselbe Zeit eine Katastrophe erlebte: Es fiel in die Hände der Assyrer, die die Hauptstadt Samaria vernichteten.

Sie hassen das Gute...

Micha verstand die Zerstörung Samarias als Gottesgericht: „Das alles geschieht wegen Jakobs Vergehen und wegen der Sünden des Hauses Israel. Was ist Jakobs Vergehen? Ist es nicht Samaria? Und was ist die Sünde des Hauses Juda? Ist es nicht Jerusalem? Darum mache ich Samaria zu einem Trümmerhaufen auf dem Feld, zu einem Acker, auf dem man Reben pflanzt. Ich stürze seine Steine zu Tal und lege seine Grundmauern bloß. Alle seine geschnitzten Bilder werden zerschlagen, alle seine Weihegaben im Feuer verbrannt, alle seine Götzenbilder verwüste ich.“

Hier fand Micha seine Mission: Er machte sich auf nach Jerusalem, um die dortigen Machthaber zu warnen, dass über die Hauptstadt des Südreiches das gleiche Gottesgericht kommen könne wie über Samaria, wenn sie nicht aufhörten, mit ihrer Habgier das Volk zu unterdrücken. Wahrscheinlich tat er dies in der Funktion eines Dorfältesten von Moreschet-Gat, dessen Landbewohner unter der Herrschaft Jerusalems zu leiden hatten, denn in der Hauptstadt trat er selbstbewusst im Namen „seines Volkes“ auf und sagte von sich, dass er „mit Recht erfüllt” sei. Er warnte vor dem drohenden Gericht und Unheil, das Gott durch die Assyrer auch über Jerusalem bringen könne, übte harte Sozialkritik und klagte mit drastischen Worten die Oberen in Jerusalem an: „Hört doch, ihr Häupter Jakobs und ihr Anführer des Hauses Israel! Ist es nicht eure Pflicht, das Recht zu kennen? Sie aber hassen das Gute und lieben das Böse. Sie ziehen ihnen die Haut ab und das Fleisch von den Knochen. Sie haben das Fleisch meines Volkes gefressen und ihnen die Haut abgezogen und ihre Knochen zerhackt; sie haben sie zerstückelt wie für den Kochtopf und wie Fleisch mitten im Kessel.“ Dabei wandte er sich nicht nur gegen Fürsten und Richter, sondern auch gegen Priester und falsche Propheten, die sich auf Gott beriefen und dadurch in Sicherheit wähnten.

Micha ist mit seiner harten Anklage in erster Linie ein Unheilsprophet. In der unter seinem Namen überlieferten alttestamentlichen Schrift, die zum „Zwölfprophetenbuch” gehört, findet sich jedoch auch ein berühmtes Heilswort, das als Schriftlesung Bestandteil des vierten Adventssonntages ist: „Du, Bethlehem-Efrata, bist zwar klein unter den Sippen Judas, aus dir wird mir einer hervorgehen, der über Israel herrschen soll. Seine Ursprünge liegen in ferner Vorzeit, in längst vergangenen Tagen. Darum gibt der Herr sie preis, bis zu der Zeit, da die Gebärende geboren hat.“ Diese Weissagung findet in jeder Heiligen Nacht ihre liturgische Bestätigung, wenn durch die Weihnachtsgeschichte aus dem zweiten Kapitel des Lukasevangeliums die Geburt Jesu in der „Stadt Davids, die Betlehem heißt“, verkündigt wird.

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