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Abschaffung von § 218: „lebensfremd“, „schwarzer Tag für die Menschenrechte“

Die Kommissionsvorschläge zur Neuregelung des § 218 StGB stoßen auf Ablehnung – Erste Reaktionen.
Kommissionsvorschläge zur Neuregelung von §218
Foto: IMAGO/Sascha steinach (www.imago-images.de) | Neben dem „Selbstbestimmungsrecht der Mutter“ müsse es auch „um den Schutz und das Lebensrecht des ungeborenen Kindes“ gehen, so der CSU-Politiker Klaus Holetschek gegenüber der "Tagespost".

Vertreter aus Kirche, Staat und Gesellschaft haben sich irritiert bis ablehnend zu den an das Magazin „Der Spiegel“ durchgestochenen Empfehlungen der „Kommission für Reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“ geäußert. Berlins Erzbischof Heiner Koch, der die Familien-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz leitet, sagte der Katholischen Nachrichtenagentur KNA, „die bestehende Regelung hält sowohl die Not und Sorge der Mutter als auch Schutz des Kindes hoch. Das durch eine Neuregelung zu gefährden, halt ich für sehr problematisch“. Er hoffe, dass die Politik bei dem Thema sehr bedacht vorgehe. „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist ja eindeutig: Es nimmt die Gesellschaft und den Staat in die Pflicht, das ungeborene Leben zu schützen. Insofern muss erstmal der Nachweis geführt werden, wie das ohne Strafrecht in verfassungskonformer Weise sichergestellt werden kann“, betonte Koch.

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Caritas-Präsidentin Eva-Maria Welskop-Deffa forderte eine gründliche Diskussion der Vorschläge. Die Kommission schlage offenkundig vor, das Beratungskonzept durch eine zweistufige Fristenlösung zu ersetzen. Das erscheine in einer Zeit, in der junge Eltern mit den ersten Ultraschallbildern bereits erlebten, wie sich ihr Kind im Bauch der Mutter entwickelt, lebensfremd. Für die Caritas gelte, die jetzige Regelung sei keine völkerrechtswidrige Kriminalisierung der Abtreibung, sondern ein ausgewogenes Konzept, das das Leben des Kindes über die Selbstbestimmung der Frau schütze.

Holetschek: Abtreibung muss im Strafgesetzbuch geregelt sein

„Die Ampel fegt über die grundlegendsten Fragen menschlicher Ethik hinweg als ginge es um die Entfernung eines Leberflecks.“ Dabei gehe es „um den Wert und die Würde des Menschen“, sagte der Vorsitzende der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, der „Tagespost“. Neben dem „Selbstbestimmungsrecht der Mutter“ müsse es auch „um den Schutz und das Lebensrecht des ungeborenen Kindes“ gehen, so der CSU-Politiker weiter. Holetschek: „Für mich steht ganz klar fest: So eine schwerwiegende Frage wie die Abtreibung muss im Strafgesetzbuch geregelt sein. In den 1990er Jahren wurde diese Diskussion intensiv geführt. Es war ein hartes Ringen damals. Das Ergebnis: Der Schwangerschaftsabbruch blieb grundsätzlich rechtswidrig und unter Strafe. Mit der Schwangerschaftskonfliktberatung wurde aber ein gangbarer Weg gefunden, damit ein Abbruch in den ersten zwölf Wochen straffrei bleiben kann. Dieser Kompromiss war tragfähig und hat unterschiedliche Positionen zusammengeführt. Fast drei Jahrzehnte lang wurde nicht daran gerüttelt. Und auch jetzt gibt es überhaupt keinen Grund, ihn aufzubrechen.“

Ablehnend äußerten sich auch Lebensrechtler. Die Bundesvorsitzende der „Aktion Lebensrecht für Alle“ (ALfA), Cornelia Kaminski sagte, die Vorschläge seien „keine Überraschung“. „Bedenkt man, wer diese Kommission einberufen hat, könnte man auch sagen: Wie bestellt, so geliefert. Das Recht des ungeborenen Kindes auf Leben, das vor allem den Grünen-Politikern ein Dorn im Auge ist, wird mit diesen Vorschlägen endgültig geschleift.“ Zu keiner Phase seiner Existenz sähen die Expertinnen die Notwendigkeit, es umfassend zu schützen. Auf diese Weise werde ungeborenen Menschen die Menschenwürde entzogen. „Dies mit völkerrechtlichen, europarechtlichen oder gar verfassungsrechtlichen Argumenten begründen zu wollen, wie laut Spiegel-Informationen zu lesen ist, ist ein Hohn auf die Grundlagen der internationalen Rechtsprechung, die in weiten Teilen auf der universalen Erklärung der Menschenrechte beruht. Ohne ein Recht auf Leben sind jedoch alle anderen Menschenrechte sinnlos.“

Kaminski: Verhöhnung der Grundlagen der internationalen Rechtsprechung

Das würden „vermutlich auch die Rechtsexpertinnen in der Kommission wissen, die ohne Zweifel zudem mit der entsprechenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vertraut sein dürften, welches wiederholt den Schutz auch des ungeborenen Menschen als Staatsaufgabe definiert hat. Was daher bleibt, ist der schale Eindruck, hier handelt es sich um einen Kuhhandel, dessen Opfer sowohl Frauen als auch Kinder sind“, so Kaminski weiter. „Die Grünen bedienen die Abtreibungslobby, die sie zu ihrem Wählerklientel rechnet. Die FDP, die sich gegen die Liberalisierung sträubt, wird mit einer freizügigen Regelung von Leihmutterschaft und Eizellspende gekauft. Damit demaskieren die Grünen ihre feministische Politik als das, was sie tatsächlich ist: eine ideologische Mogelpackung, die nie die wirklichen Interessen von Frauen zum Inhalt hatte, sondern vielmehr das marxistische Ideal einer Frau, deren Selbstbestimmung erst dann verwirklicht ist, wenn sie dem Staat ihre Arbeitskraft uneingeschränkt zur Verfügung stellt.“ 

Da sei es beinah „folgerichtig, dass mit der Freigabe von Eizellhandel und sogenannter Leihmutterschaft ausgerechnet die Selbstbestimmungsphantasien reicher weißer Männer bedient werden. Ob die Rechnung an den Wahlurnen aufgehen wird, darf indes bezweifelt werden: Laut Umfrage von ,Frontal21‘ aus dem letzten Jahr findet sich für eine derart weitreichende Liberalisierung des Abtreibungsparagrafen nicht einmal unter den Wählern der Ampel eine Mehrheit“, so Kaminski abschließend.

Cullen: „Schwarzer Tag für die Menschenrechte“

Der Vorsitzende der „Ärzte für das Leben“, Paul Cullen, sprach von einem „schwarzen Tag für die Menschenrechte in Deutschland“. Sollte sich der Bericht des „Spiegels“ bestätigen, werde „mit einer gesetzlichen Umsetzung der Empfehlungen der Ampelkommission ein Grundpfeiler der Menschenrechte in Deutschland geschliffen. Für manche mag der Unterschied zwischen ,rechtswidrig, aber unter Umständen straffrei‘ und ,legal‘ eine juristische Spitzfindigkeit sein“, tatsächlich bedeute diese Veränderung jedoch „eine tektonische Verschiebung im rechtlichen Status des Menschen in seiner vulnerabelsten Phase“. Sei „Abtreibung, also die Tötung eines Menschen in der Zeit vor seiner Geburt, legal, so genießt das Leben dieses Menschen in dieser Phase keinen rechtlichen Schutz mehr. Hieran ändert eine optionale Beratungspflicht nichts. Das wichtigste Menschenrecht ist aber das Recht auf Leben, welches die Grundlage aller anderen Menschenrechte bildet.“

Wie die anderen Menschenrechte sei auch das Recht auf Leben „nicht teilbar: Entweder gilt es immer und für alle, oder es gilt so richtig nie und für niemanden“, bekräftigte Cullen. „Wir können nur hoffen, dass sich die anderen Parteien im Bundestag und nicht zuletzt das Bundesverfassungsgericht über die Tragweite dieses Vorschlags im Klaren sind und dafür sorgen, dass er nicht gesetzlich umgesetzt wird. Denn wer das Leben der Schwächsten grundsätzlich zur Disposition stellt, stellt das Leben Aller zur Disposition. Das kann keiner so wollen“, so Cullen abschließend.  DT/reh

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