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Brücke in die Gesellschaft

Die Mitglieder der Stiftung Centesimus Annus pro Pontifice verstehen sich als Multiplikatoren für die katholische Soziallehre. Das zeigte sich auch bei ihrer Tagung in Berlin.
Verein "Die Arche"
Foto: IMAGO/Christian Ditsch (www.imago-images.de) | Auf der Jahrestagung der CAPP sprach Pastor Bernd Siggelkow, Gründer des Berliner christlichen Kinder- und Jugendwerks "Die Arche".

Willst du mein Papa sein?“ Wenn Bernd Siggelkow darstellen will, vor welchen Aufgaben die christliche Kinder- und Jugendstiftung „Die Arche“ bei ihrer Arbeit in Berlin steht, dann zählt der 64-jährige Sozialarbeiter und evangelische Pastor nicht einfach nur Fakten auf, er erzählt Geschichten. Zum Beispiel von diesem kleinen Mädchen, das ihm einmal diese Frage stellte. Der familiäre Hintergrund war dramatisch: Der Vater unbekannt, die Mutter „ging mit unterschiedlichen Männern ins Bett“ (so drückte es, wie Siggelkow unterstrich, das Mädchen selbst aus).

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Das zeigt: Kinderarmut ist nicht nur ökonomisch zu fassen, es geht hier vielmehr auch um emotionale Armut, eine Armut an Beziehungen. Dem versucht die „Arche“ in ihrem Ansatz Rechnung zu tragen. Mit Hauptsitz in Berlin betreibt die Stiftung mittlerweile auch in anderen deutschen Städten Freizeiteinrichtungen und Schulbetreuung für sozial benachteiligte Kinder. Längst ist sie seit ihrer Gründung vor drei Jahrzehnten zu einer der bekanntesten Einrichtungen ihrer Art in Deutschland geworden. Siggelkow will nun auch in die Politik, im nächsten Jahr tritt er für die CDU zur Wahl für das Berliner Abgeordnetenhaus an. Zu oft, so berichtete er, habe er aus den verschiedensten Parteien gehört, dass man etwas gegen solche Kinderarmut tun wolle. Am Ende sei wenig geschehen. Siggelkow will nun daran mitarbeiten, dass sich das ändert.

Diesen Sätzen des wohl bekanntesten deutschen Sozialarbeiters hörten die Mitglieder der deutschen Sektion der Stiftung Centesimus Annus pro Pontifice aufmerksam zu. Ganz bewusst hatten die Mitglieder das Zusammentreffen mit Siggelkow an den Anfang ihrer Tagung gesetzt, die Ende der vergangenen Woche in der Hauptstadt stattfand. Die päpstliche Stiftung, die nach der berühmten Sozialenzyklika von Papst Johannes Paul II. benannt ist, hat sich die Aufgabe gestellt, eine Brücke zwischen der katholischen Soziallehre und der Wirtschaft zu bilden. Ihre Teilnehmer, wie eben nun auch in Berlin, treffen regelmäßig zu Tagungen zusammen, um gemeinsam inhaltlich zu arbeiten. In ihren jeweiligen Berufen sind die Mitglieder wichtige Multiplikatoren für die Prinzipien der Soziallehre.

Grundgesetz statt katholische Sondermoral

Dieses Engagement würdigte auch der Berliner Erzbischof Heiner Koch bei einem Austausch mit den Mitgliedern am Freitagabend. Zuvor hatte er zusammen mit ihnen die Heilige Messe in der Berliner St.-Hedwigs-Kathedrale gefeiert. Am Samstagmorgen lernten die Teilnehmer den „Campus für Theologie und Spiritualität“ (CTS Berlin) kennen, der sich auf dem Gelände des Alexianer St.-Hedwig-Klinikums in der Hauptstadt befindet. Der Vorstand des Campus, Ludger Ägidius Schulte, Kapuzinerpater und Professor für Dogmen und Dogmengeschichte sowie Rektor der Philosophisch-Theologischen Hochschule Münster, informierte über den Ansatz hinter dem CTS. Als eine Plattform katholischer Theologie im großstädtischen Umfeld will der Campus in Wissenschaft und Kirche, Stadt- und Zivilgesellschaft sowie Politik und Kulturszene hineinwirken. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf dem Thema „Leadership“: Christlich führen – wie geht das? Der Campus begleitet verschiedene Organisationen in christlicher Trägerschaft und hilft den Mitarbeitern dort, eine christliche Führungskultur herauszubilden. Schon über 650 Menschen haben an den Kursen teilgenommen.

Zum Abschluss zeigte Peter Schallenberg aktuelle Herausforderungen der Sozialethik auf. Der Professor für Moraltheologie und Ethik an der Theologischen Fakultät Paderborn, regelmäßiger Autor und Kolumnist dieser Zeitung, bezog sich dabei vor allem auf den Fall Frauke Brosius-Gersdorf. In der öffentlichen Wahrnehmung werde oft der Eindruck erzeugt, als handele es sich bei den Prinzipien, die die Grundlage für die massive Kritik an dieser Richterkandidatin bildeten, um eine christliche oder gar katholische Sondermoral. Diesem Eindruck, so Schallenberg, sei entschieden entgegenzuwirken, denn Christen verträten hier eben nicht eine Sondermoral, sondern die Position des Grundgesetzes. Stephanie zu Löwenstein zog am Ende zweier intensiver Tage eine positive Bilanz: Die Vorsitzende der deutschen Sektion dankte allen Teilnehmern für ihr Engagement, den Austausch und den Willen, die katholische Soziallehre praktisch umzusetzen.

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