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Der Leib Christi

Visuelle Eindrücke prägen sich oft leichter ein als Worte. Eine Bildbetrachtung rundet die dreiteilige Serie über die heilige Messe ab. Teil 3 von 3.
Sieger Köder: Emmaus. Die Begegnung der Emmaus-Jünger mit Jesus lehrt uns etwas über die heilige Messe.
Foto: Kath. Kirchengemeinde Zur Schmerzhaften Mutter, Rosenberg | Sieger Köder: Emmaus. Die Begegnung der Emmaus-Jünger mit Jesus lehrt uns etwas über die heilige Messe.

 Um die Schönheit, Stimmigkeit und Sinnhaftigkeit der Heiligen Messe zu vermitteln hat der schwäbische Priester und Künstler Sieger Köder seiner Gemeinde ein eindrucksvolles Altarbild beschert. Als Pfarrer von Rosenberg bei Ellwangen hat er 1988 die Emmaus-Geschichte (Lukasevangelium 24,13-35) in der mittleren Tafel des Flügelaltars für seine Pfarrkirche ins Bild gesetzt.

Die Erzählung beginnt in dem dunklen Winkel links oben, auf dem Hügel, wo Jesus gekreuzigt worden war: Golgota. Eine Sonnenfinsternis taucht den Himmel in blutrotes Licht, vor dem sich schattenhaft ein paar Kreuze abheben, an die Leitern gelehnt sind. Wir sehen zwei Männer mit müden Gesichtern, die den Ort des Grauens hinter sich lassen. Sie waren Jünger von Jesus. Aber sie können die Ereignisse nicht vergessen und reden darüber. Hinter ihnen erkennen wir jedoch drei Schatten, und der mittlere ist von einem goldenen Schein umgeben: Er gehört zu Jesus, der – für uns unsichtbar – mit ihnen geht. Doch die beiden Jünger erkennen Ihn nicht.

Seitdem empfangen die Christen in der Eucharistiefeier den auferstandenen Christus leibhaftig: In den Gestalten von Brot und Wein empfangen wir Seinen Leib und Sein Blut. Wenn wir Jesus in unserem Leib aufnehmen und Sein unsterbliches Blut unsere Adern durchströmt, werden wir mit Seinem Leib vereinigt, der die Kirche ist. „Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet?“ fragt Jesus. Da erzählen sie Ihm von dem machtvollen Wirken Jesu, den sie für den Messias gehalten haben, der aber vorgestern ans Kreuz geschlagen und bestattet worden sei.

Die Herzen der Jünger sind zerrissen

Heute Morgen jedoch haben ihnen Jüngerinnen berichtet, dass sie Sein Grab leer vorgefunden und Engel getroffen hätten, die behaupteten, Er lebe. Und jetzt fragten sie sich verwirrt, ob das überhaupt wahr sein könne. Zugleich hatten sie ein schlechtes Gefühl, weil sie doch Jesus im Stich gelassen hatten in Seiner Todesnot. Und jetzt haben sie die Stadt verlassen aus Angst, dass die Tempelwachen nun auch gegen Seine Jünger vorgehen würden. Die Herzen der beiden Jünger sind zerrissen von starken Gefühlen wie Trauer und Furcht, Enttäuschung und Schuld, Zweifel und Hoffnung.

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Doch in dem Augenblick, als sie darüber ins Gespräch kommen, ist Jesus unerkannt in ihrer Mitte. Sie spüren, dass sie Ihm all ihre Sorgen und Nöte anvertrauen können, weil Er ihnen zuhört und sie versteht. So ist es auch, wenn wir uns auf den Weg in die Kirche machen: Jesus geht mit und fordert uns auf, Ihm alles zu erzählen, was wir in der Woche erlebt haben, auch was wir falsch gemacht haben und was uns bedrückt. Das bringen wir in die Heilige Messe mit und legen es Ihm in der Eröffnung vor die Füße. Wenn wir dann im Schuldbekenntnis füreinander beten, ist Jesus mitten in seiner Gemeinde gegenwärtig, auch wenn wir Ihn nicht sehen können. Er nimmt unser Versagen auf sich und schenkt Reinigung von aller Schuld. So steht es übrigens auch in der Schriftrolle im Vordergrund: „Unserer Sünden wegen wurde Er zermalmt und unserer Vergehen wegen zerschlagen“ (Jesaja 53,5).*

Die Predigt hilft uns, das Wort Gottes an uns zu verstehen

Die beiden Jünger im Bild halten ein offenes Buch. Jesus fragt sie: „Musste nicht der Christus alles das erleiden und dann in Seine Herrlichkeit eingehen?“ Genau diese Worte (Lukasevangelium 24,26) sind auch in dem aufgeschlagenen Buch im Vordergrund zu lesen. Schon unterwegs erklärt Jesus den Jüngern den Sinn der Schrift, also was bereits Moses, die Propheten und Psalmen über Ihn gesagt haben. Deshalb hören wir im Wortgottesdienst auch meistens eine Lesung aus dem Alten Testament. Doch dann spricht uns Jesus im Evangelium direkt und ganz persönlich an und richtet Sein Wort an jede und jeden Einzelnen. Die Predigt soll dabei helfen, dass alle Jünger Erleuchtung finden.


Das hat die beiden Jünger so getröstet und beeindruckt, dass sie Jesus drängten, bei ihnen zu bleiben und das Abendbrot mit ihnen zu teilen. Der lässt sich nicht lange bitten, und kehrt mit ihnen ein. Als sie dann bei Tisch saßen, nahm Er das Brot, sprach den Lobpreis, brach es und gab es ihnen. Und mit einem Mal erkannten sie Ihn; auch wenn sie Ihn im selben Augenblick nicht mehr sehen konnten. Auf dem Tisch in der Mitte ist ein weißes Tuch gebreitet. Wir sehen drei Brote und drei Gläser voll Wein und haben den Eindruck, dass wir neben den Jüngern vor den ganzen Schriften Jesus gegenüber am Tisch sitzen. Seine Gegenwart erfüllt den Raum mit Leben, Licht und Liebe. Im Lobpreis und voll Andacht und feiern sie Danksagung (griechisch „eucharistía“) und Gemeinschaft (lateinisch „commúnio“) mit Ihm.

Seitdem empfangen die Christen in der Eucharistiefeier den auferstandenen Christus leibhaftig: In den Gestalten von Brot und Wein empfangen wir Seinen Leib und Sein Blut, feiern mit Ihm Vereinigung. Wenn wir Jesus in unserem Leib aufnehmen und Sein unsterbliches Blut unsere Adern durchströmt, werden wir mit Seinem Leib vereinigt, der die Kirche ist.

Mit den Worten „Der Leib Christi“ sind also auch wir selber gemeint: Sie sollen uns daran erinnern, dass wir mit diesem lebendigen Organismus verbunden sind. Kommunion bedeutet also Gemeinschaft mit Jesus und mit allen, die zu Seinem Leib gehören.

Wie geht nun die Geschichte weiter? Die beiden Jünger haben erfahren, dass Jesus lebendig ist. Und sie fragen sich, was sie in dem Gasthaus, wo sie eingekehrt sind, noch verloren haben. Viel wichtiger wäre es doch, den anderen Jüngern zu verkünden, dass sie den Herrn getroffen haben. Und deshalb brechen sie auch sofort auf und eilen den ganzen Weg zurück nach Jerusalem. Zwei Stunden später finden sie dort die anderen versammelt; die aber kommen ihnen zuvor, berichten ihnen ganz aufgeregt dasselbe: „Der Herr ist wirklich auferstanden und ist dem Simon erschienen!“ Da erzählten auch sie, was sie unterwegs erlebt und wie sie Ihn erkannt hatten, als Er das Brot brach.

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„Ite missa est“: Sprungbrett in die Woche

Rechts im Bild sehen wir, wie die beiden umkehren, das Licht des Glaubens nach Jerusalem zu tragen. Die Osterkerze sagt: Jesus hat das Dunkel des Todes bezwungen, Er ist auferstanden und lebt. Und die Palmzweige bedeuten: Jesus ist wirklich der Sohn Davids und Israels König, wie wir es am Palmsonntag bei seinem Einzug in Jerusalem gefeiert haben. Und so bildet der Sonntag auch heute nicht den Abschluss einer Woche, sondern der Tag des Herrn ist ihr Beginn. In der Begegnung mit dem Auferstandenen tanken wir Kraft für die neue Woche, wir lassen uns aufbauen und beflügeln, um die Aufgaben des Alltags zu meistern und gereinigt, erleuchtet und vereint mit Ihm die Frohe Botschaft vom Reich Gottes in die Welt hinauszutragen.
Das wird auch bei der Entlassung deutlich, wenn der Priester nach einem vierten „Der Herr sei mit euch“ den Segen erteilt.

Die Worte „Gehet hin in Frieden“ bedeuten ja nicht „Gebt jetzt Frieden!“ Sie sind vielmehr als Startschuss zu verstehen, als ein Aufruf, Christus in die Welt zu tragen. Das Lateinische „Ite, missa est“ (zu Deutsch „Geht, es ist Sendung“), bedeutet nämlich so viel wie: „Ihr seid ausgesandt. Geht jetzt auf Sendung!“ Die Messe (von lateinisch „missa“) ist also ihrem Wesen nach eine Mission. Von daher ist es schon wichtig, sich schon vor dem Gottesdienst Gedanken zu machen, was ich mitbringe, in der Messe sich aufrichten zu lassen, und danach mit Elan und Zuversicht in die neue Woche zu starten. Die Entlassung ist also kein eigener Teil nach der Eucharistiefeier, sondern ein Sprungbrett in die Woche.

Über den Autor: Florian Kopp ist ständiger Diakon, Lehrer und Theologe und lebt mit seiner Frau und vier Kindern in der Nähe von Landsberg am Lech.

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