Am Fest der Kreuzerhöhung hat Papst Leo XIV. in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern eine eindrucksvolle ökumenische Gedenkfeier zu Ehren der Märtyrer und Glaubenszeugen des 21. Jahrhunderts geleitet. Rund 4.000 Gläubige sowie zahlreiche Vertreter orthodoxer, anglikanischer und evangelischer Kirchen waren anwesend, um gemeinsam an die mehr als 1.600 Männer, Frauen und Kinder zu erinnern, die seit dem Jahr 2000 aus Hass auf den Glauben oder aufgrund ihres unerschütterlichen Einsatzes für die Armen ermordet wurden.
Der Papst, der an diesem Tag zugleich seinen 70. Geburtstag feierte, erinnerte an die bleibende Aktualität des christlichen Martyriums. „Auch wenn ihre Körper getötet wurden, kann niemand ihre Stimme zum Schweigen bringen oder die Liebe auslöschen, die sie erwiesen haben“, sagte Leo XIV. unter Hinweis auf die Verheißung einer „Hoffnung voll Unsterblichkeit“. Das Kreuz Christi, so der Papst, sei „Hoffnung der Christen und Ruhm der Märtyrer“.
In seiner Predigt nannte der Papst konkrete Glaubenszeugen, die in jüngster Zeit ihr Leben hingegeben haben: die US-amerikanische Ordensfrau Dorothy Stang, die 2005 in Brasilien von Großgrundbesitzern ermordet wurde, weil sie die Landrechte armer Bauern verteidigte. Den irakischen Priester Ragheed Ganni, der 2007 in Mossul zusammen mit drei Subdiakonen erschossen wurde, weil er sich weigerte, Waffen zu tragen. Auch der Anglikaner Francis Tofi, der 2003 auf den Salomonen getötet wurde, weil er sich für den Frieden zwischen verfeindeten Gruppen einsetzte, fand Erwähnung.
Die Gedenkliste, die der Feier zugrunde lag, umfasst insgesamt 1.624 Fälle. Diese wurde von einer Sonderkommission, die Papst Franziskus im Juli 2023 ins Leben rief, mit Unterstützung von „Kirche in Not“ erstellt. Die Liste weist 643 Märtyrer in Subsahara-Afrika nach, 357 in Asien und Ozeanien – darunter 200 Opfer der Osteranschläge in Sri Lanka 2019 – sowie 304 in Amerika, 277 im Nahen Osten und 43 in Europa. Praktisch alle Opfer in Afrika fielen dem islamistischen Terrorismus zum Opfer.
Die Breite der ökumenischen Teilnahme fiel insbesondere auf: Vertreter des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel, der Russisch-Orthodoxen Kirche, der Anglikaner, der Lutheraner, Reformierten und Evangelikalen nahmen an der Feier teil. Papst Leo XIV. sprach von einer „Ökumene des Blutes“, die Christen unterschiedlicher Traditionen miteinander verbinde. „Das Zeugnis ihres Martyriums ist beredter als jedes Wort: Die Einheit kommt vom Kreuz des Herrn.“
Die Märtyrer seien nicht wegen ihrer Konfession, sondern weil sie Christen waren, verfolgt und ermordet worden. Darum sei ihr Blut ein gemeinsames Erbe, das die Schranken zwischen den Kirchen niederreiße. Mit den Worten Tertullians bekräftigte der Papst: „Auch im dritten Jahrtausend ist das Blut der Märtyrer Same für neue Christen.“
Leo XIV. erinnerte zugleich daran, dass die Verfolgung der Christen keineswegs ein Relikt vergangener Zeiten sei. „Im Gegenteil, in einigen Teilen der Welt hat sie sogar zugenommen.“ Deshalb sei es Aufgabe der Kirche, die Erinnerung an die Glaubenszeugen wachzuhalten. Dies geschehe nicht nur durch liturgische Feiern, sondern auch durch die Arbeit der eigens eingesetzten Kommission für die neuen Märtyrer.
Am Ende seiner Predigt zitierte der Papst die Worte eines pakistanischen Kindes, das bei einem Anschlag auf eine Kirche ums Leben kam. In sein Heft hatte der kleine Abish Masih geschrieben: „Making the world a better place.“ Dieser einfache Satz, so Leo XIV., bleibe Auftrag und Verheißung zugleich. Die Märtyrer seien „Sauerteig für eine friedliche und geschwisterliche Menschheit“.
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