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Köln: rund 3000 Teilnehmer beim Schweigegang für Israel

Christliche Organisationen hatten zu einem Schweigemarsch am Vorabend des 9. November aufgerufen. 
Synagoge Köln
Foto: Constantin Graf von Hoensbroech | Tausende Kerzen vor der Synagoge Köln bildeten den leuchtenden Abschluss des Schweigemarsches katholischer und evangelischer Christen.

Rund 3000 Teilnehmer mit leuchtenden Kerzen haben am gestrigen Abend in Köln an einem Schweigegang zur Kölner Synagoge teilgenommen. Fotos von Geiseln der Hamas wurden auf die neuromanische Fassade des Gebäudes projiziert, vor der zwei Flaggen Israels wehten. Mordechaj Tauber, Kantor der Synagogen-Gemeinde Köln (SGK), untermalte das Szenario mit seinem Gesang. Gemeinderabbiner Yechiel Brukner beendete mit einem auf Hebräisch gesprochenen Gebet den Schweigemarsch. Anschließend drängten die Menschen an die Synagoge, um auf der langen Mauer vor dem Gebäude oder am Eingangsbereich vor den Plakaten mit Opfern des Kriegs gegen Israel ihre Kerzen abzustellen. 

Keine politischen Plakate

„Wir trauern um die Opfer des Terrors gegen Israel. Wir stehen an der Seite unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger.“ Mit diesen Worten hatten das Katholische Stadtdekanat, der Katholikenausschuss in der Stadt Köln sowie der Evangelische Kirchenverband Köln und Region zu einem Schweigegang am Vorabend des Gedenkens an die Pogromnacht vom 9. November 1938 aufgerufen. Zudem hatten sich weit über 20 kirchliche und gemeinnützige Organisationen, Verbände und Gruppierungen dem Aufruf angeschlossen. Rund 3000 Menschen versammelten sich trotz niedriger Temperaturen und teils heftigem Regen auf dem Platz vor dem Kölner Dom.

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Die Organisatoren – Stadtsuperintendent Bernhard Seiger, Stadtdechant Robert Kleine sowie Gregor Stiels, Vorsitzender des Katholikenausschusses – dankten den Teilnehmern für ihr Kommen und betonten den Charakter des Marsches durch die Innenstadt. Denn dabei wurde bewusst auf Plakate oder Schilder mit (politischen) Parolen verzichtet, damit nicht durch Äußerlichkeiten das eindringliche und schweigende Zeichen der inneren Verbundenheit beeinträchtigt werden sollte. „Wir setzen ein eindeutiges ,Ja’ zur Solidarität mit Israel und kein ,Ja, aber’“, betont Bernhard Seiger. „Wir wollen ein Schweigen in Gedenken an die Opfer in Israel und an alle Menschen jüdischen Glaubens, da darf es keine Relativierung geben“, ergänzt Robert Kleine. „Der Terror der Hamas ist durch nichts in der Welt zu rechtfertigen.“ 

Mit Generalvikar und Ministerpräsident

Begleitet wurden die beiden Kirchenvertreter zudem vom Generalvikar des Erzbistums Köln, Guido Aßmann, sowie dem Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel. An der Spitze des Schweigegangs gingen außerdem der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst, Innenminister Herbert Reul, der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Nathanael Liminski, Schulministerin Dorothee Feller sowie Justizminister Benjamin Limbach den Zug bis zur Synagoge an. Zahlreiche weitere Politiker und Vertreter des öffentlichen Lebens und der Stadtgesellschaft folgten.

Das rund vier Kilometer lange Schweigen wurde nur durch einen Halt sowie einige erinnernde Worte des Gedenkens in der Glockengasse an jener Stelle unterbrochen, an der vor 85 Jahren in der Reichspogromnacht die Synagoge niedergebrannt worden war. „Der Schweigegang ist ein Zeichen der Solidarität gegenüber den Opfern des Terrors, und er setzt ein Zeichen des Zusammenhalts“, betont Ministerpräsident Wüst und unterstreicht: „Wir stehen fest an der Seite Israels.“

SGK-Gemeindevorstand Felix Schotland, der ebenso wie der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, dem Schweigegang gefolgt war, zeigte sich überwältigt von dem Zuspruch und diesem starken Signal der Solidarität, Wertschätzung und Verbundenheit. „Das ist unglaublich, was hier los ist“, staunte Gemeinderabbiner Yechiel Brukner, als er aus der Synagoge kam und auf die Menschenmenge blickte. „Das tut so gut.“ DT/cvh/uvh

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