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Zahlen versus Trugbild

Der Missbrauchsskandal ist nicht die eigentliche Ursache für die zahlreichen Kirchenaustritte. Und die Statistik zeigt: Auch der Synodale Weg wird keine Abhilfe schaffen. Ein Kommentar.
Missbrauchsskandal ist nicht die eigentliche Ursache für die zahlreichen Kirchenaustritte
Foto: Julian Stratenschulte (dpa) | Der Missbrauchsskandal dürfte in vielen Fällen lediglich der äußere Anlass, aber nicht die eigentliche Ursache einer langen Entfremdungsgeschichte gewesen sein.

Die Kirchenaustritte in Deutschland sind höher denn je. 359.338 Katholiken haben sich im Jahr 2021 aus der Körperschaft öffentlichen Rechts verabschiedet. Drei Schwachstellen haben sich verfestigt: der fehlende missionarische Elan, die Folgen der Pandemie und die zunehmende Existenzangst vieler Menschen, mit der immer weniger Seelsorger umzugehen wissen.

Synodaler Weg ist kein Krisenrezept

Der Missbrauchsskandal dürfte in vielen Fällen lediglich der äußere Anlass, aber nicht die eigentliche Ursache einer langen Entfremdungsgeschichte gewesen sein. Dass die Deutsche Bischofskonferenz nun auf die gesellschaftliche Anschlussfähigkeit der Kirche und ihren Beitrag zum Gemeinwohl verweist, wirkt eher unbeholfen. Inzwischen liegt manchem Pfarrer die Austrittserklärung von praktizierenden Gemeindemitgliedern und Kirchenvorständen vor – wer mag sich in die Vorstellung flüchten, dass man derart Verprellte mit Nützlichkeitserwägungen von ihrem Schritt abhalten kann?

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Vorsicht geboten ist auch angesichts der Einschätzung des Vorsitzenden der deutschen Bischöfe, Georg Bätzing, der mantraartig auf den Synodalen Weg als Krisenrezept setzt. Weniger Grund dafür als heute gab es eigentlich nie. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache: Wenn die Voten der Synodalversammlung tatsächlich ein Lichtstreif am Horizont darstellten, müssten die Gläubigen in den Bistümern Regensburg, Passau und Görlitz der Kirche überdurchschnittlich oft den Rücken kehren.

Mangelnde Transparenz im Bistum Limburg

Das Gegenteil ist aber der Fall. Bischof Voderholzer, Bischof Oster und Bischof Ipolt verzeichnen in ihren Bistümern proportional deutlich weniger Austritte als etwa Bischof Bätzing im Bistum Limburg. Auffallend war eher, dass das Bistum Limburg die in seiner Erklärung nicht transparent benannte Zahl der Austritte erst auf Nachfrage einräumte.

Und: Ein Blick in die Statistik beweist, dass auch Bischof Kohlgraf in Mainz von den Gläubigen nicht dafür abgestraft wurde, weil er es ablehnte, die „Frankfurter Erklärung“ zu unterschreiben und damit eine Selbstverpflichtung zur Umsetzung innerkirchlicher Reformen im vorauseilenden Gehorsam abzulegen. Das Trugbild des Synodalen Wegs löst sich angesichts der Statistik weiter auf.

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