Deutsche Bischöfe und Laienvertreter sehen sich beflügelt: Mit der Wahl von Kardinal Robert Prevost zum neuen Papst Leo XIV. gehen sie davon aus, dass der Synodale Weg in Deutschland wie geplant weitergehen kann. Das wurde auf dem vierten bundesweiten Treffen des Synodalen Ausschusses deutlich, das am Freitag in Magdeburg begonnen hat.
Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, freute sich über die Entscheidung der Kardinäle. Bereits in seiner ersten Rede am Donnerstagabend auf der Benediktionsloggia des Petersdoms habe Leo XIV. deutlich gemacht, dass er eine Fortsetzung und Weiterentwicklung der Synodalität für die Kirche suche. „Deshalb gehen wir mit einer Einstellung, hoffentlich Rückenwind zu bekommen, in die Sitzung hinein.“
Gut über die Situation in der deutschen Kirche informiert
Im Februar dieses Jahres habe das ZdK-Präsidium bei Gesprächen im Vatikan den inzwischen neuen Papst bereits kennenlernen dürfen, berichtete Stetter-Karp. Er sei sehr gut über die Situation in der deutschen Kirche informiert gewesen und habe den katholischen Laien ausdrücklich für ihr Engagement gedankt, unterstrich die ZdK-Präsidentin – nicht nur innerkirchlich, sondern auch bei der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs und im politischen Umfeld. Seinerzeit sei gerade eine „bemerkenswerte Parlamentswoche“ im Bundestag zu Ende gegangen, als der mittlerweile zum Bundeskanzler gewählte CDU-Chef Friedrich Merz Verschärfungen im Zuwanderungsrecht notfalls mit Stimmen der AfD durchsetzen wollte. Das ZdK hatte den Vorgang heftig kritisiert.
Der neue Papst habe seine Rede mit der Formel „Friede sei mit Euch“ begonnen. Sie freue sich darauf, einen politischen Papst zu erleben, machte Stetter-Karp deutlich. In einer Zeit, in der man mit mehreren Diktatoren umgehen müsse und Krisen über Gewalt und Kriege statt über Diplomatie und Vermittlung ausgetragen würden, könne ein solcher Papst hilfreich sein. „Wir sind in einer fragilen politischen Situation“, sagte die ZdK-Präsidentin. Umso mehr freue man sich auf einen Papst, der durch seine Erfahrung auf verschiedenen Kontinenten Unterstützung und Führung „im christlich besten Sinne“ geben könne, so Stetter-Karp.
Auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Bischof Georg Bätzing, sprach von einem Tag der Freude und Gespanntheit. „Wie gut, dass wir einen neuen Papst haben – und wie gut, dass wir diesen neuen Papst haben“, betonte Bätzing. Der verstorbene Papst Franziskus habe durch sein Charisma viele neue Entwicklungen angestoßen. „Das muss jetzt in gute Bahnen kommen“, forderte Bätzing. Diese Aufgabe sei bei Leo XIV. in guten Händen. Er habe ihn als aufmerksamen Zuhörer und wachen Zeitgenossen kennengelernt. Leo wisse, dass die Kirche in unterschiedlichen Kulturen lebe. „Einheit ist nicht Einheitlichkeit, sondern ein harmonisches Miteinander vieler differenzierter Unterschiedlichkeiten“, sagte der DBK-Vorsitzende.
„Kirche in Deutschland bewegt sich auf eine neue Synodalität zu“
Synodalität sei ein Prozess des Steuerns und der Umkehr in Deutschland und der gesamten Weltkirche. Man könne beim Synodalen Ausschuss auf die „gewaltige Arbeit“ von drei Kommissionen bauen. Eine davon solle die Initiativen des Synodalen Weges weiterentwickeln. Hier zeigten sich bereits erste Erfolge, unterstrich Bätzing. So liege inzwischen ein Handlungstext für Segnungsfeier für Menschen vor, die nicht verheiratet sind. Diesen habe der Synodale Weg in Auftrag gegeben, und er werde nun an die Bischöfe weitergegeben.
„Die Kirche in Deutschland bewegt sich auf eine neue Synodalität zu“, meinte Bätzing. Die Strukturen innerhalb der Bistümer würden sich verändern – durch Impulse des Synodalen Wegs und der Weltsynode vom Oktober 2024. Beratung und Entscheidung würden zunehmend im Miteinander von Bischof und Laien gestaltet. Es gebe größere Transparenz bei Leitungsentscheidungen und Rechenschaftspflichten der Bischöfe. „Ich bin davon überzeugt, Synodalität ist das künftige Gesicht der katholischen Kirche“, machte der Limburger Bischof deutlich. Sie werde das hierarchische Prinzip, also die Leitung der Kirche durch die geweihten Bischöfe, nicht einfach aussetzen, so Bätzing weiter. Aber sie werde ihm ein „gutes Pendant“ entgegenstellen.
Auch ZdK-Präsidentin Stetter-Karp unterstrich, der Synodale Ausschuss sei jetzt in einer „intensiven Arbeitsphase“ angekommen. Auf der Tagesordnung stehen diesmal Eckpunkte eines zukünftigen ständigen synodalen Gremiums für ganz Deutschland. Dazu wollen die 61 in Magdeburg anwesenden Mitglieder über einen Satzungsentwurf beraten. Auf der Tagesordnung steht außerdem ein Grundlagentext, wie Synodalität in der deutschen Kirche künftig aussehen soll. Weiter stehen Handlungstexte etwa zu „Gewissensentscheidungen in Fragen der Empfängnisregelung“ oder zu „Maßnahmen gegen Missbrauch an Frauen in der Kirche“ auf der Agenda.
Synodales Prinzip von deutschen Diözesen verinnerlicht
Wie stark die deutschen Diözesen bereits das synodale Prinzip verinnerlicht haben, wurde in der Beratung des Synodalen Ausschusses über den Grundlagentext „Die Katholische Kirche synodal erneuern“ und über den Handlungstext „Gemeinsam beraten und entscheiden“ deutlich. Eine Umfrage unter den 27 Bistümern habe ergeben, so die Berichterstatter, dass 37 Prozent der Diözesen bereits ein synodales Gremium auf Bistumsebene eingeführt hätten. Weitere 37 Prozent bereiteten dies vor. Der Handlungstext fordere dabei bewusst nicht dazu auf, neue Gremien zu schaffen. Stattdessen empfehle er ausdrücklich, bereits bestehende Diözesangremien weiterzuentwickeln.
Es gehe um Repräsentativität der Laien, einen verbindlichen Themenkatalog, demokratische Verfahren und schließlich auch ein gemeinsames Entscheiden. Dies werde in den Diözesen recht unterschiedlich gehandhabt. Es werde aber ein großes Bemühen erkennbar, die Gremien möglichst repräsentativ und die Entscheidungsverfahren demokratisch und verbindlich auszugestalten. Man könne festhalten, dass die Grundanliegen des Handlungstextes in den meisten Bistümern bereits aufgegriffen worden seien.
Ein neuralgischer Punkt sei vor allem das gemeinsame Entscheiden, hieß es – also die Bereitschaft des Bischofs, seine Entscheidungen an ein synodales Gremium zu binden. In fünf Diözesen sei diese Mitentscheidung bereits verbindlich eingeführt. Darunter gebe es Bistümer, die den Begriff der Selbstbindung des Bischofs in ihre Ordnungen übernommen hätten. Andere Diözesen verwendeten den Begriff nicht. Sie hätten aber durch Ordnungen festgeschrieben, dass über bedeutsame diözesanweite Fragen gemeinsam entschieden werde.
Gemeinsame Entscheidung von Bischof und synodalem Gremium als Regel?
Dabei soll die gemeinsame Entscheidung von Bischof und synodalem Gremium die Regel sein. Auf der Weltsynode in Rom habe man unter Synodalität Beratungen verstanden, die auf Konsens ausgerichtet seien. Dies soll der Regelfall sein. Nur wenn ein Konsens im Ausnahmefall trotz mehrfacher Beratungen nicht gelingt, seien ein Konsensverfahren oder eine gut begründete Entscheidung des Bischofs vorgesehen. Die Ergebnisse der Umfragen machten deutlich, dass der synodale Gedanke in vielen Diözesen bereits auf einem guten Weg sei, hieß es. Es gebe eine neue Kultur des Miteinanders, gestärktes Vertrauen und transparente Entscheidungsfindung. Ein „Dialog auf Augenhöhe“ stärke das Bischofsamt durch Kollegialität.
Der „Synodale Ausschuss“ setzt den „Synodalen Weg“ fort, den katholische Bischöfe und Laien im Jahr 2019 begonnen haben. Er tagte zunächst bis März 2023 und hat zahlreiche Vorschläge für eine Reform der Kirche erarbeitet, etwa eine stärkere Einbindung der Laien in Entscheidungen sowie mehr Rechte für Frauen oder die Anerkennung „queerer“ Lebensweisen.
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