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Serafim Joantă: Tradition ist das Leben der Kirche

Metropolit Serafim Joantă erklärt Synodalität als episkopale Kollegialität ohne Unterwerfung oder Konfusion.
Gemeinsame Sitzung der Synode und des Oberkirchenrats
Foto: igor palkin | Gemeinsam statt gegeneinander: Zur Stärkung ihrer Einmütigkeit sollten Bischöfe einen Primas wählen, sagt Metropolit Serafim Joantă.

Für eine „Kirche des Zuhörens“ hatte Papst Franziskus bei der Eröffnung des weltweiten Synodalen Prozesses in Rom geworben. Zuhören kann man katholischerseits beim Thema Synodalität jedenfalls den orthodoxen Kirchen und ihren Theologen, die damit viel Erfahrung haben. Für die Orthodoxie gehöre Synodalität auf allen Ebenen zu ihrer Struktur, meinte in einem Vortrag an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Graz am Montagabend der rumänisch-orthodoxe Metropolit von Deutschland, Zentral- und Nordeuropa, Serafim Joantă, der als Erzbischof für die orthodoxen Rumänen in Deutschland, Österreich und Luxemburg zuständig ist. Er machte aber zugleich deutlich, dass Synodalität in den orthodoxen Kirchen die theologisch begründete Kollegialität der Bischöfe, nicht jedoch eine Form der Mitbestimmung von Laien meint.

Sakramente werden im Namen des Bischofs gefeiert

„Heute wird der Geist der Welt in die Kirche getragen, statt der Geist Christi in die Welt“, beklagte der rumänische Erzbischof. Die Kirche sei jedoch kein Verein, sondern „eine Gott-menschliche Institution“ zur Verwandlung des Humanum. Jedes Glied in diesem Organismus habe seine spezifische Rolle. „Durch die Kirche treten wir in das Geheimnis der Trinität ein.“ Durch die Sünde sei die als Abbild des dreieinigen Gottes geschaffene Menschheit in eine Vielheit egoistischer Individuen zersplittert worden. Die Sünde sei „das Werk des Teufels im Menschen“; sie schüre die Feindschaften und zersplittere die Menschheit.

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Dagegen setzt die Orthodoxie theologisch begründete Prinzipien der Einheit: Metropolit Serafim Joantă zeigte, dass es in der frühen Kirche keine Gemeinde ohne Vorsteher und keine Presbyter ohne Bischof gab. Bis heute feiere jede orthodoxe Pfarrgemeinde die Sakramente im Namen des zuständigen Bischofs. Außerhalb der Gemeinschaft mit dem Bischof gebe es keine Eucharistie.

Zur Stärkung der Einmütigkeit einen Primas wählen

Aber auch der Bischof repräsentiert die Kirche in seiner Diözese nur in der Gemeinschaft mit seinen Brüdern. So sollten sich die Bischöfe zur Stärkung ihrer Einmütigkeit einen Primas wählen. Der rumänisch-orthodoxe Metropolit stellte zugleich klar, dass die Kollegialität im Episkopat nach orthodoxer Auffassung weder Unterordnung noch Konfusion kennt. Sie finde ihren Ausdruck in den Synoden. Im ersten Jahrtausend – also vor der Trennung von West- und Ostkirche im Jahr 1054 – sei die Synodalität auch in den Ökumenischen Konzilien zum Ausdruck gekommen.

Am Beispiel der rumänischen Orthodoxie schilderte der Metropolit, dass auf diözesaner Ebene auch Laien beratend mitwirken, ja sogar im Kirchenrat und in der Kirchenversammlung unter dem Vorsitz des Patriarchen gehört werden können. „Zu den Beratungen der Synode können auch Priester und Laien eingeladen werden. Sie haben aber kein Stimmrecht.“ Das liege allein bei den Bischöfen. Abgestimmt werde auch nicht über Fragen des Glaubens, sondern der kirchlichen Ordnung.

Wichtigste Aufgabe: Wachen über Einheit im Glauben 

Abweichungen und Irrlehren würden die Kirche und die Gläubigen in Gefahr bringen, warnte Metropolit Serafim. „Die orthodoxe Kirche ist eine Kirche der Tradition.“ Sie bleibe der überlieferten Glaubenslehre treu. „Tradition ist das Leben der Kirche selbst.“ Die erste und wichtigste Aufgabe der Bischöfe sei es, über die Einheit im Glauben zu wachen. Die Dogmen würden nicht nur den Glauben der Kirche ausdrücken, sondern hätten den Kult, die Liturgie und das Gebetsleben geprägt. „Eine rein akademische Theologie außerhalb der Kirche ist undenkbar“, so der Metropolit.

Zu einem Bruch im Territorialprinzip führten die Migration und das Entstehen von Diasporagemeinden, wie sie heute nicht nur die Griechen, Serben oder Rumänen kennen. Dadurch entstand – entgegen dem ursprünglichen Ideal – die Situation, dass es mehrere orthodoxe Bischöfe auf demselben Territorium gibt. Pragmatisch gelöst wurde dieses Dilemma durch die Einrichtung orthodoxer Bischofskonferenzen. Allein aus Rumänien seien sieben Millionen Orthodoxe in den Westen ausgewandert, die – wenigstens in der ersten Generation – ihrer Mutterkirche eng verbunden blieben.

Bischöfe haben Angst vor anti-ökumenischen Milieus

Dass die Synodalität auf der panorthodoxen Ebene nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine schwer beschädigt ist, schilderte Metropolit Serafim Joantă auf eine Frage dieser Zeitung. Fünf Jahrhunderte unter dem osmanischen Joch und anschließend mehrere Jahrzehnte kommunistischer Herrschaft hätten die Kommunikation unter den orthodoxen Kirchen behindert. Den russischen Boykott des Panorthodoxen Konzils auf Kreta im Jahr 2016 führte er darauf zurück, dass der Moskauer Patriarch Kyrill Angst vor seinen radikalen Mönchen und seinem Moskauer Klerus gehabt habe.

In allen orthodoxen Kirchen gebe es „sehr traditionalistische und anti-ökumenische Milieus“. Viele Bischöfe hätten Angst vor den betont traditionalistischen Mönchen und Priestern, die mit einem Schisma drohen. „Diese anti-ökumenischen Milieus sind klein, aber laut“, so der rumänisch-orthodoxe Metropolit.

Auf eine Frage nach der Mitwirkung des Gottesvolkes meinte Erzbischof Serafim Joantă , das gläubige Volk kenne die Tradition, verfüge aber über keine theologische Bildung. In Rumänien kämen nur zwei bis drei Prozent sonntags regelmäßig in die Kirche. „Von der Synodalität zu sprechen, überfordert die einfachen Gläubigen. Wir sprechen darüber unter den Priestern, aber beim einfachen Volk ist die Katechese sehr schwer.“ Viele Orthodoxen seien „Gefangene der eigenen Tradition“.

Lesen Sie weitere Hintergrundberichte und Reportagen vom Katholikentag in Stuttgart in der kommenden Ausgabe der "Tagespost".

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