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Wir steuern in voller Fahrt auf eine Spaltung zu

Persönliche Impressionen einer Synodalen. Dorothea Schmidt sehnt sich nach einer Reform als Zurück auf den Weg der Nachfolge, gegründet auf einer lebensverändernden Erneuerung im Geist Gottes.
3. Synodalversammlung: Es wird an einer neuen Kirche gebastelt
Foto: Maximilian von Lachner/Synodaler Weg | In die richtige Richtung ging für Dorothea Schmidt am Freitag nur die Musik. Die teils smoothig jazzige Interpretation von alten Kirchenschlagern, Taizé- und sogar Gotteslobliedern war erfrischend unkonventionell.

Ich bin so müde, dass ich kaum fähig bin, etwas zu schreiben. Nicht nur das lange Sitzen und die Masken, die wir den ganzen Tag tragen müssen, ermüden, sondern das Prozedere und der Inhalt. Darum brauche ich ab und zu einen Frische-Kick. Ja, auch Schorle und Espresso, aber ich meine eigentlich ein Foto, das mir jemand zugeschickt hat – von einer Anbetung. Eine angestrahlte Monstranz, Kerzen, that’s it. Alles Wichtige ist da. Christus ist da. Und es strahlt jene Ruhe aus, die im Sitzungssaal fehlte.

Hier wird an einer neuen Kirche gebastelt

Der Tag hat mich aufgewühlt. Nicht nur, weil hier an einer neuen Kirche gebastelt wird, die anders ist als alles, was ich an Kirche kennen- und lieben gelernt habe: Eine fröhliche, geschwisterliche und sakramentale Kirche, mit Jesus im Mittelpunkt! Der Tag hat mich auch aufgewühlt, weil es müßig wird, immer wieder zu hören, die Lehre der Kirche sei schuld am Missbrauch. Missbrauch ist ein Verbrechen, ist Sünde und Folge von falsch verstandener, egoistischer Sexualität. Offensichtlich haben sich die Täter teilweise auch noch gegenseitig geschützt. Zeigen nicht gerade die entsetzlichen Missbrauchsskandale, wie sehr die Kirche eine Neuausrichtung braucht, die an die Wurzel geht und zum Kern ihrer eigentlichen Identität führt? Zu Christus nämlich, zu einer Beziehung mit ihm, zu Gebet und Buße. 

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Ja, auch zur Lehre. Aber das Lehramt steht bereits auf dem Abstellgleis. Auch das wühlt mich auf. Besonders aufreibend waren am Freitag die sich ständig aneinander reihenden, immer wieder neuen Geschäftsordnungsaufträge. Und das zu einem Zeitpunkt, als alle nur noch ans Essen oder ans Bett dachten und ungeduldiges Gemurmel als Reaktion auf die Anträge die Versammlung fast schon als Grundrauschen begleitete. Über dem Rauschen ertönte in regelmäßig-unregelmäßigen Abständen das meditative „Wir bewahren jetzt die Ruhe“ der Moderatorin, wenn der Abstimmungsprozess wieder mal ins Stocken kam oder der gefühlt hundertste Geschäftsordnungsantrag gestellt wurde. Das wurde gemeinsam mit Frau Boxbergs „Bleiben Sie sitzen“ ein Running Gag. Synodale gaben sich zwischendurch scherzend Anweisungen: „Bleiben Sie ruhig“, „bleiben Sie sitzen“ Aber auch: „Gehen Sie schlafen“. Einer sang: „I wanna go home…“ Manchmal geht‘s eben nur mit Humor.

Für eine Minderheit hat das mit Reform nichts zu tun

Viele waren müde und glücklich, dass die Beschlusstexte angenommen worden waren. Wenige waren müde und ernüchtert von der Tatsache, dass die synodalen Veränderungen der Kirche mir nichts, dir nichts, bald die Bistümer, Pfarreien und Priesterseminare überrollen werden, weil auch die meisten Bischöfe diese Änderungen mittragen. Änderungen, die für die sogenannte „Minderheit“ mit Reform nichts zu tun haben. Wir verstehen Reform als ein Zurück auf den Weg der Nachfolge. Reform gründet auf einer geistig-geistlichen und lebensverändernden Erneuerung im Geist Gottes – sowie aus ihren eigenen Quellen heraus: Heilige Schrift, Sakramente, Gebet, Caritas, Kirchenväter, Katechese. Reform heißt hinein zu finden in die gelebte Jüngerschaft.

Betrachtet man die unterschiedlichen Standpunkte, kann man wohl sagen: Wir steuern in voller Fahrt auf eine Spaltung zu. Natürlich wühlt das auf. Apropos Minderheit: Mich würde interessieren, wie die katholischen Kirchgänger denken. Ich kenne nämlich im Alltag kaum jemanden, der so eine neue Moral begrüßen würde.

Mich hat noch etwas aufgewühlt: Ich hatte hinter den Kulissen eine Diskrepanz mit Synodalen. Glücklicherweise konnten wir vor dem Saal persönlich miteinander sprechen. Das war gut. Ich war sehr dankbar für diesen wertvollen Austausch: Wir haben uns in unseren Ansichten nicht angenähert, aber wir sind einander menschlich begegnet – und im Guten auseinandergegangen.

Ich bin doch keine Reproduktionsrolle

Weniger gut finde ich die Fusion mit der Gender-Ideologie. Wenn die Geschlechtlichkeit fluide wird und Mütter nur noch auf eine weibliche Reproduktionsrolle reduziert werden, dann habe ich damit ein Problem. Ich glaube, dass Gott Mann und Frau erschaffen hat, damit sie Väter und Mütter werden. Ich jedenfalls bin Frau und Mutter. Keine funktionale Rolle. Ich empfinde unsere Weiblichkeit sowie unsere Mütterlichkeit als ein großes Geschenk. Aber mit der fluiden Geschlechterwelt wird alles relativ und irgendwann eben nur funktional. Dann ist auch unerheblich, dass Jesus ein Mann war. Dann spielt es keine Rolle mehr, wer Christus repräsentiert.

Eine Kommission soll sich jetzt eigens mit dem sakramentalen Amt für Menschen jeden Geschlechts befassen. Dass ein Synodaler Rat eingerichtet wird, ist so gut wie fix und beschlossen ist auch, dass es eine Weihe für Frauen und das Frauendiakonat geben soll; jetzt mal ungeachtet dessen, was Rom dazu sagt. Kardinal Marx machte den Synodalen keine großen Hoffnungen. Aber das spielte keine Rolle. Die Abstimmungen waren im Sinne der Mehrheit und wurden mit Jubel und Applaus bedacht. Nur ändert das nichts daran, dass der Synodale Weg sich mit den Beschlüssen faktisch von der Weltkirche löst und wir an den Fundamenten des katholischen Glaubens rütteln.

Ich hätte gern noch über den Wert des Zölibats, über zölibatäres Leben auch in anderen Kulturen, über Hingabe an Christus und die Ausbildung in den Priesterseminaren gesprochen. Warum reden wir von Pflichtzölibat als ginge es hier um Pflicht? Wenn man nicht freiwillig auf eine Berufung antwortet, ist da sowieso schon etwas schräg. Ich wäre dafür, das Thema Berufung auf die Agenda zu setzen und der Bedeutung nachzugehen, bevor die vom Synodalen Weg beschlossenen Veränderungen wie eine Lawine die jetzige katholische Kirche überrollt und unter sich begraben haben werden.

Wie eine Fremde auf dem Synodalen Weg

Losgetreten hat der Synodalen Weg sie ja schon. In der Messe, die im Sitzungssaal stattfand, wurde die Idee von einer Doppelspitze im Bistum sowie die Laienpredigt gleich exemplarisch umgesetzt: Bischof Bätzing und ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp hielten eine Doppelpredigt, für die sie Applaus und überschwänglichen Dank ernteten. Das sei ein Signal in die richtige Richtung. Ich fühle mich wie eine Fremde auf dem Synodalen Weg. In die richtige Richtung ging für mich heute nur die Musik. Das war kein Opern- und Orchesterniveau, aber ich fand die teils smoothig jazzige Interpretation von alten Kirchenschlagern, Taizé- und sogar Gotteslobliedern erfrischend unkonventionell. Das war eine kleine Ablenkung vom synodalen Wahnsinn. Was wohl Jesus tun würde, wenn er leibhaftig im Saal wäre und zusehen müsste, dass seine Lehre und seine Kirche umdefiniert werden? So fragte jemand. Keine Ahnung. Aber er würde sicherlich wieder für uns sterben.

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