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Bätzing: Papst soll Synoden-Ergebnisse beachten

Bei der DBK-Herbstvollversammlung sprechen die Bischöfe über Hoffnung und Erwartungen, aber auch Chancen der Weltsynode - vor allem in Bezug auf Synodalität.
DBK-Herbst-Vollversammlung
| Delegierte Bischöfe der Weltsynode (v.l.): Bischof Franz-Josef Overbeck (Essen), Bischof Bertram Meier (Ausgburg), Bischof Felix Genn (Münster), Bischof Georg Bätzing (Limburg) und Bischof Stefan Oster (Passau).

Kurz nach dem Ende der Herbstvollversammlung der Deutsche Bischofskonferenz (DBK) beginnt in Rom die Weltsynode. Von den Erwartungen an die Synode und die Chancen, die darin liegen, haben die von der DBK Delegierten und die vom Papst ernannten bischöflichen Mitglieder der Synode in Wiesbaden während der Herbstvollversammlung gesprochen. 

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Das zentrale Thema des Pressegesprächs am Mittwoch war die Synodalität und was dieser Begriff konkret bedeutet, nämlich das Hören und gemeinsame Unterscheiden. Während Bischof Stefan Oster aus Passau betonte, dass ein Weg der Einmütigkeit gefunden werde könne, wenn der Geist Gottes „der eigentliche Protagonist der Synode ist", wünschte sich der DBK-Vorsitzende, Bischof Georg Bätzing, dass Papst Franziskus die Ergebnisse der Weltsynode verbindlicher betrachte, als er es bei der Amazonassynode getan habe. 

„Papst soll sich strukturell mehr binden“

Der Limburger Bischof erinnerte daran, dass Papst Franziskus sich die Forderung nach den "viri probati" nicht zu eigen gemacht habe. Die Frage nach dem Zusammenspiel von Synodalität und päpstlichem Prima und Lehrautorität sei für ihn „eine Frage, die entwickelt werden kann", so Bätzing. Er würde sich wünschen, „dass der Papst sich strukturell mehr“ an die Ergebnisse der Weltsynode binde als geplant sei. Eine besondere Frage, mit der er zur Synode fahre: „Gibt es ein neues Bild von Einheit, das Vielfalt — kulturell und gesellschaftlich — spiegelt, „damit Entscheidungen getroffen werden können, die nicht überall in der Weltkirche dieselben sind und doch in der Substanz des Glaubens vereint sind“?

Als „große Herausforderung" der Synode nannte er zudem die Synodalität. Es stelle sich die Frage, wie es gelingen könne, nicht nur mehr über Synodalität in der Kirche zu lernen, sondern sie auch konkret umzusetzen. Synodalität müsse helfen, „dem Evangelium Jesu Christi Raum zu geben“ und den „Sinn für das Ganze der Kirche und zugleich den Sinn der ganzen Kirche“ zu spiegeln. Ihm sei wichtig, „dass wir in Rom einander zuhören, uns gegenseitig verstehen und das vom Papst gewünschte Prinzip vom ,Ich' zum ,Wir' beherzigen“. Das Ziel sei, so Bätzing, „dass sich Kirche verändert, neu das Evangelium entdeckt als die zündende Kraft und dies nach außen bringt“. Er gehe nach Rom mit „all den drängenden Fragen, die nach Antworten suchen“.

„Nicht von Vorurteilen bestimmen lassen“

Bischof Felix Genn aus Münster unterstrich die Aussagen Bätzing und fügte, auf Ignatius von Loyola rekurrierend hinzu, dass es bei Synodalität darum gehen müsse, das vom anderen Gesagte zu retten. Es gehe darum, sich aktiv mit dem Gehörten auseinanderzusetzen und nach dem "Warum" zu fragen, so Genn.

Der Bischof wolle „einen langen Atem“ bewahren und sich nicht Vorurteilen bestimmen lassen. Denn „unser Umgang miteinander legt Zeugnis darüber ab, ob wir wirklich gemeinsam auf dem Weg synyodal sind“, sagte er — eine Aussage, die auch der aus der Dialogphilosophie kommende Bischof Stefan Oster aus Passau teilte.

„Einsichten aus anderen Teilen der Weltkirche“

Oster fragte sich vor dem Hintergrund der Austrittszahlen, ob es möglich sein könne, „durch ein Synodaler-Werden von Kirche im Sinne des Papstes neue Anziehungskraft für Kirche in Deutschland zu bekommen“. Er wünsche sich, „dass die Synode uns hier Perspektiven eröffnet und auch mit Einsichten aus anderen Teilen der Weltkirche beschenkt“.

Für den Passauer Bischof sind wesentliche Aspekte der Synodalität die geistliche Dimension des Schweigens, Hörens und Sprechens im geschützten Raum, die Papst Franziskus bei der Jugendsynode 2018 schon betont habe. Dies habe er beim Synodalen Weg vermisst. Dort habe er erlebt, „dass nach meiner Wahrnehmung die Polarisierungen stärker wurden: zwischen der Kirche in Deutschland und Rom, unter uns Bischöfen und innerhalb des Volkes Gottes“, kritisierte er und bemerkte: „Wenn der Geist, wie der Papst sagt, der eigentliche Protagonist der Synode ist und wir uns als Synodale darauf einlassen, dann kann es gelingen, einen Weg der Einmütigkeit zu finden, in dem das im Glauben so zentrale Verhältnis von Liebe und Wahrheit für die einzelnen Fragen und Themen aufleuchtet und möglichst viele auf diesen Weg mit einmünden lässt.“

Deutsche Themen zur Sprache bringen

Die Herausforderung, unterschiedliche Positionen unter einen Hut zu bringen, klang bei der Pressekonferenz mit dem Schlagwort „Vielfalt in der Einheit“ an. In diesem Sinne äußerte sich auch Franz-Josef Overbeck aus Essen. Es werde ein breites Spektrum an Themen geben, auch die Themen aus Deutschland müssten zur Sprache kommen. 

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Zudem gelte es „mit geschulter Haltung vom Glaubens- und Kirchensinn her“ zu fragen, was das für die vielen "den Menschen betreffenden Themen innerhalb der Kirche“ und der Anthropologie bedeute, und zwar angefangen von der Rolle der Frau – eine laut Bätzing „weiterhin drängende Frage im Gottesvolk" — bis hin zu Fragen der Sexualität.

Ignoranz römischer Weisungen

Kritisch hakte hier in der an die Pressekonferenz anschließende Fragerunde EWTN-Chef Martin Rothweiler nach: Ob man von Synodalität sprechen könne, wenn Rom einerseits Nein zu Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare sage, manche Bistümer solche Segnungen dennoch durchführten. Wo hier die Einheit zu suchen sei? Und ob dies nicht „schädlich für Gläubige und Kirche“ sei, fragte er.  

Overbeck verwies auf die „Dynamisierungen in der Kirche“: Es gebe Fragende und Zweifler, aber eben auch solche, für die diese Dynamisierung Freiheit bedeute. Man müsse diese Themen „pastoral und spirituell“ betrachten und vom Dogma und Kirchenrecht her überprüfen. Entschärfend wies Bischof Oster darauf hin, es werde in Rom nicht um die Doktrin gehen, sondern lediglich darum, in einem neuen Stil Kirche zu sein und auch mit denen ins Gespräch zu kommen, die sich ausgegrenzt fühlten. 

Synode — wie ein Chemiesaal

Austausch werde es in Rom in immer wieder neu zusammengewürfelten Kleingruppen geben, die nach Sprachen geordnet sind. Dass Gruppen in deutscher Sprache nicht vorgesehen sind, werteten die Bischöfe Genn und Meier positiv. Genn bemerkte, dass man so „weltkirchliche Erfahrungen aus verschiedenen Teilen der Welt erfragen“ könne. Und Meier wies darauf hin, dass man so nicht nur die Sprache trainieren könne, sondern vor allem eben die Hörbereitschaft und das Auf-den-Punkt-bringen von Wesentlichem.

Bätzing indes bedauerte auf eine Journalistenfrage hin, dass es keine deutsche Sprachgruppe gebe. Denn die deutsche Sprache beschränke sich nicht allein auf deutschsprachige Länder, sondern auch auf Menschen aus Belgien und Osteuropa. Es sei „keine unerhebliche Gruppe, die Deutsch bevorzugen würde“, meinte er.

Für Meier wird die Synode ein geistliches Experiment sein. Er verglich die Synode mit einem Chemiesaal, in dem es „zu ganz neuen Lösungen kommen“ könne, „aber auch zu Explosionen“. Nach konkreten Beispielen befragt, antwortete der Bischof, man müsse „offen sein für die Überraschungen des Heiligen Geistes“. Er schöpfe aus synodalen Erfahrungen, so genannten "Hörübungen", aus seinem Bistum. Dabei habe er gelernt, dass nicht Tempo, sondern eben das Lernen des guten Zuhörens zentral sei. Insofern hoffe er auf eine Gesprächskultur des gegenseitigen Respekts und betonte, dass es auf der Synode im Oktober keine schnellen Lösungen geben werde.

Die Bischöfe Bätzing und Overbeck sind von der Bischofskonferenz gewählte Teilnehmer der Weltsynode, die Bischöfe Oster und Genn wurden vom Papst nominiert.  DT/dsc

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