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Das neunte Türchen

Gott tröstet sein Volk – das sind auch wir! Gottes tröstliche Nähe verdeutlicht Jesus mit dem Bildwort vom Hirten, der alle Schäfe zurücklässt, um eines zu suchen.
Das neunte Türchen des Tagespost-Adventskalenders
Foto: DT/Sandra Dorn | Das neunte Türchen des Tagespost-Adventskalenders.

Liebe Leserinnen und Leser,

„Tröstet, tröstet mein Volk!“ Dieser Ruf hallt durch die Jahrhunderte und kündigt Juden, Christen und allen Völkern der Erde das Kommen des sehnlich erwarteten Heilands an. Niemand weiß, wann Christus wiederkommt, aber dass er wiederkommen wird, ist ein göttliches Versprechen.

Ihre Franziska Harter
Chefredakteurin


MIT DER BIBEL DURCH DEN ADVENT

Tageslesungen:
Jes 40,1-11
Mt 18,12-14

Schlüsselwort Trost

Gott geht ziemlich weit, um uns Menschen heimzuholen  Von Dirk-Henning Egger

Wissen Sie eigentlich, was Trost ist? Einer Definition gemäß bezeichnet Trost eine Unterstützung, die seelischen Schmerz, Kummer oder Leid lindert und einer Person inneren Halt oder Beruhigung verschafft. Soweit, so gut, aber wie sieht so eine Unterstützung konkret aus? Die Lesungen des heutigen Tages zeigen uns das auf zwei Arten sehr deutlich: „Tröstet, tröstet mein Volk!“, heißt es gleich zu Beginn der Lesung aus dem Buch Jesaja. Gott befiehlt hier sogar, zu trösten. Aber was Gott befiehlt, dazu befähigt er auch.

Der hier gemeinte Trost besteht darin, dass er seinem Volk, das sich zu dieser Zeit noch weit weg von daheim, im babylonischen Exil, befand, das Ende ihrer derzeitigen Situation ankündigt. Diese wird als „Frondienst“ bezeichnet, wobei der hebräische Begriff auch mit Arbeit, Mühsal oder sogar Krieg übersetzt werden kann.

Hier auch zum Anhören:

Audio

Das Ende solch belastender Situationen zu verkünden, klingt für uns aber eher nach „Vertröstung“ als nach echtem Trost. Keiner will schließlich mitten im Leid hören, dass „alles wieder gut wird“. Aber die Worte der Lesung kommen ja nicht irgendwie von irgendwem, sondern Jesaja spricht sie von Amts wegen als Prophet aus, sodass sie als Gottes Wort gelten können. Nun ja, und wenn Gott selbst einem sagt, dass das Leiden bald ein Ende hat, dann ist das keine Vertröstung, sondern echter Trost.

Was den tiefsten Trost jedoch ausmacht, sind – wie die meisten, die schon einmal zu leiden hatten, wissen – nicht tröstende Worte, sondern die Nähe einer wohlwollenden Person, die sich wirklich kümmert und ein Herz für die leidende Person hat. Und auch diese zweite Dimension von Trost kommt in unseren Texten vor, ganz eindringlich illustriert von Jesus selbst: Er zeichnet das Bild eines Hirten, der das Risiko eingeht, seine große Herde unbeaufsichtigt zu lassen, um ein einziges verirrtes Schaf zu suchen und heimzuholen. Wie unverständlich! Kein „normaler“ Hirte würde solch ein Risiko eingehen, könnte man meinen. Aber Jesus provoziert hier, wie so oft in seinen Gleichnissen, um noch deutlicher zu zeigen, wie wichtig wir Gott sind und wie nahe er uns kommen möchte, um uns heimzuholen – welch ein Trost!

Der Advent lädt uns also heute ein, den Weg für den Herrn frei zu machen, indem wir alle Hindernisse und somit vielleicht falsche Vorstellungen von Gott aus dem Weg räumen, damit er zu uns kommen kann, uns nahe sein kann und uns so seinen göttlichen Trost spendet.

Dirk-Henning Egger ist Augustiner-Chorherr in der Propstei St. Michael in Paring.


WEIHNACHTEN IM BILD

Der Weg vom Dunkel ins Licht
Foto: Sandra Dorn | „Der Weg vom Dunkel ins Licht“, Sandra Dorn (Öl auf Leinwand 2011)

Erlösung aus der Dunkelheit

Der adventliche Gedanke endet nicht an Weihnachten – er setzt sich fort bis zur Passion Christi und Ostern  Von Sandra Dorn

Dieses Bild soll eine adventliche Symbolik verkörpern, die letztlich von der Erwartung der Geburt bis zum Kreuzesopfer – und Ostern – reicht. Der mittige, zartgelbe Streifen steht für das sanfte Licht, das von hoch oben auf die im Dunkel lebende Menschheit herabfällt.

Es steht für die Inkarnation, die Menschwerdung Gottes. Noch ist das Volk von der Düsternis der scheinbar nicht enden wollenden Nacht umgeben, die im Bild durch das dunkle, kalte Blau dargestellt ist. Die Menschen sind purpurrot gefärbt, denn sie sind bereits mit dem Blut Christi, das Erlösung symbolisiert, bedeckt; auch wenn dieses Ereignis noch nicht stattgefunden hat, so wird dennoch in der Naherwartung der Geburt dieser Erlösungsprozess initiiert.

Im Advent steht die Rotfärbung auch für die von Gott kommende Liebe, die die Menschen bereits subtil, unmerklich ergriffen hat. Sie stehen bereits unter dem Kreuz, ohne sich dessen bewusst zu sein. Noch müssen sie ihr Kreuz im Hinblick auf die Erlösung und Vollendung tragen und es durchschreiten. Doch das Licht steht über ihnen und erfasst sie. Christus errettet aus der Finsternis. Auch nach der Erlösungstat Jesu Christi hat jeder sein Päckchen zu tragen, doch das Kreuz der Trennung des Menschen von Gott, das hat Christus überwunden.

Advent ist der Weg vom Dunkel ins Licht, das zu uns herabgestiegen ist. In der Mitte unserer Dunkelheit bricht ein goldener Spalt auf, wodurch alle mit Licht erfüllt werden. Die vertikale Achse des Kreuzes, die von der Erde in den Himmel weist, trifft auf die horizontale Linie des Irdischen. Durch die Inkarnation des Göttlichen können die Menschen voller Hoffnung aus der Tiefe gen Himmel blicken.

Die Autorin lebt als Schriftstellerin und Malerin in Bamberg.


ADVENTLICHE KLÄNGE

„Die Nacht ist vorgedrungen“

Das Bild der Nacht verbindet sich in Jochen Kleppers Adventslied mit der Krippengeburt Christi in Bethlehems Stall  Von Stefan Hartmann

Die am 4. Dezember vor 50 Jahren verstorbene Philosophin Hannah Arendt hat im Gegensatz zu Martin Heidegger nicht die Nacht des Todes, sondern das Licht der Geburt ins Zentrum ihres Denkens gestellt. In ihrem Werk „Vita activa“ ist das Geborensein die Voraussetzung allen Handelns. Das Bild der „Nacht“ könnte dennoch als Signum unseres Zeitalters gelten. Spirituell stehen Hiob, das Kreuz, die Dichtung des im Advent gefeierten spanischen Heiligen Johannes vom Kreuz und Reinhold Schneiders Bericht „Winter in Wien“ im Zeichen der Nacht.

Nicht nur die Karwoche, auch der Advent hat die Nacht als Thema, wie das Lied „Die Nacht ist vorgedrungen“ des 1903 in Beuthen/Oberschlesien geborenen evangelischen Theologen und Dichters Jochen Klepper aufzeigt. Sein durch die Nazis erzwungener Freitod mit seiner jüdischen Frau Hanni und deren Tochter Reni einen Tag nach einem Gespräch mit Adolf Eichmann am 11. Dezember 1942 bleibt erschütternd. Von Harald Seubert (Basel) gibt es eine einfühlsame Kurzbiografie.

Jochen Klepper hat das ergreifende und von Johannes Petzold vertonte Lied im Advent 1937 gedichtet. Es fand auch Eingang ins katholische „Gotteslob“ (Nr. 220). Mich hat es erstmals ergriffen durch einen Nacht-Meditationstext des Augsburger Priesterseelsorgers Theo Schmidkonz SJ. Bei Klepper dreht sich alles um das Bild der Nacht, der realen und der geistigen, die auf einen Tag und einen Lichtaufgang hoffen darf. Denn am Ende der Nacht steht das Licht: „Auch wer zur Nacht geweinet, der stimme froh mit ein. Der Morgenstern bescheinet auch deine Angst und Pein.“

Und es naht das Kommen des Gotteskindes: „Wer schuldig ist auf Erden, verhüll nicht mehr sein Haupt. Er soll errettet werden, wenn er dem Kinde glaubt“. Das Schwinden der Nacht ruft zum Stall der Krippe, auch wenn noch „manche Nacht wird fallen auf Menschenleid und -schuld. Doch wandert nun mit allen der Stern der Gotteshuld.“ (Strophe 4). Es folgt die paradoxe Schlussstrophe: „Gott will im Dunkel wohnen, und hat es doch erhellt. Als wollte er belohnen, so richtet er die Welt.“ 

Der Bamberger Autor ist Theologe und Publizist.


 

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