Liebe Leserinnen und Leser,
was Lasttiere mit dem Advent zu tun haben, erfahren Sie hinter dem 10. Türchen! Außerdem steht das Bild des „Stalls“ heute im Mittelpunkt. Nicht nur als Gedenken der Weihnachtsnacht, sondern auch als Bild für unser Inneres, das vorbereitet sein will: Denn Advent hat weniger mit äußerem Aufwand zu tun als vielmehr mit innerer Bereitschaft.
Einen gesegneten 10. Dezember wünscht Ihnen
Ihre Franziska Harter
Chefredakteurin
MIT DER BIBEL DURCH DEN ADVENT
Tageslesungen:
Jes 40,25-31
Mt 11,28-30
Ein zweifelhaftes Angebot
Der Advent fordert viel – und ausgerechnet ein „Joch“ soll entlasten. Wie kann eine Last Ruhe schenken und ein Dienst frei machen? Von Dirk-Henning Egger
„Jaja, schon oft gehört, aber hat noch nie geholfen!“ So klingt jemand, der schon langsam resigniert – vielleicht sogar ein Christ, der die Worte des heutigen Evangeliums hört. Schauen wir also genauer ins Evangelium: Jesus wendet sich an alle, die „mühselig und beladen“ sind. Ja, wem geht es nicht so – vor allem jetzt im Advent mit seinen unzähligen Terminen, Feiern und Besorgungen? Jesus verspricht uns aber, uns zu „erquicken“ – wörtlicher „Ruhe zu geben“. Dafür sollen wir „sein Joch“ auf uns nehmen. Aber was soll das sein? Ein Joch tragen doch Lasttiere, während sie schuften. Und so ein Joch soll uns Ruhe verschaffen?
Der Apostel Paulus unterscheidet dabei genau: „Für die Freiheit hat Christus uns frei gemacht; steht nun fest und lasst euch nicht wieder unter einem Joch der Knechtschaft halten.“ (Gal 5,1) Jesus möchte also, dass wir frei werden vom unterdrückenden Joch, das uns zu Knechten unserer Sündhaftigkeit, Begierden und Ichhaftigkeit macht. Denn je mehr wir für deren Befriedigung arbeiten, desto größer werden sie, und damit die Arbeitslast – was für ein Teufelskreis! Das Joch Jesu macht uns dagegen frei, denn wir dienen dann einem anderen Herrn, unserem Gott. Und für den, der mich liebt und es gut mit mir meint, tue ich doch Unangenehmes sogar gerne. Da habe ich nämlich keine Angst mehr davor, zu kurz zu kommen, sondern weiß, dass es der Herr dahinter wert ist.
Hier auch zum Anhören:
Unser Ziel ist alle Mühsal wert
Zu wissen, für wen ich arbeite, macht es leichter, aber auch, zu wissen, wofür. Auch das können wir von Jesus lernen. Er kannte nicht nur seinen „Auftraggeber“, seinen liebenden Vater, sondern auch sein Ziel: die Erlösung der Menschen, die er so sehr liebt. Dafür hat er alles Unangenehme und Böse bis ins Letzte aushalten können. Unser Ziel ist das ewige Glücklichsein bei Gott im Himmel – wenn das nicht alle Mühsal wert ist!
Der Weg dahin ist jedoch nicht leicht, denn das Gewicht wird dabei meistens durch zunehmende Verantwortung, Alter oder Krankheiten schwerer. Also muss ich mir nicht nur meinen liebevollen Herrn und mein erstrebenswertes Ziel vor Augen halten, sondern auch meine Kraft vergrößern. Daher ermutigt uns der Prophet Jesaja: „Er [Gott] gibt dem Müden Kraft, dem Kraftlosen verleiht er große Stärke.“ Von Jesus können wir also die Güte und Demut lernen, nicht nur auf uns selbst zu vertrauen, sondern vor allem auf die Hilfe Gottes.
Sehen wir diese Tage des Advents also als Chance, unser Leben bewusst neu anzunehmen – was nicht heißt, dass man alles daran gut finden muss –, und dadurch für Gottes Kraft Raum zu schaffen.
Dirk-Henning Egger ist Augustiner-Chorherr in der Propstei St. Michael in Paring.
WEIHNACHTEN IM BILD

Spätjahrsputz im Stall
Der Frühjahrsputz kann ruhig schon mal in die Weihnachtszeit vorverlegt werden: Eine saubere Krippe schafft im übertragenen Sinne gute Voraussetzungen für das nahende Weihnachtsfest Von Maximilian Welticke
Besuch war bei uns zu Hause stets willkommen – wenn er sich vorher angekündigt hatte. Dann putzte die Mutter das Haus, bereitete eine üppige Mahlzeit samt Dessert vor und backte frischen Kuchen. Sollte ein Besucher jedoch unverfrorenerweise spontan vor der Tür stehen, so brach flugs die Panik aus: „Jetzt ist ja gar nichts vorbereitet!“, hieß es dann, oder: „Der kommt uns nun sehr ungelegen.“ Und was auch auffiel: Je höher der Besuch, desto aufwendiger die Vorbereitung. Wie wäre es nun, wenn wir heute Post vom Bundespräsidenten oder vom Papst im Briefkasten hätten? „An Weihnachten komme ich zur Bescherung zu Ihnen.“ Bei uns zu Hause würde man wohl sofort mit umfassenden Renovierungsarbeiten beginnen. Und wenn nun nicht der Papst, sondern gar der Heiland selbst kommen würde? Wie viel mehr Vorbereitungen müssten wir wohl treffen? Doch keine Angst, er begnügt sich schon mit einer Krippe und etwas Stroh – zumindest, wenn es um äußerliche Vorbereitungen geht. Daneben gibt es aber noch innere Putzarbeiten, und die sind wesentlich wichtiger.
Der Advent ist traditionell eine Fastenzeit; das heißt, die äußerlichen Bedürfnisse werden zurückgestellt, um sich auf das Innere zu konzentrieren. Als der zwölfjährige Jesus den Eltern abhandenkam, fanden sie ihn „im Haus seines Vaters“ – zu Hause also, im Tempel. Und der Apostel Paulus schreibt uns, dass wir nun dieser Tempel sind: Jesus möchte in uns zu Hause sein, und für Weihnachten hat er seinen Einzug angekündigt. Dieser Gedanke geht uns im Trubel des Jahresendes leicht verloren. Als ich klein war, konnte der Advent nicht schnell genug vorübergehen – schließlich gab es danach Geschenke. Doch heute kann der Advent sich nicht lange genug hinziehen – denn bis zum Jahreswechsel ist noch allerhand zu tun, und man will ungern Arbeit zwischen die Feiertage mitnehmen. Wenn wir ehrlich sind, dann beschäftigen wir uns doch mehr mit dem Abschluss des Kalenderjahres als mit dem Beginn des Kirchenjahres. Doch die Zeit für gute Vorsätze und den inneren Frühjahrsputz ist jetzt, nicht erst nach Silvester – schließlich soll der Besuch sich wohlfühlen. Der „Stall“ des Weihnachtsgeschehens, er sollte von uns geputzt sein und die Krippe mit sauberem Stroh bereitet.
Der Autor ist katholischer Theologe und forscht im Bereich der Moraltheologie in Rom.
ADVENTLICHE KLÄNGE
Alle Titel des Albums "Magnificat" von John Rutter finden Sie in der entsprechenden Youtube-Playlist.
Maria tanzt!
In John Rutters Magnificat von 1990 klingt Johann Sebastian Bach nach, wenn Maria die pure Vorfreude auf die nahe Geburt Christi zum Ausdruck bringt Von Christian Weiherer
Das Magnificat, der Lobgesang Mariens, hat über Jahrhunderte zahllose Komponisten inspiriert. Am berühmtesten und in aller Ohren ist sicherlich J. S. Bachs Vertonung. Zu dieser gibt es eine Version mit vier Einlagesätzen, die das Magnificat auf 16 Sätze erweitern und liturgisch eindeutig der Weihnachtszeit zuordnen lassen.
Als John Rutter den Auftrag erhielt, für ein Konzert in der Carnegie Hall NY ein 40-minütiges Werk zu komponieren, fiel seine Wahl auf den Text des Magnificats (Lk 1,46–55). Darin lobpreist Maria, die gerade erfahren hat, dass sie den Gottessohn gebären wird, Gott und verleiht ihrer unbändigen Freude und ihrem unendlichen Vertrauen in diesen Ausdruck.
Rutter orientiert sich formal an Bach, führt die im Psalmen-Stil geschriebenen, lateinischen Verse aber enger zusammen. Mit zusätzlich eingefügten Texten deutet er den Text in sieben Sätzen adventlich aus.
Die Besonderheiten an Rutters Vertonung sind:
Erstens, eingefügte Texte: Das zauberhafte englische Gedicht „Of a Rose“, bei dem man an das berühmte Lied „Es ist ein Ros’ entsprungen“ denken mag oder auch an das Erblühen der Barbarazweige. Das Sanctus aus der gregorianischen Missa cum jubilo, welches ganz passend nach den Versen „Denn der Mächtige hat Großes an mir getan und sein Name ist heilig (sanctum nomen eius)“ zitiert wird. Zwischen dem „Gloria Patri“ und dem abschließenden „Sicut erat“ erklingt das alte Gebet „Sancta Maria, succurre miseris“ (Heilige Maria, hilf den Hilflosen/Erbarmungswürdigen/Leidenden).
Zweitens, Rutter beschränkt sich auf eine Sopran-Solistin (Maria, eine junge Frau, die zu den unteren Volksschichten gehört) und vertraut dieser drei zentrale Textstellen an, die gerade auch in der aktuellen weltpolitischen Situation Hoffnung geben: „et misericordia eius“ – Verheißung einer immerwährenden Barmherzigkeit Gottes, „Esurientes implevit bonis“ – Erhöhung der Niedrigen versus Erniedrigung der Hohen und „Sancta Maria“ – Bittgebet zu Maria.
Drittens, Tanzrhythmen: In Ländern wie Spanien, Mexiko oder Puerto Rico werden Marienfeste oft mit Prozessionen gefeiert, bei denen auf offener Straße gesungen und getanzt wird. Diese überwältigende Freude wird bei Rutter körperlich erfahrbar; zu Beginn und am Ende mit den sich überlagernden Versionen eines Dreiertaktes und den Star-Wars-Beats beim „fecit potentiam“.
John Rutters Magnificat ist pure Vorfreude auf die nahende Geburt Christi. Tanzen, schwelgen, hoffen und vertrauen wir gemeinsam mit Maria, dass wirklich alles sich zum Besseren kehren wird. Denken wir an all die Machtlosen, Hungernden, Geringen und Erniedrigten auf dieser Welt. Das ist wahrhaftiger Advent!
Der Autor ist Organist und Domkantor am Mariendom des Erzbistums Hamburg.
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