Liebe Leserinnen und Leser,
„O Immanuel – Gott mit uns“, lautet die heutige O-Antiphon – der dazugehörige Adventshymnus gehört ohne Zweifel zu den bewegendsten Zeugnissen mittelalterlicher Frömmigkeit, die uns bis heute erhalten geblieben sind.
Noch einmal schlafen, dann ist Heiligabend!
Herzlich grüßt
Ihre Franziska Harter
Chefredakteurin
MIT DER BIBEL DURCH DEN ADVENT
Tageslesungen:
Mal 3,1–4.23–24
Lk 1,57–66
Wir sind nie allein
Warten auf die Ankunft des Herrn? Er ist doch schon da! Von Schwester Theresia Heither OSB
O Immanuel, „Gott mit uns“, wird der Herr heute angerufen. Der Prophet Jesaja hat als Zeichen Gottes seine Geburt aus der Jungfrau angekündigt und dabei auch diesen Namen unseres Herrn und Königs genannt. Maria wird vom Engel begrüßt: „Der Herr ist mit dir!“. Sie wird damit auf die Prophezeiung des Jesaja verwiesen, der gesagt hat: „Siehe, die Jungfrau hat empfangen, sie gebiert einen Sohn und wird ihm den Namen Immanuel geben.“
Wir kennen eher seinen Namen Jesus, Retter. Der Name „Immanuel“ erklärt, worin die Rettung besteht: Gott nimmt Anteil an uns, er sucht den Kontakt mit uns, er will von uns erkannt und geliebt werden. Das wird uns als erlösten Menschen immer wieder zugesagt, denn die Erlösung besteht darin, dass unser Leben eine Bedeutung hat über unser Leben hinaus, über den Tod hinaus, der dadurch überwunden ist und zum Eingang ins ewige Leben wird. Der Herr ist mit und für uns, jedoch ist er nicht nur für uns da, sondern für alle Menschen, denen wir begegnen.
Hier auch zum Anhören:
Der normale Gruß im Volk Gottes ist „Der Herr ist mit dir“; so lautete er schon im alten Volk Gottes, in Israel, und dann auch in der Kirche. Der Herr sei mit euch, in eurer Mitte, das hören wir oft in der Eucharistiefeier und sollten mithören: „Der Herr ist bei mir, ich habe keine Angst“ oder: „Der Herr ist für mich, wer ist dann gegen mich?“ Darin besteht unsere Erlösung: Wir sind nicht allein, er ist immer bei uns, in jeder Not, aber auch in jeder Freude.
Und doch werden wir von der Frage bedrängt: Wo ist der Herr in dieser Situation? Er ist da, auch wenn wir es nicht spüren. Er spricht mit uns und ernährt uns in jeder Eucharistiefeier. Könnte er uns seine Gegenwart noch deutlicher kundtun? Was erwarten wir an Weihnachten? Wir rufen: Komm! Aber er ist doch schon da. Er ist im Verborgenen in diese Welt gekommen. Herr, komm in unsere Mitte, in unser Herz und auch in unser Bewusstsein! Nimm durch den Glauben Wohnung in uns, allein können und wollen wir nicht leben.
Die Autorin lebt in der Abtei Mariendonk und hat über die Theologie der Kirchenväter publiziert.
WEIHNACHTEN IM BILD

Von Geburt an bedroht
Der Bethlehemitische Kindermord ist als fortdauerndes Menetekel im Bewusstsein des jüdisch-christlichen Kulturkreises wirksam Von Martin Ploderer
Bereits bei der Geburt kristallisiert sich die ganze Widersprüchlichkeit der menschlichen Existenz. Nach einer mehrmonatigen Mühsal wird der neue Mensch unter Schmerzen von seiner Mutter geboren, doch sobald das Kind auf ihrer Brust liegt, scheinen die Qualen verflogen und die Freude über das neue Leben überwiegt. So heißt es schon in der Bibel. Niemand weiß in diesem Moment, wohin sich dieses neugeborene Wesen entwickeln wird, welche Potentiale es mitbringt, wie es auf die Einflüsse seiner Umwelt reagieren wird. Vom ersten Moment an liegen Freude und Angst ganz nahe beieinander.
Als der Menschheit der Retter geboren wurde, an den auch zweitausend Jahre später viele noch nicht glauben wollen, weil sie übersehen, welche belebende und erbauende Kraft ihr eigener Glaube haben könnte, wenn sie ihn nur in aller Freiheit annehmen wollten, ahnte ein irdischer Machthaber bereits, dass diese Geburt für ihn und seine finsteren Pläne nichts Gutes bedeuten könnte. Er schreckte nicht davor zurück, alle Neugeborenen bis zum Alter von zwei Jahren ermorden zu lassen, weil er durch Streuung sicher gehen wollte, dass der ihm geweissagte neue König darunter sein werde und ihm daher nicht mehr gefährlich werden könnte. Doch Gott lässt sich durch menschliche Bosheit, die eine enge Verwandte der Dummheit ist, von seinem Heilsplan nicht abhalten.
Sinnloses Gemetzel – eigentlich ein Pleonasmus, denn jedes Gemetzel ist immer sinnlos – gibt es bis heute und fassungslos müssen wir zusehen, wie Menschen nicht und nicht bereit sind, aus der Geschichte zu lernen, bis hin zu deren Leugnung, wie es bei der von Gott angebotenen Heilsgeschichte der Fall ist. Das heilige Kind aus Bethlehems Stall hat es überlebt und sein Geist strahlt bis heute trotz allem weiter. Wir haben Grund zur Hoffnung.
Der Autor ist Schauspieler und Sprecher.
ADVENTLICHE KLÄNGE
O komm, o komm Immanuel
So freut man sich musikalisch auf das Christkind: die herbe Seite des Advent mit der Ungeduld der Wartenden Von Regina Einig
Der Advent ist die liturgische Zeit, um sich in instrumentaler Abstinenz zu üben. Das hoffnungsvolle Warten auf die Geburt des Erlösers verträgt keine brausende Orgel und Trompetenschall, die Stimme darf sich auf leise Wiegenlieder einstellen und schon einmal die ganze Skala der Emotionen proben. Bei Roratemessen und Gregorianikchorälen schweigt die Orgel, nun ist A-Capella-Gesang angesagt. Wer die Intensität der Antiphonen und Hymnen in der vorweihnachtlichen Stille auf sich wirken lässt, hat Ohr und Sinn an Weihnachten umso freier für Pauken und Orgelspiel. Ein dank Text und Melodie ergreifendes Werk ist der mittelalterliche Hymnus O komm, o komm Immanuel. A cappella gesungen, lebt er von der Ausdruckskraft der Sänger, die Sehnsucht und Vorfreude auf die Ankunft des Erlösers in die Intonation legen. Wer noch keine Beziehung zum lateinischen Choralgesang hat, findet hier einen Türöffner und lernt die O-Antiphonen in einer wunderbaren Komposition kennen.
Die sehr gelungene zweisprachige A-capella-Interpretation des Nürnberger Egidienchors zeigt, dass konsonantenreiche Sprachen wie Deutsch und Englisch naturgemäß noch Luft nach oben haben. Eine Einladung für die vokalreichere lateinische Choralfassung, aber auch für kreative musikalische Interpretationen. Denn Eucharistiefeiern ohne instrumentale Begleitung dürften in Zeiten der Kürzungen an Kirchenmusikbudgets nicht nur Kür, sondern mittelfristig Pflicht für viele Gemeinden werden. Jetzt ist die Zeit, die Stimmen zu schulen, wenn der Gesang im neuen Kirchenjahr nicht an der unbesetzten Orgelbank scheitern soll. Die Vielfalt der Interpretationen des Hymnus „O komm, o komm Immanuel“ zeigt, wie viele Klangfarben der Choralgesang bereithält. Überzeugend bringen die Männerstimmen der Cappella Lacensis die herbe Seite des Advents zum Ausdruck: In ihrer polyphonen Fassung schwingt die Ungeduld der einsam Wartenden mit. Kein heller Sopran mildert das strenge Klangbild. Mehr Leichtigkeit des Seins erwartet die Sänger in der leicht adaptierten Fassung des Kölner Eigenteils im Gotteslobs (Nr. 729). Der rhythmisch eingängige Refrain „Freu dich, freu dich o Israel“ ist ein Ohrwurm, der einen beschwingt zur Krippe begleitet.
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