Liebe Leserinnen und Leser,
am vierten und letzten Adventssonntag grüßt Sie Erzbischof Gänswein aus Vilnius mit einem geistlichen Impuls. Außerdem möchte ich Ihnen heute unsere Weihnachtsbeilage vorstellen, die Sie in unserem heutigen Newsletter kostenlos herunterladen können. Sie ist dem Frieden gewidmet – nicht wie die Welt ihn kennt, sondern wie nur der Friedensfürst selbst ihn bringen kann. Schauen Sie gerne hinein – es lohnt sich!
Einen gesegneten 4. Advent wünscht Ihnen
Ihre Franziska Harter
Chefredakteurin
MIT DER BIBEL DURCH DEN ADVENT
Tageslesungen:
Jes 7,10–14
Röm 1,1–7
Mt 1,18–24
Ein Weisheitslehrer
Sind wir fähig, so viel Vertrauen aufzubringen wie der heilige Josef? Von Erzbischof Georg Gänswein
Mit Maria, der Mutter Jesu, und Johannes dem Täufer gehört der heilige Josef zu den Hauptpersonen, die uns die adventliche Liturgie vor Augen stellt, und von den dreien ist er der Bescheidenste. Einer, der nicht predigt, der nicht spricht, sondern sich bemüht, „nur“ den Willen Gottes zu tun. Dem Anschein nach ist er eine eher zweitrangige Gestalt, in deren Haltung hingegen die gesamte christliche Weisheit präsent ist. Am heutigen vierten Adventssonntag berichtet das Evangelium aus der Sicht des heiligen Josef, wie sich die Geburt Jesu zugetragen hat.
Maria wird im Licht der Prophezeiung gezeigt, die lautet: „Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären.“ Der Sohn Gottes wird Mensch in ihrem Schoß. Auf diese einzigartige Weise hat sich Gott dem Menschen genähert, indem er Fleisch angenommen hat von einer Frau. Auf andere Weise nähert sich Gott auch uns mit seiner Gnade, um in unser Leben einzutreten und uns seinen Sohn als Gabe zu schenken. Und wir – was tun wir? Nehmen wir ihn auf, lassen wir ihn nahekommen oder lehnen wir ihn ab, verjagen wir ihn? Wie Maria sich selbst aus freiem Willen dem Herrn der Geschichte zur Verfügung gestellt und ihm so ermöglicht hat, die Geschicke der Menschheit zu ändern, so können auch wir, indem wir Jesus annehmen und versuchen, ihm alle Tage zu folgen, an seinem Heilsplan für uns selbst und die Welt mitwirken.
Hier auch zum Anhören:
Josef war der Verlobte Mariens, und „noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete – durch das Wirken des Heiligen Geistes“. Dieses Geheimnis offenbart die Liebe und die Macht Gottes gegenüber der durch die Sünde verwundeten Menschheit. Josef wird als ein Mann vorgestellt, der gerecht war, dem Gesetz Gottes treu gehorchend und bereit, dessen Willen zu erfüllen. Der Evangelist hebt ohne Scheu hervor, dass Josef sich keine Erklärung für das Geschehen der Schwangerschaft Marias zu geben vermag, das sich vor seinen Augen vollzieht. Gerade im Moment des Zweifels und der Angst kommt Gott ihm mit einem seiner Boten nahe, der ihn hinsichtlich des Geheimnisses jener Mutterschaft erleuchtet: „Das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist.“ Angesichts des außerordentlichen Ereignisses, das in seinem Herzen viele Fragen aufkommen lässt, vertraut Josef ganz Gott, folgt seiner Aufforderung und verstößt seine Verlobte nicht, sondern nimmt sie zu sich. Indem er Maria aufnimmt, nimmt er bewusst und mit Liebe den auf, der in ihr durch das wunderbare Wirken Gottes empfangen wurde, dem nichts unmöglich ist. Josef, der gerecht war, lehrt uns, felsenfest und unerschrocken auf Gott zu vertrauen. Wenn Gott uns nahekommt, müssen wir uns mit freiwilligem Gehorsam von ihm führen lassen.
Beide Gestalten, Maria und Josef, die als Erste Jesus durch den Glauben angenommen haben, führen uns in das Weihnachtsgeheimnis ein. Josef, der treue und schweigsame Helfer beim Werk Gottes, spielt dabei keine unbedeutende Neben-, sondern eine zentrale Hauptrolle.
Der Autor ist Apostolischer Nuntius für das Baltikum.
WEIHNACHTEN IM BILD

Josef schläft
Sorge und Arbeit, Ruhe und Schlaf bilden einen wichtigen Zweiklang im menschlichen Leben. Im Schlaf des Gerechten erfährt Josef die göttliche Botschaft Von José García
„Während er noch darüber nachdachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist“ (Mt 1, 20). Die liegende, schlafende Darstellung verweist auf jene Momente, in denen Josef im Traum göttliche Botschaften empfing. Die Statue zeigt ihn als „Hüter im Schlaf“ – seine Wachsamkeit gewinnt gerade in der Ruhe Gestalt. Zu den persönlichsten Objekten auf dem Schreibtisch von Papst Franziskus zählte eine schlichte Holzfigur des schlafenden heiligen Josef, die ihn seit seinen Jahren in Argentinien behütete. Aus zurückhaltendem Material und in dezenter Farbgebung gestaltet, zeigt sie den Nährvater Jesu nicht stehend oder segnend, sondern auf der Seite liegend, ganz geborgen im Vertrauen des Schlafes. Ein grün schimmerndes Obergewand legt sich über eine rötlich-braune Tunika; der Kopf ruht auf einem zierlichen Kissen, ein goldener Nimbus hebt die Heiligkeit diskret hervor. Die etwa 32 Zentimeter messende Replik entspricht der von Franziskus bevorzugten Originalfassung; unter der Figur bleibt Raum für kleine Zettel mit Bitten – eine kleine Geste, die der verstorbene Papst selbst pflegte: „Wenn ich ein Problem habe, lege ich es unter den Josef, damit er darüber träumt.“
Die Popularität dieser Darstellung, in Südamerika seit Langem vertraut, entfaltete sich weltweit, nachdem Franziskus sie 2015 auf den Philippinen erwähnte: „Selbst wenn er schläft, wacht er über die Kirche.“ Im Traum nimmt Josef die göttliche Weisung entgegen – und dies in jener Phase, auf die die Kirche im Advent blickt: Nachdem der Erzengel Gabriel Maria erschienen war und durch ihr Ja-Wort in ihrem Schoß das Wort Mensch wurde. Als Josef, erfüllt von Zweifel und Sorge, „sie in aller Stille entlassen wollte“, spricht Gott zu ihm im Traum und offenbart seine Aufgabe. Noch vor der Geburt des Kindes wird Josef zum ersten Hüter des Mysteriums der Menschwerdung.
Für Franziskus, der seine eigene Berufung 1953 vor einem Josefsbild in Buenos Aires entdeckte und sein Pontifikat am 19. März, dem Fest des Heiligen, begann, ist Josef ein „Mann der Stille und der Stärke“ – ein Gerechter, der im Verborgenen die entscheidenden Schritte des Heilsgeschehens trägt. So wurde das schlafende Bild des stillen Hüters zu einem geistlichen Begleiter des verstorbenen Papstes und zu einem weltweiten Hoffnungssymbol.
Der Autor ist Historiker und schreibt aus Berlin über Kunst und Kultur.
ADVENTLICHE KLÄNGE
Das Licht kommt in die Welt
In der lichtüberfluteten Gegenwart ist für uns das beginnende Leuchten aus der Krippe kaum noch wahrnehmbar. Zur Wintersonnenwende sollten wir den Morgenstern am Himmel suchen Von Barbara Stühlmeyer
Mitten im Spot der taghellen Finsternis sitzen wir im Dunkel des Nichterkennens. Das Warten auf den Morgenstern ist sinnlos geworden unter einem Himmel, an dem man ihn inmitten selbstgemachter Lichtflut nicht mehr sehen kann. Und doch brauchen wir offenbar diese Erfahrung, weil die innere Schwärze durch äußeren Glanz nicht zu erhellen ist. Der Mangel an natürlichem Nachthimmel ist inzwischen so allgemein, dass die kleinen Inseln, in denen das Funkeln der Sterne noch sichtbar ist, zu einem schützenswerten Kulturgut geworden sind. Dass die Polarität zwischen Licht und Finsternis dennoch perfekt funktioniert und nach wie vor ausgewogen ist, zeigt ein Blick auf die Außen- und die Innenwelt. 12,5 Prozent der Deutschen leiden unter Depressionen. Aber die Anzahl derjenigen, die in sich eine Verdunkelung wahrnehmen, liegt deutlich höher. Sie korreliert umgekehrt proportional mit den Städten, die niemals mehr schlafen, weil in ihnen die Lichter nicht mehr zur Ruhe kommen.
Was aber wäre, wenn man den Morgenstern, wie die O-Antiphon ihn zum 21. Dezember besingt, wieder stärker in den Blick nehmen würde? Der Text des alten Kehrverses antwortet mit: Glanz des unversehrten Lichtes und Sonne der Gerechtigkeit. Dabei geht es nicht um äußere Schönheit, sondern um viel mehr: ursprüngliches Licht, tiefste Klarheit, umfangendes Funkeln und eine Gerechtigkeit, die zu empfangen jedem zusteht. Das Bedürfnis nach Licht, Wärme und Liebe ist etwas Elementares, das alle Menschen miteinander teilen. Das zarte Strahlen des Morgensterns verweist auf die Zerbrechlichkeit, die sich mit der einst von Max Horkheimer thematisierten Sehnsucht nach dem ganz Anderen verbindet, nach dem, was die Alltagswirklichkeit übersteigt und sie zugleich so grundlegend zu wandeln vermag, dass all seine Aspekte in einem neuen Licht erscheinen. Wer die Fähigkeit, den Morgenstern zu suchen und zu finden wieder neu lernt, kann sich in dessen hellen Schein auf- und ausrichten auf das aufstrahlende Licht aus der Höhe, dessen Kommen die vielen so sehnsuchtsvoll erwarten.
Die Autorin ist Theologin und Musikerin und schreibt über Kunst und Kultur.
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