Liebe Leserinnen und Leser,
wollen wir Ja-Sager oder Nein-Sager sein? Dauerrevoluzzer oder Duckmäuser? Irgendwie beides nicht. Das heutige Evangelium stellt uns einen Nein- und einen Ja-Sager vor – in einer bestimmten Absicht.
Noch etwas anderes: Einhörner sind keine Erfindung der Harry-Potter-Bücher, sondern waren bereits im Mittelalter ein beliebtes Motiv – sogar mit weihnachtlichem Bezug. Mehr dazu im heutigen Bild.
Nur noch eine Woche bis Weihnachten!
Ihre Franziska Harter
Chefredakteurin
MIT DER BIBEL DURCH DEN ADVENT
Tageslesungen:
Zef 3,1–2.9–13
Mt 21,28–32
Verfahren?
Aus freien Stücken lernen, dass der Gehorsam gegen Gott zu einem gelingenden Leben führt: Das ist die Lektion des heutigen Evangeliums Von Guido Rodheudt
Umleitungsempfehlungen aus dem Verkehrsfunk sind ein Wink mit dem Zaunpfahl. Selbstverständlich muss man ihnen nicht folgen, man kann auch seiner Ortskenntnis oder seinen Instinkten gehorchen und den eigenen Weg suchen. In der Regel aber ist man gut beraten, sich an die Empfehlungen zu halten. Wer das nicht tut, wird eine ähnliche Erfahrung machen, wie sie im Gleichnis des heutigen Tagesevangeliums geschildert wird.
Dort gibt es eine klare Ansage eines Weinbergbesitzers an seine beiden Söhne. Die aber haben eigene Pläne und ignorieren die Weisung auf unterschiedliche Weise. Der eine akzeptiert scheinbar den Auftrag, geht aber dennoch seiner eigenen Wege. Der andere verweigert grundsätzlich die Weisung, später aber reute es ihn, und er geht doch. Er merkt, dass er sich mehr und mehr verfährt, wenn er nicht die Wegweisung seines Vaters befolgt.
Hier auch zum Anhören:
Wir lernen heute: Ein Gelingen des Lebens funktioniert nur dann, wenn Gottes Befehl Gefolgschaft findet. Jedoch, und das lehrt das Gleichnis ebenso, es ist immer noch besser, den Weg zu korrigieren und den Richtungsempfehlungen des Vaters nachträglich zu folgen, als sich vermeintlich nach ihm zu richten, dann am Ende aber einfach zu Hause zu bleiben. Eine Wegempfehlung kann eben nur dem nutzen, der sich überhaupt auf den Weg macht. Insofern ist der ursprüngliche Wegverweigerer der moralische Sieger der Geschichte, weil er Reue und Umkehr kennt. Der Ja-Sager ist auf der Verliererseite, weil er es nicht ernst meint und mit seiner bloß verbalen Zustimmung die tief verwurzelte Haltung seines Ungehorsams kaschiert.
Diese Bereitschaftsprüfung gehört zu den zentralen Herausforderungen des Advents. Sie mündet ein in die Aufforderung, uns in der Weihnachtsbeichte unseren Abwegen zu stellen und umzukehren. Denn die Bewährung liegt nicht in der bekundeten Absicht, sondern in ihrer Erfüllung. Gott ist der Verweigerer, in dem die Reue gewirkt hat, lieber als der Ja-Sager, der hinter der Fassade seiner Zustimmung ein Nein-Sager geworden ist.
Der Autor ist Pfarrer der Gemeinde St. Gertrud in Herzogenrath.
WEIHNACHTEN IM BILD

Die Jungfrau und das Einhorn
Über Jahrhunderte war das Einhorn nicht nur Fabeltier, sondern auch christliches Symbol Von Gerhild Heyder
Eine zartgliedrige junge Frau sitzt auf dem weichen, moosigen, baumumstandenen Boden einer Waldlichtung. Sie ist nicht allein, denn an ihrer Seite liegt ein Einhorn, das zutraulich den gehörnten Kopf in ihren Schoß gelegt hat. Versonnen blickt sie auf das schöne Tier, die rechte Hand liegt entspannt auf seinem Nacken. Ein Bild voller Anmut und Innigkeit. Doch was hat es mit Weihnachten zu tun? Nun, die Antwort darauf liegt tief im Brunnen der christlichen Heilsgeschichte.
Über viele Jahrhunderte war das Einhorn ein christliches Symbol. Die Legende (nach der frühchristlichen Naturlehre „Physiologus“) besagt, dass Einhörner nur von Jungfrauen gefangen und gezähmt werden können; eine Fülle von Darstellungen dieses Sujets findet sich bis weit ins 16. Jahrhundert hinein vor allem auf Altarbildern und in Gebetbüchern – versinnbildlichte das mystische Fabeltier doch Jesus und damit die Menschwerdung Gottes, die Jungfrau stand für die Gottesmutter Maria, und die allegorischen Abbildungen verweisen auf die Jungfrauengeburt.
Vielleicht hat die junge Frau auf dem Gemälde schon die Botschaft des Erzengels Gabriel von der Empfängnis Jesu erhalten? Es würde den nachdenklichen und gleichzeitig selbstsicheren Gesichtsausdruck erklären, auch eine leichte Traurigkeit meint man zu erkennen, als ahne sie schon das Leiden, das die schicksalhafte Bestimmung für ihr Leben vorgesehen hat. Als wisse sie, dass sie, die Auserwählte, die Gebenedeite, dieser Aufgabe nicht entfliehen kann und folglich die auferlegte Pflicht annehmen muss. Aufrecht und tapfer wird sie ihren schweren Weg bis zum Ende gehen.
Doch am Beginn steht die Verkündigung und die Freude: Ihr und damit der ganzen Menschheit wird der Erlöser geboren werden. Das zauberhafte Kleinod ist noch bis zum 1. Februar 2026 in der Ausstellung „Einhorn. Das Fabeltier in der Kunst“ im Potsdamer Museum Barberini zu bestaunen.
Die Autorin ist als freie Kulturpublizistin in Berlin tätig.
ADVENTLICHE KLÄNGE
„The Twelve Days of Christmas“
Die adventliche Vorfreude auf das Weihnachtsfest ist oft auch verbunden mit der Freude am gemeinsamen Gesang in der Familie. Englische Weihnachtslieder treffen die häusliche Stimmung in besonderer Weise Von Henry C. Brinker
„The Twelve Days of Christmas“ gehört zu den bekanntesten englischen Weihnachtsliedern und zugleich zu den kuriosesten: Es ist ein sogenanntes „cumulative carol“, ein Strophenlied, das in jeder Zeile eine weitere Geschenkgabe hinzufügt und alle vorherigen wiederholt – ein musikalischer Gedächtnistest und ein heiterer Endlosreigen.
Inhaltlich erzählt das Lied von zwölf Tagen festlicher Großzügigkeit: An jedem dieser Tage – beginnend mit dem Christtag am 25. Dezember bis zum Fest der Erscheinung des Herrn am 6. Januar – beschenkt ein anonymer „true love“ die besungene Person mit zunehmend extravaganten Gaben. Die berühmteste bleibt gleich die erste: „a partridge in a pear tree“ – ein Rebhuhn in einem Birnbaum. Hinzu kommen immer größere Ensembles von Tieren, Menschen und musikalischen Gruppen: von „two turtle doves“ (zwei Turteltauben) über „five gold rings“ (fünf goldene Ringe) bis hin zu „twelve drummers drumming“ (zwölf trommelnde Trommler).
Barockes Spiel mit Humor und festlichem Überschwang
Die Fülle wirkt bewusst übersteigert, wie ein barockes Spiel mit Überfluss, Humor und festlichem Überschwang. Die Liste verbindet Naturmotive, höfische Unterhaltungskultur und kirchlich geprägte Symbolik; viele Deutungen – etwa allegorische Lesarten auf den christlichen Glauben – sind jedoch spätere Interpretationsversuche ohne belegbare historische Grundlage.
Die Ursprünge des Liedes reichen vermutlich ins 18. Jahrhundert zurück. Erstmals gedruckt ist es 1780 in dem Buch „Mirth without Mischief“, allerdings noch ohne Melodie, als Reimspiel, das bei Fehlern Strafen vorsah. Das Lied gehörte somit zur Welt der gesellschaftlichen Weihnachtsunterhaltung. Die heute geläufige Melodie geht auf eine französische Tradition zurück und wurde 1909 von Frederic Austin in der endgültigen Form arrangiert – inklusive der charakteristischen Dehnung von „five go-old rings!“. Mit dieser Fassung wurde das Lied im angloamerikanischen Raum zum Klassiker, oft humorvoll inszeniert und bis heute in zahllosen Pop-, Jazz- und Kinderchorversionen adaptiert.
Sein Reiz besteht in der Mischung aus festlich-ausgelassener Wiederholung, spielerischem Übermut und der Vorstellung einer langsam anwachsenden, fast surrealen Geschenkflut. „The Twelve Days of Christmas“ feiert das Weihnachtsfest nicht als Moment, sondern als ausgedehnte, ritualisierte Zeit – zwölf Tage voller Musik, Gemeinschaft und fröhlich-komischer Übertreibung. Freut euch drauf!
Der Autor ist Feuilletonist der Tagespost.
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