Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Interview mit Stephan Bierling

„Trump ist der schlechteste Dealmaker“

Donald Trump im Weißen Haus wäre eine dramatische Belastungsprobe für das transatlantische Verhältnis, meint der Politikwissenschaftler Stephan Bierling. Ein Gespräch über Außenpolitik im US-Wahlkampf, die Rolle der USA auf der internationalen Bühne und die Position Europas im globalen Machtgefüge.
Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Georgia
Foto: IMAGO/Robin Rayne (www.imago-images.de) | Trump sei skrupellos und nur daran interessiert, sich mit Scheinerfolgen selbst zu zelebrieren, meint der Regensburger Politikwissenschaftler Stephan Bierling.

Herr Professor Bierling, Ihnen ist sicher der Ausdruck „October surprise“ ein Begriff.

Sicher.

Könnte sich die eskalierende Lage im Nahen Osten als solch ein überraschendes, womöglich entscheidendes Ereignis unmittelbar vor der Wahl herausstellen?

Der Ausdruck „October surprise“ impliziert historisch, dass jemand bewusst in den US-Wahlkampf eingreift. Aber weiter gefasst kann alles zur „October surprise“ werden, was kurz vor der Wahl passiert und deren Ausgang prinzipiell beeinflussen kann. Was den Nahen Osten angeht: Die Lage dort ist seit einem Jahr das größte außenpolitische Thema in den USA. Und es stellt vor allem die Regierung von Joe Biden und Kamala Harris vor Probleme. Donald Trump kann dagegen locker vom Leder ziehen und Israel und Netanjahu das Blaue vom Himmel versprechen, wie es seine Art ist. Aber als Präsident und Vizepräsidentin muss man damit etwas rationaler und nüchterner umgehen.

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Woran liegt das?

Die Biden-Regierung befindet sich im doppelten Sinn in einer Zwickmühle: Außenpolitisch sind die USA mittlerweile seit 50 Jahren der wichtigste Verbündete Israels. Sie werden Israel unter keinen Umständen fallen lassen, aufgrund der historischen Tradition, aufgrund der engen Partnerschaft, und weil Israel die einzige Demokratie in der Region ist. Gleichzeitig haben die USA auch enge Bündnispartner in der arabischen Welt, etwa Saudi-Arabien, Jordanien, zum Teil auch Ägypten. Für die Regierungspartei ist es nicht so leicht, so einseitig wie Trump zu agieren, da man diese Staaten auch überzeugen muss, dass man an einer Lösung des Konflikts interessiert ist. Dann gibt es noch eine innenpolitische Dimension: Sowohl die amerikanischen Juden als auch die amerikanischen Muslime und Palästinenser wählen überwiegend die Demokraten. Palästinenser und Muslime sind sehr stark in den „Swing States“, vor allem in Michigan. Dort kann es sich ein Demokrat nicht leisten, irgendeine Seite zu verprellen. Biden und Harris müssen versuchen, den Anliegen der Palästinenser aufgeschlossen gegenüberzustehen. Deshalb befinden sich die Demokraten im Moment eher in der Bredouille, da der Konflikt fast unlösbar ist – und Trump natürlich leicht argumentieren kann, in seiner Amtszeit sei so etwas nicht passiert.

Womit er ja Recht hat.

Dass der Konflikt genau jetzt ausgebrochen ist, ist ein historischer Zufall. Das hat nichts damit zu tun, wer im Weißen Haus sitzt. Aber dieser Zufall gibt Trump ein Argument in die Hand, das er nutzt, um eine kleine „October surprise“ daraus zu basteln.

Würde Trump den proisraelischen Kurs seiner letzten Amtszeit fortsetzen?

Ja. Trump würde Israel nie fallen lassen. Er ist sozusagen ein Netanjahu-Groupie.

Immer wieder hört man, außenpolitische Fragen spielten für die amerikanischen Wähler gar keine große Rolle. Trifft das auch diesmal zu? 

Die Außenpolitik spielt tatsächlich nur eine untergeordnete Rolle. Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass seit 1990 immer der Präsidentschaftskandidat gewonnen hat, der einen isolationistischeren Kurs vertreten hat, mit einer Ausnahme: Biden im Duell gegen Trump vor vier Jahren. Das heißt, Isolationismus verkauft sich gut. Hinzukommt, dass die USA nicht in dem Maße in außenpolitische Konflikte hineingezwungen werden, wie fast alle anderen Nationen. Die USA haben den Luxus der geografischen Lage, den sonst kaum jemand auf der Welt hat: Geschützt durch zwei gigantische Ozeane, mit zwei freundlichen, nicht aggressiven Nachbarn, Kanada und Mexiko, können es sich die Amerikaner eher leisten, Außenpolitik hinten anzustellen, vor allem im Wahlkampf. 

Wissen wir hierzulande überhaupt, womit wir es außenpolitisch zu tun haben werden, egal wer gewinnt?

„Trump ist insgesamt nicht freundlicher
geworden, gerade gegenüber
den Europäern, sondern er hat sich
immer mehr radikalisiert“

Wir wissen wahrscheinlich viel genauer, was wir zu erwarten haben, als bei jedem anderen Duell in den letzten Jahrzehnten. Denn wir haben bereits eine Amtszeit Trump hinter uns. Wir wissen, wie Trump agiert. Er ist insgesamt nicht freundlicher geworden, gerade gegenüber den Europäern, sondern er hat sich immer mehr radikalisiert. Während seiner Amtszeit, in den Jahren danach und insbesondere im Wahlkampf. Trump wäre eine dramatische Belastungsprobe für das transatlantische Verhältnis.

Sind wir Europäer auf eine zweite Amtszeit Trumps vorbereitet?

Nein, wir sind sogar schlechter vorbereitet als vor acht Jahren, weil die Umstände noch so viel dramatischer sind, angesichts des großen russischen Vernichtungskriegs gegen die Ukraine. 

Wie würde Kamala Harris, die viele hierzulande als verlässlichere Partnerin betrachten, agieren?

Harris wird im Grunde eins zu eins die Biden-Politik fortsetzen. Wir werden von den Demokraten eine sehr viel europafreundlichere Haltung sehen, eine stärkere Unterstützung der Ukraine – wenn auch keine bedingungslose. Aber auch die Demokraten arbeiten mit angezogener Handbremse. Unterm Strich ist der Unterschied zwischen den beiden Kandidaten außenpolitisch zwar sehr deutlich, etwa in der Europa-, der NATO- und der Ukrainepolitik. Das trifft gleichwohl nicht auf alle Fragen zu. In der Nahostpolitik sind Trump und Harris nicht so weit auseinander. Und wo sie fast Schulter an Schulter stehen, ist in der China-Politik.

Der Regensburger Politikwissenschaftler Stephan Bierling
Foto: privat | Stephan Bierling ist Professor für Internationale Politik und transatlantische Beziehungen an der Universität Regensburg.

Wird die transatlantische Partnerschaft unterm Strich fragiler, egal wer ins Weiße Haus einzieht?

Sie wird im Großen und Ganzen schwächer. Aber zumindest Harris wird alles tun, um die transatlantische Zusammenarbeit einigermaßen stabil zu halten. Gleichzeitig sehen wir den Megatrend, dass sich die amerikanische Aufmerksamkeit von Europa und dem Mittleren Osten langsam Richtung China wendet. Wir sind als Partner für die USA weniger bedeutend, auch aufgrund unserer ökonomischen Leistung. Europa insgesamt, insbesondere auch Deutschland, hat sich für die USA immer wieder als wenig zuverlässig erwiesen. Da gilt es, sich in Zukunft als stärkerer, loyalerer und soliderer Partner zu präsentieren. Aber im Moment sehen wir eher das Gegenteil. Die Verrückten in der AfD und der Wagenknecht-Partei sind zu Bütteln Putins geworden. Das ist natürlich kein gutes Signal an die Amerikaner.

Trump betont immer wieder, dass Putin während seiner Präsidentschaft nie in die Ukraine einmarschiert wäre. Jetzt will er den Krieg innerhalb eines Tages beenden. Könnte Trump tatsächlich einen „Friedensdeal“ mit Putin schließen, der zu Lasten der territorialen Integrität der Ukraine geht? Wie könnte der aussehen?

Das ist typischer Trump-Größenwahn. Er ist ein größenwahnsinniger Mensch, ein extremer Narzisst, ein Angeber. Es steckt nichts hinter dem, was er sagt. Allerdings könnte Trump als Präsident sofort alle Waffenlieferungen, ökonomische Hilfe und politische Unterstützung der Ukraine einstellen. Dann steht das Land mit dem Rücken zur Wand und wird sich vielleicht einem Diktatfrieden Russlands unterwerfen müssen. Das würde heißen, alle Gebiete, die Russland besetzt und bereits annektiert hat, mit sofortiger Wirkung abzugeben. Wahrscheinlich wäre das nur ein Intermezzo bis zum nächsten Krieg, in dem Putin dann sein ultimatives Ziel verfolgt, nämlich die Beseitigung der demokratischen Strukturen der Ukraine und die Kontrolle des restlichen Landes. Und das werden wir Europäer nicht verhindern können, weil wir militärisch ausgelaugt und schwach sind. 

Halten Sie es denn für realistisch, dass Trump die radikale Maßnahme ergreift, die Waffenhilfe an die Ukraine komplett zu streichen? 

Ich traue Trump alles zu. Er hat beispielsweise auch das große Hilfspaket für die Ukraine, das Biden im August durch den Kongress brachte, sechs Monate lang mit seinen radikalsten Adlaten im Kongress blockiert. Trump ist skrupellos und nur daran interessiert, sich mit Scheinerfolgen selbst zu zelebrieren. Das hat er in seiner ersten Amtszeit schon getan, denken Sie etwa an seinen Besuch beim nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un, den er als große Friedensmission verkauft hat. Amerika ist daraus sogar geschwächt hervorgegangen, weil Kim Jong-un alles bekommen hat, was er wollte: den Besuch des amerikanischen Präsidenten, die Bilder – ohne eine Gegenleistung zu liefern. So geht es fast allen Gegnern Amerikas mit Trump – ob Putin, Xi oder Kim. Trump ist der schlechteste Dealmaker in der neueren Geschichte der USA. 

Wenn Putin behauptet, er hoffe nicht auf einen Sieg Trumps, kann man ihm das unter diesen Umständen doch nicht abkaufen? 

Natürlich nicht. Putin hat ja schon 2016 ganz massiv in den Wahlkampf eingegriffen. Die „October surprise“ war ja damals, dass die Russen die Wahlkampfzentrale der Demokraten gehackt haben, unter anderem an die privaten E-Mails von Hillary Clinton herangekommen sind und diese während des ganzen Wahlkampfs in die Debatte eingespielt haben. Trump war ein williger Helfer und Nutznießer der Geschichte. Ich erinnere an seine Aussage im Wahlkampf, Russland solle weiter hacken, da man mehr Informationen brauche. Das ist im Grunde Landes- und Demokratieverrat. 

Trump würde den Spieß umdrehen und das Gegenteil behaupten: Die Demokraten seien diejenigen, die die Demokratie und die Rechte der Bürger einschränken wollen. Und bei einem Teil des Wahlpublikums scheint das zu verfangen.

Ja. Vor allem seit dem Aufkommen der Sozialen Medien sehen wir völlig neue Strategien. Früher gab es immer ausgebildete Journalisten, die zwischen einem Ereignis und den Rezipienten, also den Bürgern, vermittelt haben. Dadurch wurden Dinge eingeordnet, kommentiert oder als falsch entlarvt. Heute ist dieser Filter verschwunden. Durch die Sozialen Medien können Spitzenpolitiker direkt mit den Bürgern kommunizieren. Dadurch wird alles falscher, verhetzter, gemeiner, auch weil viele Bürger nicht gut genug Bescheid wissen, um selbst die Faktenchecks zu machen, die sonst professionelle Journalisten durchführten. Trump glaubt ja nicht, immer Recht zu haben. Das Wichtigste ist, die Wahrheit und korrekte Informationen durch so viel Desinformation zu verwässern, dass man gar nicht mehr weiß, was denn jetzt wirklich gilt. Das machen die Russen systematisch, das macht Trump systematisch. 

Nimmt Russland auch diesmal durch seine Desinformationskanäle Einfluss auf den Wahlkampf?

Ich glaube, die Russen würden es gerne versuchen, genauso wie die Chinesen oder die Iraner. Aber Amerika ist diesmal besser vorbereitet, deshalb ist der russische Einfluss geringer. Zum einen sind die russischen Kommunikationskanäle, etwa „Russia Today“, gesperrt worden. Zum anderen überwacht man sehr viel genauer die Sozialen Medien, prüft, aus welchen Quellen Desinformationen stammen, um sie dann relativ schnell zu bekämpfen. Auch die Demokraten sind jetzt besser vorbereitet als 2016, als sie gar nicht wussten, wie ihnen geschieht.

Wird die Polarisierung durch die Sozialen Medien auch in Deutschland und Europa zunehmen, insbesondere beim Blick auf Trump, der auch außerhalb der USA durchaus Anhänger hat?

„Was in Amerika passiert, bleibt nicht
in Amerika. Wir haben ähnliche Fehler
gemacht, die Populisten
überhaupt erst groß machten“

Ich beobachte amerikanische Wahlkämpfe seit fast 40 Jahren professionell. Noch nie war die Faszination in Deutschland und Europa so ausgeprägt wie diesmal. Ich glaube, das liegt daran, dass wir auch auf uns schauen, wenn wir nach Amerika blicken. Vor 20 Jahren, als George W. Bush im Irak Krieg führte, konnten wir noch sagen, das ist so ein Cowboy aus Texas. Wir sind doch viel zivilisierter und haben nichts damit zu tun. Jetzt sehen wir: Was in Amerika passiert, bleibt nicht in Amerika. Wir haben absolut ähnliche Phänomene, wir haben ähnliche Fehler gemacht, die Populisten überhaupt erst groß machten. Das heißt, wir bewegen uns in einer sehr ähnlichen, quasi durch kommunizierende Röhren verbundenen Welt. Die Gefahr dabei: Die Sozialen Medien führen zu Echokammern. Die Menschen wollen immer nur Informationen serviert bekommen, die sie bestätigen in dem, was sie eh schon denken. 

Der US-Wahlkampf ist auch geprägt von den Kulturkämpfen um gesellschafts- und identitätspolitische Themen, die massiv polarisieren. Steht uns das hierzulande in ähnlichem Maße ins Haus? 

Als rationale Journalisten und Politikwissenschaftler haben wir zumindest sehr stark unterschätzt, welche Rolle diese kulturellen Streitthemen spielen werden. Vor 20, 30 Jahren schien alles blendend zu laufen. Die Sowjetunion war kollabiert, die Demokratie breitete sich aus, wir hatten hohe Wachstumsraten. Doch die letzten zehn, 15 Jahre haben den wohl größten Wandel in der Weltgeschichte mit sich gebracht. Noch nie haben sich so viele Bereiche so rapide verändert wie jetzt. Technologie, Einwanderung, Konkurrenz durch China um unsere Arbeitsplätze, Energieabhängigkeit. Konflikte und Kriege, die uns im Mark erschüttern, sind nur wenige Flugstunden von Deutschland entfernt. Dazu kommt noch der dramatische kulturelle und religiöse Wandel, die Säkularisierung der Gesellschaft: Das sind alles Entwicklungen, die viele Menschen verunsichern.

Und davon profitiert Trump…

Richtig. Wenn Menschen verunsichert sind, wenn sie Angst haben, setzt die Ratio aus. Was Trump mehr erkannt hat als viele andere, ist, dass wir uns in einem Zeitalter der „Emotio“, nicht der „Ratio“ befinden. Und er bietet vielen, die Angst haben, Lösungen, Scheinlösungen – und Sündenböcke. Er verschärft die Angst. Das Generalthema meines neuen Buches ist die parteipolitische Polarisierung. Die leitet sich auch aus der Angst und dem Versäumnis etablierter Parteien her, diese Ängste aufzunehmen, was die oberste Aufgabe von Politikern wäre. Insofern sind populistische Bewegungen weder negativ noch positiv, sondern erst einmal ein Indikator dafür, dass irgendetwas schiefläuft. Heute sehen wir leider Politiker, die Populismus und Unzufriedenheit für persönlichen Autoritarismus nutzen. 

Das könnte sich angesichts der dramatischen Weltlage als fatal erweisen. Schließlich herrscht nicht nur im Nahen Osten und der Ukraine, sondern auch zwischen China und Taiwan akutes Eskalationspotenzial. Ist den beiden Präsidentschaftskandidaten bewusst, wie groß die Gefahr eines chinesischen Einfalls in Taiwan ist? 

Bei Harris ist das Bewusstsein vorhanden, weil sie Bidens politische Ziehtochter ist. Und für Biden war die Unterstützung Taiwans immer zentral. Ich glaube, selbst Trump dürfte klar sein, dass die Taiwan-Frage für die Glaubwürdigkeit der USA entscheidend ist. Wenn die USA Taiwan bei einer chinesischen Blockade – es muss ja nicht einmal ein Generalangriff sein – nicht mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen, stellen sie ihre globale Führungsrolle, die sie nach wie vor innehaben, zur Disposition. Das hätte dramatische Auswirkungen auf die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in Amerika.

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Sie meinen, dass auch Trump das nicht riskieren würde?

Zumindest hätte er die ganzen Militärs gegen sich. Die sind die Cleversten in der amerikanischen Außenpolitik. Das war schon in der ersten Amtszeit Trumps so. Sie haben ihn immer wieder eingenordet. Ich vertraue da dem amerikanischen Militär. Sowohl was die Bewahrung der Demokratie im Inneren, als auch was die Sicherheitspolitik nach Außen anlangt.

Zuletzt wurde häufiger ein Abgesang auf die USA als Weltmacht angestimmt. Sie dagegen würden sagen, die USA behalten weiter ihre globale Führungsrolle?

Absolut. Wir befinden uns in einer Welt nach dem Modell „1+1+Viele“. Ich halte die ganze Debatte um den Begriff der „Multipolarität“ für eine politisch-ideologische, die mit der Realität nichts zu tun hat. Die USA haben sowohl von der ökonomischen wie von der militärischen Leistungsfähigkeit nach wie vor eine herausgehobene Stellung auf dem Planeten. Sie haben im Vergleich zu Russland und China die beste demografische Entwicklung. Die USA werden auch im 21. Jahrhundert alle Voraussetzungen haben, die Nummer Eins zu bleiben. Daneben wird es mit China noch eine abgestufte, aber hervorgehobene Macht geben, daher „Plus Eins“. Die Chinesen werden die USA nie überholen, weder ökonomisch noch militärisch. Aber sie bleiben auf absehbare Zeit über allen anderen Mächten. Und dann haben wir viele weitere Mächte, die nicht über alle Instrumente verfügen, die Macht ausmachen. Zu denen zählen die Europäer, aber auch Japan, Indien oder Russland.

Europa würde in diesem Modell wohl vor allem die militärische Stärke fehlen, um auf der großen Bühne mitspielen zu können?

Nicht nur: Militärisch sind wir ein Zwerg in Europa. Demografisch fahren wir gegen die Wand, auch ökonomisch fallen wir zurück. Gerade gegenüber den USA und China. Das heißt, wir haben eigentlich nur eine Chance, im 21. Jahrhundert weiter eine Rolle zu spielen, und das ist als Juniorpartner der USA. Wenn wir uns zu dem nicht durchringen können, aus nationalistischen, egoistischen Gründen, dann werden wir der Pudel der Chinesen oder der Russen. Und das ist kein angenehmes Dasein.


Stephan Bierling ist Professor für Internationale Politik und transatlantische Beziehungen an der Universität Regensburg. Von ihm ist jüngst folgendes Buch erschienen: „Die Unvereinigten Staaten. Das politische System der USA und die Zukunft der Demokratie." 336 S., mit 13 Abbildungen und 22 Graphiken; EUR 28,-

Stephan Bierling: Die unvereinigten Staaten
Foto: C. H. Beck | „Die Unvereinigten Staaten. Das politische System der USA und die Zukunft der Demokratie."

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