Donald Trump lässt derzeit keinen Stein auf dem anderen. Ob es nun der Regierungsapparat ist, den er seit Amtsantritt gehörig umbaut, oder der Ostflügel des Weißen Haues, den er jüngst dem Erdboden gleichmachen ließ, damit er an jener Stelle seine Vorstellung eines 8.000 Quadratmeter großen Ballsaals realisieren kann: Man kann dem amtierenden Präsidenten nicht vorwerfen, im Oval Office Däumchen zu drehen.
Die Demokraten hingegen können derzeit nur tatenlos zusehen, wie Architekt Trump seine Pläne scheinbar unaufhaltsam verwirklicht, während man selbst gerade eher planlos wirkt angesichts der politischen Übermacht des Republikaners. Und auch wenn mit den Zwischenwahlen im kommenden Jahr ein erster Prüfstein ins Haus steht, auch zur Vergewisserung, wo man derzeit überhaupt steht, stellt sich bereits jetzt die Frage: Wer soll es 2028 mit MAGA aufnehmen?
Noch radikaler nach links oder Richtung Mitte?
Die Beobachter sind sich darin einig, dass es eine ziemliche Herausforderung werden wird, dem Trumpismus Paroli zu bieten. Zumal die Demokraten nach der krachenden Wahlniederlage von Kamala Harris noch immer am Boden liegen. Dass die Partei seitdem hin- und hergerissen ist in der Frage, ob man sich noch radikaler nach links oder doch besser in Richtung einer wie auch immer definierten, gemäßigteren Mitte, orientieren solle, beschleunigt den Erholungsprozess nicht gerade.
In diese Gemengelage hinein ließ Harris jüngst aufhorchen, indem sie im Interview mit der BBC bekannte, sie könne sich durchaus vorstellen, noch einmal für das höchste Staatsamt zu kandidieren. Eine endgültige Entscheidung habe sie aber noch nicht getroffen. Man kann nur hoffen, dass Harris die Idee verwirft. Viele ihrer Unterstützer stellten die Wahlniederlage im Nachhinein als Folge von Frauenfeindlichkeit und eines weiterhin latent vorhandenen Rassismus dar. Nun muss man nicht pauschal abstreiten, dass sowohl das eine wie das andere in den USA existieren. Als Begründung für das dürftige Abschneiden der ehemaligen Vizepräsidentin taugt diese Argumentation aber nicht. Es fehlte Harris einfach an inhaltlichem Profil und an Charisma. Zudem vermittelte sie den Eindruck eines kühlen Politikertypus, dem nie wirklich die Herzen der Menschen zuflogen. Wer weder Herz noch Kopf der Wähler erobern kann, muss jedoch am Ende scheitern.
Klar, der Wahlkampf 2024 hatte seine ganz eigene Dynamik, insbesondere nach den Attentaten auf Trump und dem Rückzug des zunehmend altersschwachen Joe Biden. Harris war zu eng mit ihrem Präsidenten verbunden – aus dem Würgegriff, sich weder von Biden lossagen noch seine Politik gutheißen zu können, konnte sie sich nicht befreien. Auch deshalb musste sie scheitern.
Die Demokraten brauchen ein frisches Gesicht
Die entscheidende Frage lautet: Wird all das 2028 anders sein? Zwar würde Harris nicht mehr als Bidens amtierende Vizepräsidentin antreten. Dennoch wird sie die vier Jahre im Weißen Haus an dessen Seite wohl nie ganz aus ihrer politischen Biografie tilgen können. Und das Image der wenig empathischen Machtpolitikerin, das Harris schon seit Beginn ihrer Karriere in Kalifornien anhängt, dürfte sie in drei Jahren wohl ebenfalls kaum abgelegt haben.
Was die Demokraten brauchen, ist ein frisches Gesicht. Immer wieder fällt in diesem Zusammenhang der Name Gavin Newsom, aktuell Gouverneur von Harris‘ Heimatstaat Kalifornien. In jenen Tagen, in denen sich Harris zuletzt erstmals wieder aus der Deckung wagte, sprach auch Newsom darüber, dass er eine Präsidentschaftskandidatur durchaus in Erwägung ziehe. Der 58-Jährige ist über die Staatsgrenzen Kaliforniens hinaus bereits bekannt als einer, der es mit Trump in Auftritt und Sprache liebend gerne aufnimmt. Wird 2028 seine Stunde schlagen? Für eine Prognose ist es sicherlich zu früh, aber Newsom hat zumindest den Schneid, um sich der MAGA-Partei entgegenzustellen, wer auch immer dann sein Gegner sein wird.
Es mag zwar den Wunschvorstellungen verträumter Progressiver widersprechen, wieder einmal einen weißen, nicht mehr ganz jungen Mann ins Rennen um das Weiße Haus zu schicken. Schließlich ist die Zeit ja schon seit Hillary Clinton reif für eine Frau im Oval Office. Das mag so sein – oder auch nicht, wie die Geschichte gezeigt hat. So oder so: Was nützt das Festhalten an Idealen, wenn einen die Wirklichkeit tagtäglich einholt? Und die dominiert nun einmal Trump mit seiner Politik des starken Mannes, des Unkonventionellen, der ausgefahrenen Ellbogen. Wenn es einen Mann braucht, um den Mann, beziehungsweise seinen Nachfolger, zu schlagen, dann braucht es halt einen Mann.
Newsom kann auch Selbstkritik
Man darf sich nichts vormachen: Bei den Demokraten gibt es viel zu kritisieren, angefangen bei ihrer verheerenden Haltung zum Lebensschutz, über jahrelang ignorierte negative Folgen ungezügelter Migration bis hin zu einem latenten Antisemitismus in den eigenen Reihen, der sich besonders im Zuge des Nahostkrieges Bahn brach. Dennoch gibt es Leute wie Newsom, die inzwischen erkannt haben, dass man die realen Probleme einstiger Kernwähler lange ignoriert und mit der Bevorzugung sämtlicher Minderheiten den Anschluss an eine breite Wählerbasis verloren hat. Und die bereit sind, auch Kurskorrekturen vorzunehmen, um wieder konkurrenzfähig zu werden. Hier empfiehlt es sich, die Podcast-Episode, die Newsom im Sommer mit dem ermordeten konservativen Aktivisten Charlie Kirk aufnahm, anzuhören. Das Ausmaß an Selbstkritik, das der Gouverneur von Kalifornien darin erkennen lässt, ist durchaus bemerkenswert.
Von Kamala Harris hat man solche Momente der kritischen Selbstreflexion bislang nicht erlebt. Genau das braucht es aber auf Seiten der Demokraten, um in den entscheidenden Wählermilieus wieder Boden gutzumachen. Sonst wird Trump recht haben mit seinen Worten, dass wir uns erst am Anfang einer langen republikanischen Ära befinden.
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