Logo Johann Wilhelm Naumann Stiftung Lebensrechtler demonstrieren in Washington

Trotz Schnee und Kälte: Zehntausende beim „March for Life“

Temperaturen unter Null und heftige Schneefälle halten US-Lebensrechtler nicht von dem jährlichen Großevent ab. Auch prominente Politiker geben Zeugnis ab.
"March for Life" in Washington
Foto: IMAGO/Jack Gruber (www.imago-images.de) | Aus allen Ecken des Landes versammelten sich die Lebensschützer in der US-Hauptstadt, obwohl die Temperaturen unter dem Gefrierpunkt lagen und es teils zu heftigen Schneefällen kam.

Zehntausende Abtreibungsgegner haben am Freitag in der US-Hauptstadt Washington, D.C. am 51. jährlichen „March for Life” teilgenommen – dem amerikanischen Pendant zum deutschen „Marsch für das Leben“. Die Lebensrechtsdemonstration fand in diesem Jahr unter dem Motto „With every woman, for every child” (dt.: Mit jeder Frau, für jedes Kind) statt. Trotz Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt und teils heftiger Schneefälle zogen die Teilnehmer mehrere Stunden lang von der National Mall bis zum Obersten Gerichtshof der USA, dem „Supreme Court“. 

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Aus allen Ecken des Landes versammelten sich die Lebensschützer in der US-Hauptstadt, unter ihnen Teilnehmer ganz unterschiedlicher Konfessionen, jüngere wie ältere, und auch zahlreiche Familien mit Kindern und Babys. Unmittelbar vor Beginn des eigentlichen Marsches hielten mehrere prominente Gesichter der Lebensrechtsbewegung, Kirchenvertreter aber auch führende Politiker Reden vor den versammelten Marschteilnehmern.

Jeanne Mancini: „Wir werden marschieren, bis Abtreibung undenkbar ist“

Die Präsidentin des „March for Life“, Jeanne Mancini, sagte in ihre Rede: „Wir sind noch nicht fertig. Wir werden jeden Januar auf nationaler Ebene und in unseren Bundesstaaten weiter marschieren, bis die Gesetze unseres Landes die grundlegende Wahrheit widerspiegeln, dass alles menschliche Leben gleich geschaffen und schützenswert ist … Wir werden marschieren, bis Abtreibung undenkbar ist.“ Ein Satz, der von anderen Rednern und Kundgebungsteilnehmern oft wiederholt werden sollte. 

Der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, erinnerte zu Beginn seiner Rede an den britischen Schriftsteller Gilbert Keith Chesterton. Dieser habe festgestellt habe, dass die USA die einzige Nation der Welt sei, die auf einem „Glaubensbekenntnis gegründet wurde“ und die dieses Bekenntnis „mit theologischer Klarheit in der Unabhängigkeitserklärung“ ausgeführt habe.

„Was ist dieses Glaubensbekenntnis? Was steht in der Geburtsurkunde unserer Nation, die uns zu dem macht, was wir sind?“, fragte Johnson. Es sei die Überzeugung, „dass alle Menschen gleich geschaffen sind. Nicht gleich geboren, sondern gleich geschaffen … und dass sie von ihrem Schöpfer mit bestimmten unveräußerlichen Rechten ausgestattet wurden, einschließlich des Rechts auf Leben … und dass ihr Wert in keiner Weise mit ihrer Hautfarbe zusammenhängt oder damit, in welchen Postleitzahlbezirk sie leben, wie gut sie im Sport oder wo sie zur Schule gegangen sind.“ Alle diese Dinge seien „irrelevant“, weil jedem Menschen ein Wert innewohne, der ihm von seinem Schöpfer verliehen worden sei.

Mike Johnson: Unsere Rechte werden nicht von der Regierung, sondern vom Schöpfer, verliehen

Daher hätten die Gründer der USA von Anfang die „selbstverständliche Wahrheit“ verkündet, „dass uns unsere Rechte nicht von der Regierung, sondern von Gott, vom Schöpfer, verliehen werden.“ Diese Überzeugung habe es den USA ferner ermöglicht, „die freieste, erfolgreichste, mächtigste und wohlwollendste Nation in der Geschichte der Welt zu werden“, so Johnson. Der Sprecher des Repräsentantenhauses teilte mit den Teilnehmern der Kundgebung auch seine persönliche Geschichte. Er sei, so Johnson, das Ergebnis einer unerwarteten Schwangerschaft, die im Januar 1972, genau ein Jahr vor dem Urteil „Roe vs. Wade“, festgestellt worden sein. Seine Eltern hätten sich, obwohl „sie damals noch Teenager waren, für das Leben entschieden“, wofür er „zutiefst dankbar“ sei. Johnson fuhr fort: „Sie alle sind hier, weil Sie verstehen, dass wir eine Kultur aufbauen müssen, die immer mehr Menschen ermutigt und unterstützt, dieselbe Entscheidung zu treffen.“
  
Es erfordere viel Arbeit, die Menschen davon zu überzeugen, „dass jedes ungeborene Kind, einen unschätzbaren Wert habe, der zu kostbar sei, um ihn zu ignorieren.“ Aber es gebe auch „allen Grund, optimistisch zu sein, dass wir die Öffentliche Meinung ändern können“. 

Johnson erinnerte an Abraham Lincoln, Frederick Douglass und Susan B. Anthony, denen es gelungen sei, die vorherrschenden Ansichten über die Menschenwürde zu ändern: „Sie erinnerten ihre Mitbürger an unsere Gründungsprinzipien und, wie Lincoln in seiner berühmten ersten Amtseinführung sagte, an die ,besseren Engel unserer Natur‘. Das sollten wir auch heute tun.“ Johnson schloss seine sechsminütige Rede mit dem Appell: „Lasst uns in der Hoffnung weitermachen, dass wir uns zusammentun und diesen großen Unterschied machen können. Ich glaube, dass wir das können. Wir können jeder Frau und jedem Kind beistehen, und wir können wirklich eine Kultur aufbauen, die das Leben schätzt und schützt.“

Jim Harbaugh: „ein Zeugnis für die Heiligkeit menschlichen Lebens“

Einen für viele überraschenden Auftritt hatte auch Jim Harbaugh, der Trainer des erfolgreichen Footballteams „University of Michigan Wolverines“. Harbaugh sprach vor der anwesenden Menschenmenge von einem „großartigen Beispiel“, das die Teilnehmer des Marsches abgeben würden. Es handele sich um „ein Zeugnis für die Heiligkeit menschlichen Lebens“.

Nachdem der amerikanische Marsch für das Leben im vergangenen Jahr noch in einer Atmosphäre großer Zuversicht durch die US-Hauptstadt gezogen war, da der Oberste Gerichtshof das umstrittene Grundsatzurteil „Roe v. Wade“ zuvor gekippt hatte, fand die Veranstaltung diesmal unter anderen Vorzeichen statt: Denn in zahlreichen Bundesstaaten setzten Abtreibungsbefürworter ihre Position in Referenden durch – etwa, wenn es darum ging, ein „Recht“ auf Abtreibung in den Verfassungen einzelner Staaten zu verankern. Dies geschah etwa in Ohio, Kalifornien oder Michigan. Und auch für 2024 sind weitere, ähnliche Abstimmungen geplant, in denen Abtreibungsbefürworter hoffen, die Oberhand zu behalten. „Wir nehmen die Nachwirkungen dieses massiven historischen Wandels wahr“, erklärte Mancini diesbezüglich. Man sei sich jedoch darüber im Klaren, was es zu tun gebe, „aber deshalb haben wir ja überhaupt erst angefangen“.

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Auch jüngste Gesetzesinitiativen waren ein Thema, das mehrere Redner beim Marsch ansprachen. So lobte Mike Johnson die Abgeordneten im Repräsentantenhaus für eine am Donnerstag verabschiedete Resolution, mit der die Finanzierung von Schwangerenberatungsstellen weiter sichergestellt wird. „Wie könnte man nur dagegen sein?“, fragte Johnson in seiner Rede. Die Regierung des amtierenden Präsidenten Joe Biden hatte geplant, den Anlaufstellen für Frauen im Schwangerschaftskonflikt finanzielle Mittel des Bundes zu streichen. Biden und seine Vizepräsidentin Kamala Harris planen indes in der kommenden Woche Auftritte anlässlich des 51. Jahrestages von „Roe v. Wade“ in Wisconsin und Virginia.

Vision: Ein „March for Life“ in allen US-Bundesstaaten

Während die amerikanische Lebensrechtsbewegung ganz überwiegend von Konservativen geprägt wird, gibt es auch vereinzelt progressive Gruppen, die sich für den Lebensschutz einsetzen. Auch von ihnen nahmen einige Vertreter am „March for Life“ teil. Dazu zählten Mitglieder des „Progressive Anti-Abortion Uprising“ (PAAU), die sich laut der „Catholic News Agency“ (CNA) als „nicht traditionelle Lebensrechts-Organisation“ sehen. Zu den Mitgliedern zählten unter anderen Säkulare, Katholiken und orthodoxe Christen. Zu den Sprechchören der PAAU-Mitglieder gehörte beispielsweise „Black lives matter, even in the womb“ (dt.: Schwarze Leben zählen, auch im Mutterleib) oder „Pro-choice is a lie; babies never choose to die (dt.: Pro-choice ist eine Lüge, Babys entscheiden sich nie dafür, zu sterben).  

Das Ziel der Organisatoren des „March for Life“ ist es auch, in Zukunft noch stärker auf bundesstaatlicher Ebene aktiv zu werden, da dort die Entscheidungen über die Abtreibungsgesetzgebung getroffen werden. Dies hatte der Oberste Gerichtshof im Juni 2022 mit seinem Grundsatzurteil im Fall „Dobbs. v. Jackson Women’s Health Organization“ festgelegt. Bereits im vergangenen Jahr fanden kleinere Märsche in insgesamt acht Bundesstaaten statt. In diesem Jahr waren es sogar 16 Staaten. Geplant sei es, so die Organisatoren, innerhalb der nächsten sechs Jahre in allen 50 Staaten mit einem „Marsch für das Leben“ vertreten zu sein.

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