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Marsch für das Leben: Entstehungsgeschichte und aktuelle Veranstaltungen

Seit über zehn Jahren findet in Berlin jedes Jahr der „Marsch für das Leben“ statt. Am 19. September war es wieder soweit. Wie eigentlich alles begann und was die Teilnehmer der Großdemonstration in diesem Jahr erleben konnten. Von Stefan Rehder
Demonstration "Marsch für das Leben" in Berlin gegen Abtreibungen
Foto: Jörg Carstensen (dpa) | Mehr als 3.000 Teilnehmer wurden am Samstag in Berlin beim Marsch für das Leben gezählt.

Seit über zehn Jahren findet in Berlin jedes Jahr der „Marsch für das Leben“ statt. Am 19. September war es wieder soweit. Wie eigentlich alles begann und was die Teilnehmer der Großdemonstration in diesem Jahr erleben konnten.

Inhaltsverzeichnis:

  • Wie entstand der „Marsch für das Leben“?
  • Anschläge gegen den Trauermarsch und Gegner
  • Soziales Engagement der Organisatoren des Trauermarsches
  • Wie verlief der „Marsch für das Leben“ am 19. September 2020 in Berlin?
  • Wann findet der nächste „Marsch für das Leben“ statt?

Bürger demonstrieren für oder gegen etwas. Für höhere Löhne oder gegen eine Werksschließung, für die Wahrung von Menschenrechten oder gegen sie missachtende Regime. Für Frieden oder gegen Krieg. Möglich ist das nur, weil alle Teilnehmer, so verschieden ihre Anliegen sind, eines gemeinsam haben: Das Recht auf Leben wurde ihnen nicht genommen. So gesehen wäre der „Marsch für das Leben“, zu dem der Bundesverband Lebensrecht (BVL) am 19. September wieder nach Berlin lud, also die Mutter aller Demonstrationen.

Wie entstand der „Marsch für das Leben“?

Ins Leben gerufen wurde die Demonstration im Jahr 2002 von dem erst ein Jahr zuvor gegründeten BVL. In Westdeutschland gegründete Lebensrechtsorganisationen wie die „Aktion Lebensrecht für Alle“ (ALfA), die „Ärzte für das Leben“ (ÄfdL), die „Christdemokraten für das Leben“ (CDL), die „Juristen-Vereinigung-Lebensrecht“ (JVL), oder die „Stiftung Ja zum Leben“ waren damals gemeinsam mit der ersten, 1990 in den neuen Bundesländern gegründeten Lebensrechtsorganisation „Kooperative Arbeit Leben ehrfürchtig bewahren“ (KALEB) der Ansicht, dass es einen Dachverband brauche, um ihrem gemeinsamen Anliegen in Berlin hinreichend Gehör zu verschaffen und ihre Interessen wirksamer zu vertreten.

Zur ersten Vorsitzenden wurde die Ärztin und langjährige ALfA-Bundesvorsitzende Claudia Kaminski gewählt. Gemeinsam mit ihrem Vorstand entwickelte sie das Konzept eines Trauermarsches, der durch die Berliner Innenstadt führen und an die rund 1.000 ungeborenen Kinder erinnern sollte, die an jedem Werktag in Deutschland durch Abtreibung ihr Leben verlieren.

Schon damals schwebte den Organisatoren, zu denen auch die CDL-Bundesvorsitzende Mechthild Löhr, der Generalssekretär der Evangelischen Allianz, Hartmut Steeb, und der kürzlich verstorbene Geschäftsführer der Stiftung Ja zum Leben, Manfred Libner, zählten, eine Massendemo vor, welche nicht nur die Bürger, sondern auch Politik und Medien zum Nachdenken bewegen und den Lebensrechtlern selbst vor Augen führen sollte, wie zahlreich sie in Wirklichkeit seien.

Gegner des Trauermarsches und Anschläge

Schon damals wurde der Trauermarsch, bei dem die Lebensrechtler 1.000 weiße Kreuze durch Berlin trugen, immer wieder von Gegendemonstranten attackiert. So riefen die Gegner der friedlichen Demonstration unter dem Motto „1000 Kreuze in die Spree“ etwa dazu auf, sich unter die Marschteilnehmer zu mischen und ihnen die Kreuze zu entwinden.

Was damals in Einzelfällen auch gelang, wäre heute nahezu undenkbar. Mit den auf beiden Seiten gestiegenen Teilnehmerzahlen, wobei die Gegendemonstranten nach wie vor nur einen Bruchteil der Marschteilnehmer ausmachen, ist auch der Polizeischutz stetig verschärft worden. Sorgfältig vorgenommene Absperrungen und viele Hundertschaften sorgen seit Jahren dafür, dass die Gegendemonstranten nicht weiter als in Sicht- und Hörweite an die Lebensrechtler herankommen.

2016 verübten Unbekannte stattdessen einen Farbanschlag auf das Gebäude der katholischen Herz-Jesu-Kirche in Berlin-Mitte, in dem die Geschäftsstelle des BVL untergebracht ist. Dabei sprühten die Täter den Satz „Eure Propaganda stinkt zum Himmel“ an die denkmalgeschützte Fassade und kippten eimerweise braune Farbe in den Eingangsbereich. Der BVL erstattete Anzeige gegen Unbekannt. „Uuuuuups ... da hat der Berliner Sitz des BVL wohl einen neuen Anstrich bekommen“, feierte das Bündnis „What the fuck“ den Anschlag wenig später auf seiner Facebook-Seite.

Soziales Engagement der Organisatoren des „Marsch für das Leben“

Die Lebensrechtler lassen sich von all dem bisher weder einschüchtern noch sonderlich beeindrucken. Viele von ihnen haben ohnehin Wichtigeres zu tun. Denn anders als die Gegendemonstranten sorgen sich viele von ihnen den Rest des Jahres über ganz praktisch um Frauen. So begleiten einige der unter dem Dach des BVL zusammengeschlossenen Vereine Schwangere in Not nicht selten bei Behördengängen, kümmern sich bei Migrantinnen um die Verlängerung von Visa oder den Abschluss einer Krankenversicherung, helfen bei der Job-, und Wohnungssuche, vermitteln Babysitter oder spendieren, wenn nötig, auch eine Baby-Erstausstattung. Manche gewähren gar zinslose Darlehen oder finanzieren über eigens aufgelegte Patenschaftsprogramme Unterhaltszuschüsse.

All das wird laut beschwiegen, wenn die Medien wieder einmal kritisch über die „selbsternannten Lebensschützer“ berichten. Dagegen kann man die unkritischen, an Heiligenverehrung grenzenden Medienberichten über die Gießener Ärztin Kristina Hänel, die wegen des Verstoßes gegen das Werbeverbot für Abtreibungen im November des vergangenen Jahres zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt wurde, gar nicht mehr zählen. Als läge der Schutz des Lebens ungeborener Kinder und die Hilfe für Schwangere in Not nicht wenigstens genauso im öffentlichen Interesse.

Video: Wie verlief der „Marsch für das Leben“ am 19. September 2020 in Berlin?

Wann findet der nächste Marsch für das Leben in Berlin statt?

Der nächste „Marsch für das Leben“ findet laut dem Bundesverband Lebensrecht am 18. September 2021 statt und startet um 13:00 Uhr mit einer Kundgebung.

Außerdem kann die Veranstaltung auch per Live-Stream mitverfolgt werden. Weitere Informationen dazu auf: https://www.bundesverband-lebensrecht.de/marsch-fuer-das-leben/

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