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Lernt die CDU wieder denken?

Annegret Kramp-Karrenbauer ist die neue Chefin der Adenauer-Stiftung. An der Spitze des Thinktanks könnte sie der Union strategische Impulse geben, wofür das „C“ stehen kann.
Politikredakteur Sebastian Sasse, Bundeskanzler Friedrich Merz
Foto: DT / IMAGO / IPON | Selbst eher kein großer Stratege: Gescheitert sogar mit seiner KAS-Spitzenpersonalie, läuft vieles in der politischen Arbeit des Kanzlers unrund.

Die Konrad-Adenauer-Stiftung ist nicht irgendeine Institution im CDU-Kosmos, sie ist der Ort, wo bei den Christdemokraten gedacht wird. Denken ist natürlich nie schlecht, auch in der Politik nicht. Die CDU aber, von Freund wie Feind seit Adenauers Zeiten als Kanzlerpartei tituliert, war programmatisch nie besonders ambitioniert. Auf den Kanzler kommt es an – und wenn wir den stellen, dann ist alles gut. Doch mit intellektueller Trägheit kommt man heute nicht mehr weiter. Die CDU wird von zwei Seiten in die Zange genommen: einmal von rechts von der AfD, bei der von dem dominanten Flügel die Parole ausgegeben wird, die Union müsse zerstört werden, während andere der CDU für vermeintliche Kooperationen schöne Augen machen. Das Ziel ist klar: Verwirrung.

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Und dann gibt es den Zangengriff von links: Die CDU als Stammpartei der „alten, weißen Männer“, der es an Empathie für Flüchtlinge, Klimaschutz und Diversität fehle, wird als latent faschistoid und bürgerlicher Handlanger bei der drohenden „Machtergreifung“ der AfD verunglimpft. Die viel beschworene Mitte, in der die CDU als Volkspartei ihr Wählerreservoir verortet, wird von diesen extremen Seiten medial durchgewalkt, via sozialen Netzwerken oder ÖRR. Nur von der Union selbst kommen keine orientierenden Gedanken, die durchdringen oder gar erkennen ließen, dass die Partei zumindest versuchen würde, die Deutungshoheit über die öffentliche Meinung zu besetzen.

Um von einer Tag-zu-Tag-Taktik, die im Falle des Bundestagsfraktionsvorsitzenden Jens Spahn auch noch handwerklich schlecht umgesetzt wird, zu einer langfristigen Strategie zu gelangen, müssten die Christdemokraten eben anfangen zu denken. Und deswegen ist die Entscheidung über den Vorsitz der Konrad-Adenauer-Stiftung Ende vergangener Woche auch nicht irgendeine Personalie. Gewonnen hat Annegret Kramp-Karrenbauer, ehemalige Ministerin im Kabinett Merkel, vor allem aber auch einstmals siegreiche Gegenkandidatin von Friedrich Merz im Kampf um den CDU-Vorsitz. Sie siegte über den CDU-Bundestagsabgeordneten und wichtigen Strippenzieher in der Fraktion, Günter Krings, den Kanzler Merz ins Rennen geschickt hatte.

Weder links noch rechts

Nun wird diese Kampfabstimmung von vielen Politikbeobachtern als Fortsetzung des Konfliktes zwischen Merkelianern und Merz-Anhängern gedeutet. AKK, so wie die Siegerin seit ihren Tagen als saarländische Ministerin als Politik-Marke abgekürzt wird, wird hier automatisch dem Merkel-Lager zugeordnet. Gewiss, von Menschen, die tendenziell eher zu der Alt-Kanzlerin tendieren, wurde sie jetzt gewählt. Aber trotzdem wäre es zu einfach, Kramp-Karrenbauer dieses Etikett aufzukleben. Als CDU-Vorsitzende und angebliche Wunschnachfolgerin von Merkel ließ die Bundeskanzlerin sie ziemlich auflaufen. In der Migrationspolitik setzte sie deutlich andere Akzente. Und auch gesellschaftspolitisch tickt die Katholikin sozialkonservativ: Sie trat deutlich für die zwei biologischen Geschlechter ein und wurde deswegen von der woken Bionade-Bourgeoisie als tumbe Provinz-Nudel verlacht. Aus dem ZdK trat sie öffentlichkeitswirksam aus, als dort aus ihrer Sicht zu einseitig die Migrationspolitik ihrer Partei kritisiert wurde. AKK gleich Merkel, das ist zu einfach. Sie ist aber auch eine Gegenfigur zu Merz. Der hatte einfach die Mitgliederversammlung vor vollendete Tatsachen setzen und Günter Krings, dem er noch einen Posten schuldig war, durchdrücken wollen. Respekt für die wichtige Aufgabe, die der KAS aktuell zukommt – denken eben – sieht anders aus.

Kramp-Karrenbauer ist weder links noch rechts. Die Saarländerin bemüht sich vielmehr darum, eine genuin christdemokratische Position zu vertreten. Das geht eben nicht in dem Rechts-links-Schema vollends auf. Das haben viele der sogenannten Konservativen, die vielfach nur Marktliberale mit Law-and-Order-Sympathien sind, nicht verstanden. Es könnte spannend werden, sollte AKK versuchen, dieses spezifisch Christdemokratische genauer herauszuarbeiten. Klar ist, dass das „C“ dann in den Mittelpunkt gestellt werden muss. Zuzutrauen ist es ihr.

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