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Kirchenkritik am EU-Migrations- und Asylpaket

Die Politik will irreguläre Migration nach Europa begrenzen und lobt den neuen EU-Kompromiss. Von kirchlicher Seite jedoch kommen warnende Stimmen.
Migranten werden vor der tunesischen Küste abgefangen
Foto: IMAGO/Hasan Mrad (www.imago-images.de) | Die kirchlichen Beauftragten für Flüchtlingsfragen in Deutschland reagierten skeptisch auf die Einigung von EU-Parlament und spanischer EU-Ratspräsidentschaft.

Nach jahrelangen Debatten haben sich das Europäische Parlament und die noch bis Jahresende amtierende spanische EU-Ratspräsidentschaft auf ein neues Migrations- und Asylpaket für die EU geeinigt. Die EU-Kommission sieht darin einen Durchbruch auf dem Weg zu einem gemeinsamen System für das Migrationsmanagement der Europäischen Union. Künftig können Asylsuchende bis zu zwölf Wochen unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern untergebracht werden. Personen mit einer Asyl-Anerkennungsquote unter 20 Prozent müssen verpflichtend in ein solches Grenzverfahren.

Auf Krisensituationen besser vorbereitet sein

Mit einer „Screening-Verordnung“ werden nun einheitliche Vorschriften für die Identifizierung von Drittstaatsangehörigen nach ihrer Ankunft im Schengen-Raum geschaffen, wodurch die Sicherheit im Schengen-Raum erhöht werden soll. Die „Eurodac-Verordnung“ sieht die Entwicklung einer gemeinsamen Datenbank vor, die die Erhebung genauerer und vollständigerer Daten ermöglicht, um unerlaubte Migrationsbewegungen aufzudecken. Eine neue „Asylverfahrensverordnung“ soll für schnellere und wirksamere Asyl-, Rückkehr- und Grenzverfahren sorgen.

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Zusätzlich wird eine „Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement“ als neuer Solidaritätsmechanismus zwischen den Mitgliedstaaten geschaffen, um das derzeitige System, bei dem einige wenige Länder für die überwiegende Mehrheit der Asylanträge zuständig sind, auszubalancieren. EU-Staaten, die keine Migranten aufnehmen wollen, können dazu nicht gezwungen werden, müssen dann aber andere Unterstützung leisten, insbesondere Geldzahlungen. Zudem werden eindeutige Regelungen über die Zuständigkeit für Asylanträge festgelegt. Eine neue „Verordnung zur Bewältigung von Krisensituationen und Fällen höherer Gewalt“ soll künftig sicherstellen, dass die EU auf Krisensituationen, einschließlich der politischen Instrumentalisierung von Migranten, besser vorbereitet ist. 

Gerecht und pragmatisch oder verantwortungslos?

Gemeinsam bilden diese Verordnungen die Säulen des neuen Migrations- und Asylpakets, das die EU-Kommission bereits 2020 angeregt hatte, um Lösungen für das Migrationsmanagement zu finden. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte am Mittwoch die Einigung und sprach von einer „gerechten und pragmatischen Vorgehensweise für ein gemeinsames Migrationsmanagement“. Auch CDU-Chef Friedrich Merz sprach von einem vernünftigen Kompromiss. Zufrieden zeigte sich ebenso Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD): „Damit begrenzen wir die irreguläre Migration und entlasten die Staaten, die besonders stark betroffen sind, auch Deutschland.“

Die kirchlichen Beauftragten für Flüchtlingsfragen in Deutschland, der katholische Erzbischof Stefan Heße und der evangelische Bischof Christian Stäblein, reagierten dagegen skeptisch: „Das Vorhaben, unschuldige Menschen – auch Familien mit kleinen Kindern – in haftähnlichen Lagern an den EU-Außengrenzen zu internieren, ist verantwortungslos.“ Statt auf Abschreckung und Abschiebung zu setzen, solle in der EU ein gemeinsamer Raum des Schutzes und der Solidarität geschaffen werden.

Kritik kommt auch von der Generalsekretärin von „Caritas Europa“, Maria Nyman: „In den angespannten Grenzländern wird es wahrscheinlich zu ausgedehnten Inhaftierungen und schlechten Aufnahmestandards kommen, auch für Kinder und Menschen mit besonderen Bedürfnissen.“ Stattdessen brauche es „eine echte Solidarität innerhalb der EU, mit einer gerechteren Verteilung der Asylbewerber, Umsiedlung und einem gewissen Spielraum für die Freizügigkeit von Asylbewerbern und Flüchtlingen“, forderte Nyman.  DT

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