Vor Abschiebungen von christlichen Konvertiten in die Islamische Republik Iran warnt die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der IGFM, kritisiert gegenüber dieser Zeitung: „Die Bewertungen und Beschlüsse des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge und von Verwaltungsgerichten ignorieren die Verfolgung der Andersgläubige und Andersdenkende in der Islamischen Republik Iran ständig ausgesetzt sind.
Konvertiten in höchster Gefahr
Christliche Konvertiten, die ihren Glauben öffentlich bekennen und sich zum Gebet versammeln sind in höchster Gefahr. Die Opfer sind staatlicher Verfolgung und den Übergriffen von Fanatikern ausgesetzt. Der Iran ist ein totalitärer Unrechtsstaat, der sich sogenannte Revolutionsgerichte und eine Religionspolizei geschaffen hat, die vorverurteilen, Glaubenswechsel kriminalisieren und Gesinnungsjustiz im Sinne des herrschenden Mullah-Regimes praktizieren. Niemand, der es geschafft hat dem Unrechtsregime zu entgehen, darf unter Zwang in den Iran zurückgebracht werden.“
Die Menschenrechtsorganisation stellte daher jüngst in einer Online-Pressekonferenz mehrere abschiebungsbedrohte christliche Konvertiten vor, die seit Jahren in Deutschland leben. Gesprächspartner war auch Gottfried Martens, Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Dreieinigkeits-Gemeinde Berlin-Steglitz, Experte für iranische Konvertiten. Martens nahm den Angaben zufolge in den vergangenen zehn Jahren an Hunderten Gerichtsverhandlungen in Verwaltungsgerichten in ganz Deutschland teil. „Am bedrückendsten ist es zu erleben, dass die Frage, ob der betreffende Asylsuchende in der Gerichtsverhandlung überhaupt eine Chance darauf hat, dass seiner Klage stattgegeben wird, ein völliges Glücksspiel ist.“
Einstellung der Richter als entscheidender Faktor
In sehr vielen Fällen sei der entscheidende Faktor nicht die Ernsthaftigkeit der Konversion des Betroffenen, sondern die jeweilige Einstellung des Richters gegenüber Asylsuchenden gewesen. Wichtig ist es Martens zufolge, dass den Kirchen die Kompetenz zugebilligt werde, über die Ernsthaftigkeit einer Konversion urteilen zu können.
Zur asylrechtlichen Situation von christlichen Konvertiten in Deutschland hat kürzlich auch das Hilfswerk Open Doors einen Bericht veröffentlicht. Darin heißt es: „Die Behörden in Deutschland verdächtigen viele Konvertiten, ihren Wechsel zum christlichen Glauben nur vorzutäuschen. Dasselbe Misstrauen wird Pastorinnen und Pastoren entgegengebracht, die den Geflüchteten ihren Glauben bescheinigen. Behördenmitarbeiter ignorieren also in vielen Fällen bewusst die von Sachverständigen in Glaubensfragen vorgelegten Dokumente und stellen ihre von persönlichen Ansichten geleitete Einschätzung darüber.“
Laut dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge werde in den Anhörungen geprüft, ob der Glaubenswechsel „identitätsprägend“ sei, „quasi ein behördliches Glaubens-Echtheitszertifikat.“ Es solle eingeschätzt werden, ob die Konvertiten im Fall ihrer Abschiebung in ihren Heimatländern wegen ihres Glaubens verfolgt würden. „Obwohl den Behörden bekannt ist, dass Christen etwa in Iran oder Pakistan extrem verfolgt werden, erteilen sie dennoch selten Schutz“, heißt in dem Bericht. DT/chp
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