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Konvertiten in Gefahr?

Eine Erhebung des Hilfswerks „Open Doors“ zeigt, dass Konvertiten trotz eines Taufscheins oftmals kein Asyl gewährt bekommen. Der Jesuiten-Flüchtlingsdienst sieht der Verfolgung aufgrund des Glaubenswechsels zu wenig Rechnung getragen.
Konvertiten wird oft kein Asyl gewährt
Foto: Julian Stratenschulte (dpa) | Areligiöse Beamte in den Befragungen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF)neigten dazu, Glaubensexamen durchzuführen, meint der Jesuiten-Flüchtlingsdienst.

Der stellvertretende Direktor und Referent für Politik und Recht beim Jesuiten-Flüchtlingsdienst, Stefan Keßler, beklagt, dass in Asylverfahren zu wenig Rücksicht auf Verfolgung wegen Apostasie genommen werde. Zudem neigten areligiöse Beamte in den Befragungen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) dazu, Glaubensexamen durchzuführen. 

Selbst für regelmäßige Kirchenbesucher schwer zu beantworten

„Es geht in erster Linie um die Frage: ‚Warum bist du Christ geworden?‘ Aber man stellt kaum in Rechnung, dass Konvertiten verfolgt werden, nur weil sie sich vom Islam abgewandt haben, auch wenn sie den Glauben gar nicht aktiv praktizieren“, kritisiert Keßler das Verfahren bei der Beurteilung, ob einem ehemaligen Muslim, der Christ geworden ist, Asyl zusteht.  Verfolgung wegen Apostasie spiele nur in wenigen Entscheidungen tatsächlich eine Rolle.

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Wie die persönliche Anhörung beim BAMF – der wichtigste Termin im Asylverfahren – ablaufe, hänge letztlich auch von der religiösen Musikalität des einzelnen Entscheiders ab. „Bei Personen, die nichts mit Religion zu tun haben, gibt es die Neigung, ein Glaubensexamen zu verlangen. Das heißt, die Asylantragssteller werden beispielsweise zu Einzelheiten in der Bibel gefragt, die vielleicht nicht einmal der durchschnittliche deutsche Kirchenchrist beantworten könnte“, beobachtet Keßler.

Taufschein habe für Benachteiligung gesorgt

Das christliche Hilfswerk „Open Doors“ beklagt außerdem, dass die Vorlage eines Taufscheins beim Asylverfahren nicht zum Schutz des Konvertiten, sondern eher zu seiner Gefährdung beitrage: „Die Vorlage von Taufurkunden sowie kirchlichen Bescheinigungen über das aktive Glaubensleben von Konvertiten wirkten sich beim BAMF negativ aus“, heißt es in dem Bericht.

„Open Doors“ hatte vor wenigen Wochen eine Studie veröffentlicht, die ergibt, dass zwischen Juni 2017 und Mai 2020 trotz ausgestellter Glaubensbescheinigung insgesamt 3.445 Konvertiten in Deutschland kein Asyl gewährt wurde. 99 Konvertierte seien auch abgeschoben worden.  DT/ vwe

Ob Open Doors eine systematische Benachteiligung von Christen beobachtet und inwiefern das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Asylgesetz zuwider handelt, lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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