Kelkheim

Die enttäuschten Hoffnungen der Konvertiten

Die Behörden misstrauen Konvertiten unter den Flüchtlingen, beklagt Ado Greve vom Hilfswerk "Open Doors". Viele, so heißt es, würden angeblich ihren Glaubenswechsel nur vortäuschen.
Abschiebeflug
Foto: Philipp von Ditfurth (dpa) | Ein Flugzeug mit abgeschobenen Menschen hebt vom Baden Airpark ab.

Das Hilfswerk für verfolgte Christen Open Doors hat am 20. September einen Bericht zur asylrechtlichen Situation von 5.207 christlichen Konvertiten in Deutschland veröffentlicht. Tausenden von ihnen wird der Asylschutz verweigert. Vielen droht die Abschiebung in Länder, in denen die Abkehr vom Islam als todeswürdiges Verbrechen gilt. In der repräsentativen Erhebung „Missachtung der Menschenwürde von Flüchtlingen in Deutschland“ wurden Daten und Hinweise aus 133 Kirchengemeinden erfasst und ausgewertet.

Konversion kann mit dem Tod bestraft werden

Die größte Gruppe der Konvertiten kommt aus dem Iran, wo die Bedrohung durch Verfolgung weiter zunimmt. Einige ließen sich im Iran taufen, andere in Deutschland, zumeist nach einem Taufkurs. Dies sind die wesentlichen Merkmale eines Christen: das Bekenntnis zu Christus, die Taufe sowie Teil der christlichen Gemeinde zu sein. Im Iran steht all dies für Konvertiten unter Strafe, kann im schlimmsten Fall sogar den Tod bedeuten.

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Zur Vorlage bei den Behörden stellen Kirchengemeinden für Konvertiten Bescheinigungen über deren Glaubensleben aus. Open Doors hat untersucht, inwieweit diese Bescheinigungen berücksichtigt wurden. Die Kirchengemeinden berichteten, dass im Zeitraum 2017 bis Mai 2021 von den von ihnen betreuten 5.207 Konvertiten trotz vorgelegter Bescheinigung 2.045 durch das Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge abgelehnt wurden sowie 1.400 durch Verwaltungsgerichte; 99 wurden abgeschoben. Viele Konvertiten würden angeblich ihren Glaubenswechsel nur vortäuschen.

Dasselbe Misstrauen wird Pastorinnen und Pastoren entgegengebracht, die den Geflüchteten ihren Glauben bescheinigen. Zur Menschenwürde gehört die Freiheit, den Glauben frei zu wählen und zu leben. Das hatten sich viele der Konvertierten erhofft. Früher hatten sie Furcht vor den Behörden im Iran. Heute fürchten viele die Behörden in Deutschland. Weil man ihnen nicht glaubt


Der Autor ist Pressereferent des Hilfswerke für verfolgte Christen Open Doors Deutschland

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