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Gezielt gegen Christen

Pakistans Blasphemie-Gesetze unterdrücken die Meinungsfreiheit, schreibt Christian Elser, Referent der christlichen Menschenrechtsorganisation CSI-Deutschland, in einem Gastbeitrag.
Anwar Kenneth aus Gefängnis entlassen
| Anwar Kenneth, ein 72-jähriger pakistanischer Katholik, wurde am 21. Oktober aus dem Zentralgefängnis in Faisalabad entlassen.

24 lange Jahre dauerte der Kreuzweg von Anwar Kenneth, einem 72-jährigen pakistanischen Katholiken, der am 21. Oktober aus dem Zentralgefängnis in Faisalabad entlassen wurde. Fast ein Vierteljahrhundert verbrachte er in der Todeszelle, verurteilt wegen „Blasphemie“. Sein Vergehen? Er hatte seine christlichen Überzeugungen in einem Brief an einen muslimischen Gelehrten dargelegt.

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Dieses arglose Glaubenszeugnis wurde als Verunglimpfung des Propheten Mohammed angesehen – ein Kapitalverbrechen nach Pakistans strengen Blasphemie-Gesetzen. Kenneth wurde am 18. Juli 2002 zum Tod verurteilt, doch die Vollstreckung blieb aus. Seine Freilassung hat ein von Christian Solidarity International (CSI) unterstütztes Verteidigerteam erwirkt, das sich mutig dem Druck muslimischer Gruppen widersetzte.

Mehr als ein tragischer Einzelfall

Der Fall Anwar Kenneth ist mehr als ein tragischer Einzelfall. Er ist ein schmerzhaftes Fanal, das die Abgründe der pakistanischen Blasphemie-Gesetzgebung offenbart. Diese kriminalisiert nicht nur vermeintlich islamkritische Äußerungen, sondern unterdrückt die Meinungsfreiheit von Christen, Angehörigen anderer religiöser Minderheiten und selbst Muslimen. Die Zahl der Anzeigen wegen Blasphemie und entsprechende Anklagen steigen sprunghaft an, befeuert durch aktuelle „Online-Blasphemie“-Vorwürfe, die sich gezielt gegen junge Christen richten. Die Beschuldigten sind oft sozial schwach und können sich keinen Anwalt leisten.

Dabei arbeiten radikal-islamische Gruppen und korrupte Beamte Hand in Hand. Eine einfache Anzeige reicht häufig schon für eine Verhaftung. Richter fürchten die Macht radikalisierter Mobs und scheuen sich, wegen Blasphemie Angeklagte freizusprechen. Und die wenigen Freigesprochenen werden nach der Haftentlassung nicht selten ermordet oder schwer misshandelt. Anwar Kenneths Freispruch ist ein juristischer Erfolg, ändert aber nichts an der anhaltenden Gefahr eines Übergriffs auf ihn.

Trotz allem sendet der Fall einen Funken Hoffnung an die Christen und die vielen Gefangenen in Pakistan. Er beweist, dass entschlossenes Engagement gegen das Unrecht nicht umsonst ist. Deshalb unterstützt CSI Menschen wie die mutigen Anwälte von Anwar Kenneth.


Der Autor ist Referent der christlichen Menschenrechtsorganisation CSI-Deutschland.

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