Wenige Wochen vor der Sitzung des Synodalen Ausschusses entzaubert das Trierer Gutachten einige Mythen und Protagonisten des Synodalen Wegs in Deutschland. In Trier steht Aussage gegen Aussage: Missbrauchsbetroffene klagen, Kardinal Marx habe sie während seiner Amtszeit in Trier offen belogen und fühlen sich auch jetzt getäuscht. Weder der heutige Münchner Oberhirte noch der von der federführenden Historikerin als „blasse Figur“ beschriebene vormalige Generalvikar Georg Bätzing, heute DBK-Vorsitzender, erscheinen im Gutachten als Gesichter einer menschenzugewandten Kirche, geschweige denn als katholische Avantgarde. Das synodale Rollenspiel hilft niemandem weiter.
Das Trierer Gutachten setzt unausgesprochene Fragezeichen hinter Prämissen und Lieblingsmythen des Synodalen Wegs, ein Beispiel: Könnten mehr Frauen in kirchlichen Leitungspositionen Missbrauch verhindern? Dafür scheint es aus wissenschaftlicher Sicht keine Beweise zu geben. Der Fall der Generaloberin der Waldbreitbacher Franziskanerinnen, die ihre mütterliche Fürsorge auf Täter und Beschuldigte konzentrierte, zeigt, dass Frauen in Leitungspositionen kein Selbstläufer sind.
Letztlich erscheint auch die Kritik, die in Synodalversammlungen am Kölner Erzbischof und der Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum unkritisch ausgesprochen wurde, im Rückblick maßlos überzogen. Denn just das von Woelki in Auftrag gegebene Gutachten der Kanzlei Gercke wird von den Trierer Wissenschaftlern zustimmend zitiert. Wenn Historiker über ihre eigene Zunft hinausschauen und – wie in Trier – Bewertungskategorien eines juristischen Gutachtens übernehmen, sind offensichtlich Standards geschaffen worden, die interdisziplinär hilfreich sind. Dass Missbrauchsaufarbeitung lange und mühsame Lernprozesse mit sich bringt, sollte allen Bistumsleitungen zugestanden werden.
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