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Lebensrechtler kritisieren Koalitionsvertrag: „Auf dem Weg in den Unrechtsstaat“

Einen „brutalen Angriff“ auf das Lebensrecht und einen "bitteren Vorgeschmack" auf die kommenden Jahre sehen Lebensschutz-Verbände im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien. Die dort skizzierten Strategien würden Deutsche nur aus Diktaturen kennen.
Abtreibung und Reproduktionsmedizin im Koalitionsvertrag
Foto: Kay Nietfeld (dpa) | Man werde den Weg der Ampelkoalition mit der gebotenen Aufmerksamkeit kritisch begleiten und rechtlich überprüfen lassen, so die ALfA-Vorsitzende Kaminski.

Mehrere Lebensrechtsverbände üben deutliche Kritik an den im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien geplanten Maßnahmen auf den Gebieten Abtreibung und Reproduktionsmedizin. Die „Aktion Lebensrecht für alle“ (ALfA) konstatiert, Deutschland befinde sich „auf dem Weg in einen Unrechtsstaat“. In einer Erklärung, die der Lebensrechtsverband am Donnerstag veröffentlichte, heißt es wörtlich: „Traurig, aber wahr. Anders lässt sich das für Lebensrechtler zentrale Kapitel ,Reproduktive Selbstbestimmung‘ (S. 115f) in dem gestern von den Ampelparteien vorgelegten Koalitionsvertrag bedauerlicherweise nicht zusammenfassen.“

Schutzanstrich zum Anschein von Legalität

Die Pläne der Ampel-Parteien, das Werbeverbot für Abtreibungen (§ 219a) aus dem Strafgesetzbuch zu streichen, etikettiere vorgeburtliche Kindstötungen zu einem normalen Mittel der Geburtenregelung um und versehe sie mit einem Schutzanstrich, der den Anschein der Legalität erwecken solle, so die ALfA-Vorsitzende Cornelia Kaminski. Sie betont: „Ein Akt, für den ge- und der beworben werden darf, kann unmöglich zugleich noch länger ein rechtswidriger sein.“ Das Vorhaben stelle einen „brutalen Angriff“ auf das in Artikel 2 Absatz 2 verbürgte „Recht auf Leben“ dar.

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Zudem kritisiert die ALfA das geplante gesetzliche Verbot von Demonstrationen vor Abtreibungseinrichtungen. Damit solle Lebensrechtlern „nun auch noch die Möglichkeit genommen werden, auf das Unrecht der Tötung unschuldiger und wehrloser Menschen an den Stätten dieses inhumanen Geschehens selbst hinzuweisen“. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: „Sogenannten Gehsteigbelästigungen von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern wollen wir wirksame gesetzliche Maßnahmen entgegensetzen.“

Ist der Ampel-Koalition der Unrechtscharakter bewusst?

Gleichzeitig wirft die ALfA den Koalitionären vor, dass ihnen der Unrechtscharakter ihrer Vorhaben durchaus bewusst sei. „Wären vorgeburtliche Kindstötungen rechtlich legitim und ethisch über jeden Zweifel erhaben, dann stellten friedliche, angemeldete Demonstration und abweichende Meinungsäußerungen für niemanden ein Problem dar, schon gar keines, dass die Beschneidung weiterer Grundrechte wie das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit erforderlich machte.“ Strategien, wie sie die Ampelparteien im Koalitionsvertrag verfolgten, würden Deutsche bisher nur aus Diktaturen kennen.

„Überaus bedauerlich“ sei es, dass die Ampelkoalitionäre offensichtlich der Auffassung seien, „ein derart massiver Dehumanisierungsschub lasse sich allen Ernstes noch unter der Überschrift ,Mehr Fortschritt wagen‘ subsumieren“. Man werde den Weg der Ampelkoalition mit der gebotenen Aufmerksamkeit kritisch begleiten und rechtlich überprüfen lassen.

CdL: "Bitterer Vorgeschmack" auf die kommenden Jahre

Ähnlich sehen die „Christdemokraten für das Leben“ (CdL) den Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien. Die Vereinbarung würde einen „bitteren Vorgeschmack“ auf das geben, was in Bezug auf den Lebensschutz in Deutschland in den kommenden Jahren zu erwarten sei, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme der Bundesvorsitzenden Susanne Wenzel. Die im Kapitel „Reproduktive Selbstbestimmung“ festgehaltenen Vorhaben würden „in nahezu allen Punkten“ das „Recht des Stärkeren“ über das „Recht des Schwächeren“ stellen.

Die CdL spricht von einer „Kultur des Todes“, die SPD, Grüne und FDP offenbarten. Zudem seien die Vorhaben „einfallslos und nicht entwicklungsfähig“. Wenzel wörtlich: „Die künftige Regierung unter Olaf Scholz sollte z. B. statt das Werbeverbot für Abtreibungen zu streichen, ein Konzept vorlegen, wie die hohen Abtreibungszahlen endlich spürbar gesenkt werden können.“ Da dies jedoch Mühe mache und Geld koste, werde die Tötung von Kindern im Mutterleib zur „normalen“ Gesundheitsversorgung auf Versichertenkosten umdefiniert.

Kritik an Plänen zur Leihmutterschaft

Auch die Pläne zur Legalisierung der Leihmutterschaft kritisiert die CdL. Es sei „befremdlich“, dass die Koalition die „Ausbeutung und Benutzung des Körpers von Frauen als Gebärmaschinen“ einführen wolle. Leihmutterschaft habe mit „reproduktiver Selbstbestimmung“ nichts gemein. „Völlig unabhängig von den Motiven ist Leihmutterschaft immer und ausnahmslos eine Ausbeutung der Frau und der reproduktiven Funktionen ihres Körpers.“ Frauen und Kinder seien keine Vertragsobjekte und könnten daher nicht gespendet, verschenkt oder verkauft werden.  DT/mlu

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Lesen Sie eine ausführliche Analyse des Koalitionsvertrags der Ampel-Parteien in der kommenden Ausgabe der Tagespost.

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